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Hendrik Lange zu TOP 1: Regierungserklärung der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Prof. Dr. Claudia Dalbert zum Thema "Die Schöpfung bewahren: Ökologische Verantwortung zum Wohle der Menschen in unserem Land"

Frau Dalbert, ich wusste gar nicht, dass Sie Kreationistin sind. So oft wie Sie heute von der Schöpfung gesprochen haben – das muss wohl am Reformationsjubiläum liegen! Ich würde das ja noch verstehen, wenn das ihren christlichen Koalitionspartner überzeugen würde. Aber daran muss man weiter zweifeln – ich komme noch darauf zu sprechen.

Ich selbst bleibe mal bei meiner Naturwissenschaftlichen Weltanschauung (einschließlich Evolutionstheorie) und weiß mich dabei mit einer Mehrheit im Lande verbunden. Und hier liegt der Kern dessen, warum ich diesen Einstieg gewählt habe. Man muss überzeugen, wenn der Schutz der Natur und der Umwelt vorangebracht werden soll. Denn es ist eine moralische Pflicht und Verantwortung, die Natur zu schützen und zu bewahren – und zwar nicht nur, wenn man an einen Gott und dessen Schöpfung glaubt, sondern für jeden Einzelnen.

Und ja, den einen oder die andere überzeugt eher das Argument, die eigenen Lebensgrundlagen zu erhalten – aber es geht in der Betrachtung meiner Fraktion auch um das intrinsische Interesse des Naturschutzes, Biodiversität zu erhalten und zwar als Selbstzweck.

Die Regierungserklärung war eine Aneinanderreihung dessen, was im Land schon läuft. Und natürlich sind da erfreuliche Projekte dabei. Von der Deichrückverlegung über die Splitterflächen bis hin zu den Streuobstwiesen und Artenschutzprojekten wie zur Großtrappe und dem Rotmilan. Gleichwohl empfand ich die Erklärung als wenig visionär und für eine grüne Umweltministerin auch etwas schaumgebremst.

Und da komme ich zum Problem der Regierung – selbst wenn Frau Dalbert mehr für Umwelt- und Naturschutz tun möchte – Die CDU wird es so weit wie möglich verhindern. Ich denke da nur an die Eruptionen, die der Wolf ausgelöst hat. Jetzt zur Umsetzung von Natura2000 macht die CDU lokal auch schon Stimmung. Und wenn ich an die Attacken gegen das Umweltsofortprogramm denke… wirklich ambitionierte Umweltpolitik werden Sie nicht machen dürfen – Frau Ministerin.

Dabei wiederhole ich nochmal mein Lob für ihre Dialogbereitschaft vor Ort. Sie haben das Selketal angesprochen und die unterschiedlichen Zielkonflikte. Und ja – nach dem Dialog muss dann aber auch entschieden werden und nicht ein Gutachten nach dem anderen beauftragt, weil Ergebnisse nicht passen (Diese Anmerkung bezog sich jetzt zwar auch auf den Harz aber nicht aufs Selketal). Und die gleichen schwierigen Diskussionen stehen dem Land bei der Umsetzung von Natura 2000 ins Haus. Hier müssen viele verschiedene Interessenvertretungen überzeugt werden und die Regelungen müssen ein ausgewogenes Verhältnis von Nutzungsinteressen – aber eben auch dem Naturschutz, dem Natura 2000 vorrangig verpflichtet ist, herbeiführen.

Die Ministerin hat viele Programme und Aktivitäten aufgezählt, die derzeit laufen. Über die Zukunft solcher Programme hat sie uns allerdings im Unklaren gelassen. Gibt es denn einen Anschluss an das Umweltsofortprogramm? Oder wurden nur Projekte abgearbeitet, die vorher nicht realisiert werden konnten – und nach der Abschlusspublikation ist das Pulver verpufft?

Wenn es nach der LINKEN geht, braucht es unbedingt ein dauerhaftes Programm. Genannt wurden die Unterhaltungsverbände. Wir sind alle froh, dass sie die ökologischen Umbaumaßnahmen umsetzen. Allerdings gibt es die berechtigten Klagen, das sie oft personell im Stich gelassen werden, was zu Verzögerungen führt und im Ernstfall Fördermittelrückforderungen seitens der EU direkt auf die Verbände zurückfallen. Hier besteht Handlungsbedarf genau wie bei den Vereinen und Verbänden.

Und manchmal würde wie bei der Kowisa auch Entbürokratisierung ein ganzes Stück weiterhelfen. Und die Ministerin sprach zurecht die Notwendigkeit an, die Wälder so umzubauen, dass sie mit dem Klimawandel zurechtkommen und ihm auch entgegen wirken. Dafür brauchen wir aber auch die nötige Anzahl an Fachleuten im Landesdienst. Denn der Personalabbau der letzten Jahre hat den ganzen Bereich des Ministeriums ausgedünnt, was zu großen Problemen führt. 

Nicht zum ersten Mal habe ich in einer Rede der Ministerin die Erwähnung unserer exzellenten Forschungseinrichtungen vermisst. Mit dem Umweltforschungszentrum, dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung iDiv und unseren Hochschulen haben wir eine unglaublich hohe Fachkompetenz, die wir besser nutzen sollten. Und da meine ich nicht die ein oder andere Gesprächsrunde. Sondern Projekte, Monitoring und konkrete wissenschaftsbasierte Umsetzung vor Ort. Wenn Sie sich jetzt wundern, warum ich das so vehement vortrage, dann gucken Sie sich mal die lapidaren Antworten zur großen Anfrage Wasserrahmenrichtlinie meiner Fraktion an. Da können Sie sich schon mal auf die Debatte im Oktober freuen.

Apropos Frau Ministerin, ich verstehe ja, dass Sie kurz vor der Wahl grüne Erfolgsmeldungen im Land verkünden möchten. Das sei Ihnen ja auch gegönnt. Aber dass sie kaum auf das große Thema Nitratbelastung eingegangen sind… So viel Angst vor der Lobby werden sie doch nicht haben?! Denn Fakt ist, dass der Import von Gülle und Geflügelmist massiv gestiegen ist. Und die Überdüngung ist ein Problem für unser Grundwasser – da beißt die Maus keinen Faden ab! Deswegen brauchen wir eine Bodenbezogene Landwirtschaft. Das bedeutet auch, dass nur so viele Tiere gehalten werden können, wie für eine Kreislaufwirtschaft und den Boden verträgliche Menge Tierexkremente verbracht werden kann.

Mit dem nötigen Willen und der Einsicht in die Verantwortung gegenüber der Natur kann auch schon in der konventionellen Landwirtschaft einiges getan werden. Seien es die berühmten Blühstreifen – die aber klug angelegt sein müssen, um als Bienenweide zu funktionieren. Seien es Lerchenfenster, die nicht nur der Feldlerche helfen. Seien es Brachflächen mit Nisthilfen für Kriechtiere und Insekten, oder auch Absprachen mit den umliegenden Imkern. Oft bewirken kleinere Maßnahmen schon viel. Und natürlich können da auch Förderungen implementiert werden.

Aber der Typische Reflex einiger Bauern und ihrer Lobbyverbände – nur wenn mir das gefördert wird, setze ich das auch um – muss schon hinterfragt werden. Die Ministerin sollte daher darüber nachdenken, ob nicht bestimmte Ökomaßnahmen auch zur Voraussetzung von Förderung gemacht werden können. In Sachsen sind Lerchenfenster beispielsweise Voraussetzung für die Förderung von Ökoprojekten.

Und ja… einer muss auch mal tiefer in der Wunde bohren… wenn die gute fachliche Praxis und Einsicht in die Notwendigkeit nicht mehr helfen, dann brauchen wir auch Gesetze. Denn das Artensterben ist Realität. Und wir haben uns im Ausschuss mit dem Insektensterben auseinandergesetzt – übrigens Insektensterben Frau Dalbert… klar sind die Honigliefernden Bienenvölker wichtig – aber das größere Problem haben die Wildbienen und ihre wilden Verwandten.

Und ja, dass ein stummer Frühling droht ist traurige Realität. Auf die Singvögel ist die Ministerin ja schon eingegangen. Auch wenn die Landwirtschaft hier nicht Alleinverursacher ist, hat sie doch einen großen Anteil. 

Und jetzt höre ich schon die mahnenden Stimmen die vor zu viel Öko und teuren Verbraucherpreisen warnen. Und ich sage ihnen, dass wir als LINKE gerade eine soziale Verantwortung sehen und Lebensmittel bezahlbar sein müssen. Gleichwohl müssen die Preise auch den Wert eines Lebensmittels wiederspiegeln. Und ich gucke da auch auf die Monopole der Handelsketten die auch dafür sorgen, dass bei den Lebensmittelproduzenten zu wenig ankommt. Deswegen spricht sich DIE LINKE für einen sozialökologischen Umbau der Gesellschaft aus. Denn: Eine lebenswerte Welt zu bewahren, heißt für uns, eine Umwelt zu übergeben, die den nachfolgenden Generationen eine hohe Lebensqualität ermöglicht. Das muss eine lebensfähige und lebenswerte Gesellschaft mit einer Ökonomie sein, welche die Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen hilft, statt ihre Grundlagen weiterhin systematisch zu zerstören. Unter dem geht es nicht!

Dass die Grünen nun keinen Nachhaltigkeitsbeirat mehr unterstützen, habe ich ja in einer der letzten Sitzungen schon aufs Korn genommen. Gleichwohl ist es gut, dass die Biodiversitätsstrategie überarbeitet wird. Über die finanziellen Aspekte der Umsetzung hat die Ministerin ja schon gesprochen. Aber wir müssen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Naturschutz auch international denken. Nicht umsonst sind beim Schutz der Elbe alle Staaten im Boot.

Aber globale Nachhaltigkeit bedeutet auch über die eigenen Exportstrategien nachzudenken. Wenn mit unseren subventionierten Lebensmitteln lokale Märkte und damit Lebensgrundlagen zerstört werden, erleben wir die Folgen auch vor unserer Haustür. Wenn unsere Fischfangflotten die Lebensgrundlagen lokaler Fischer zerstören, erleben wir die Folgen vor unserer Haustür. Und wenn wir nicht bereit sind, für importierte Waren faire Preise zu bezahlen, sorgen wir für die Armut in der der Welt mit allen ihren Folgen.

Daher halten wir es für richtig, Fairtradeinitiativen im Land stärker zu unterstützen. Denn die ökologischen Herausforderungen sind das Megathema dieses Jahrhunderts. Die Menschen haben es in der Hand für eine intakte Natur zu sorgen. Und um beim Einstieg und der Schöpfung wieder anzukommen … es darf nicht darum gehen, sich die Welt zum Untertan zu machen. Vielmehr brauchen wir ein Umdenken, um im Einklang mit der Natur zu leben. Wir haben die Moralische Pflicht zum Schutz und wir müssen unsere Lebensgrundlagen für uns und nachfolgende Generationen erhalten. Packen wir diese riesige Aufgabe beherzt an!