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Christina Buchheim zu TOP 10: Aufwandsentschädigungen nicht als Hinzuverdienst anrechnen

Sehr geehrte Frau Präsidentin / geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,

unbestreitbar ist die Tatsache, dass ehrenamtliches Engagement ein wesentliches Merkmal unseres sozialen und demokratischen Gemeinwesens ist. Es findet seinen Ursprung in der Identifikation der Menschen mit ihrer Gemeinde, ihrer Stadt und ihrem Landkreis und fördert den sozialen Zusammenhalt. Viele Menschen leisten ehrenamtliche Arbeit für die Gesellschaft. Ohne sie würden unter anderem die Kommunalpolitik, der Sport, der Katastrophenschutz und die Feuerwehr nicht funktionieren.

Aufwandsentschädigungen sollen die Aufwendungen zur Erhaltung und Sicherung der ehrenamtlichen Tätigkeit decken.

Die Anrechnung von Aufwandsentschädigungen als Hinzuverdienst auf vorgezogene Altersrenten und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist derzeit durch Ausnahmeregelungen in § 302 Abs. 7 und § 313 Abs. 8 SGB VI bis zum 30. September 2017 ausgesetzt, soweit kein konkreter Verdienstausfall ersetzt wird.

Diese Übergangsregelungen gelten für kommunale Ehrenbeamte, für ehrenamtlich in kommunalen Vertretungskörperschaften Tätige und für Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenälteste oder Vertrauenspersonen der Sozialversicherungsträger.

Die Regelung geht zurück auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts und deren Umsetzung durch die Deutsche Rentenversicherung. Sie wurde vom Deutschen Bundestag verabschiedet, den der Bundesrat mit seiner Entschließung und Empfehlung vom 25. November 2016 erneut zum Adressaten seiner Forderungen gemacht hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Zuge einer geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt sind die Rentenversicherungsträger mit Wirkung zum 21.08.2010 dazu übergegangen, den steuerpflichtigen Teil der Aufwandsentschädigungen als zu berücksichtigenden Hinzuverdienst zu werten. Nach einer früheren Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger galten Aufwandsentschädigungen nur in der Höhe als Hinzuverdienst, in der sie einen konkreten Verdienstausfall ersetzten.

Die veränderte Rechtsauffassung der Rentenversiche-rungsträger ist bei vorgezogenen Altersrenten bzw. Er-werbsminderungsrenten bis heute nicht umgesetzt worden, weil der Gesetzgeber bis zum 30.09.2015 zunächst eine fünfjährige Übergangsregelung verabschiedet hat, um das Vertrauen des betroffenen Personenkreises in die früher geltende, günstigere Rechtsauslegung zu schützen. Im Rahmen der Verabschiedung des Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetzes wurde diese Übergangsregelung um weitere zwei Jahre bis zum 30.09.2017 verlängert.

Doch auch diese Übergangsregelung verschiebt das Problem, anstatt es einer dauerhaft tragfähigen Lösung zuzuführen. Dabei ist eine zeitlich unbegrenzte Regelung zum dauerhaften Schutz des Ehrenamtes dringend geboten. Zu diesem Ergebnis kommt nicht nur der Bundesrat. Mit Ablauf der Übergangsfrist wird es zu einer unzumutbaren Kürzung von vorzeitigen Alters- und Erwerbsminderungsrenten kommen.

Der Bundestag und die Bundesregierung sollten den Rest der laufende Wahlperiode auch dazu nutzen, eine dauerhaft tragfähige Lösung zu finden, die sicherstellt, dass das kommunale Ehrenamt nicht durch das Rentenrecht unattraktiv gemacht wird. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt sollte alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um diese wichtige Weichenstellung zu befördern.

Wir halten diese Forderungen für gerechtfertigt und erwarten von der Landesregierung, dass sie sich auf Bundesebene für eine dauerhafte Regelung einsetzt, nach der Aufwandsentschädigungen, die ehrenamtlich Tätige erhalten, nicht als Hinzuverdienst bei vorgezogenen Altersrenten und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen sind. Im Interesse der Gleichbehandlung soll diese Regelung für alle ehrenamtlich Tätigen gelten.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die zahlreichen Initiativen meiner Fraktion in den letzten Wahlperioden, in denen wir immer wieder anregt haben, dafür zu sorgen, dass die Menschen, die sich ehrenamtlich für die Allgemeinheit engagieren, zumindest keine finanziellen Nachteile haben. Dies gilt für steuerrechtliche Belange genauso wie für das Thema Sozialversicherungspflicht oder die Anrechnung auf die Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Der von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Alternativantrag (Drs. 7/1083) zielt in die gleiche Richtung wie der Antrag meiner Fraktion. Das begrüßen wir, weisen aber auch daraufhin, dass eine Einbringung nicht nötig gewesen wäre, hätten CDU, SPD und Grüne den Mut aufgebracht, einem Antrag der Fraktion DIE LINKE ihre Zustimmung nicht zu verweigern.

Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE unterstützt das von den derzeitigen Koalitionspartnern formulierte Ziel, die Rahmenbe-dingungen für das Ehrenamt so zu gestalten, (Zitat) „dass ehrenamtliche Arbeit mit möglichst geringen bürokratischen Vorgaben und Hürden machbar ist. Dazu gehört auch, dass Aufwandsentschädigungen angepasst werden.“ (Zitatende) Zugleich begrüßen wir, dass sie die Absicht haben, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, ehrenamtliche Tätigkeit von der Sozialversicherungspflicht zu befreien.

Nur zu, DIE LINKE nimmt sie beim Wort und fordert Sie auf, recht bald zu handeln ohne weitere Zeit zu verlieren. Ehrenamtliche Arbeit gilt es zum Wohle der Allgemeinheit zu fördern.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung ist aus unserer Sicht in der Pflicht jetzt aktiv zu werden und sollte unmittelbar die Initiative ergreifen. Nach derzeitiger Rechtslage käme es sonst spätestens nach der der Bundestagswahl zu teils erheblichen Verschlechterungen durch die Anrechnung von Aufwandsentschädigungen auf vorgezogene Altersrenten bzw. Erwerbsminderungsrenten.

Stimmen Sie unserem Antrag zu und setzen Sie sich für eine dauerhafte Nichtanrechnung von Aufwandsentschädigungen für alle ehrenamtlich Tätigen ein.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!