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Andreas Höppner zu TOP 04: Alarmierende Arbeitsbedingungen im Landesforstbetrieb und Landeszentrum Wald verbessern

Viele Menschen verbinden mit einem Förster bzw. mit dem Beruf des Försters ein gewisses romantisiertes Bild, wie es mal vor zwanzig oder dreißig Jahren war. Viele Beschäftigte in den Forstbetrieben und -verwaltungen erlernten und arbeiteten in ihrem Beruf mit viel Leidenschaft. Man hatte sozusagen auch zukunftsweisende Visionen in der Forstwirtschaft und dachte langfristig zum Wohle von Wald und Mensch. Ein Sprichwort beschreibt dies ziemlich gut: „Plant man für ein Jahr, sät man ein Korn. Plant man für ein Jahrtausend, pflanzt man einen Baum.“

Die Waldverantwortlichen und die Beschäftigten als diejenigen, die unermüdlich, zäh und passioniert den Wald im echten Sinne pflegen und hegen, sind aber mittlerweile in großer Sorge um die Beibehaltung der sehr langen Erfolgsgeschichte: der forstlichen Nachhaltigkeit. Dem volkswirtschaftlich wichtigen Cluster Forst und Holz wird aktuell in Sachsen-Anhalt schrittweise der Nährboden entzogen werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung im konkreten Handeln jedoch in der Wald- und Forstwirtschaft kein nachhaltiges Bild abgibt.

Das Land hat seit 2006 einen radikalen Personalabbau betrieben und über 40 % der Stellen gestrichen bzw. direkt und indirekt gerade im Landeszentrum Wald abgebaut.
Waren es 2006 noch 830 Beschäftigte, sind es zum 30.06.2016 nur noch 490 Beschäftigte im LZW, teilte die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage mit. Gleichzeitig stieg der Krankenstand von 4,90 % auf satte 9,18 %. Im Landesforstbetrieb sieht es ähnlich schlimm aus. 2006 lag der Krankenstand noch bei 3,28 % und bis 2016 stieg er auf 7,24 %.

Ein schlüssiges Personalentwicklungskonzept blieben alte und neue Landesregierungen bislang schuldig bzw. es ist keines erkennbar. So verstärkt sich der Eindruck, dass es primär insgesamt nur um Personaleinsparungen zu Lasten von Wald und Mensch geht. Nach schwarz-rot regiert also auch unter schwarz-rot-grün in der Personalpolitik weiter die Personal-Kettensäge. Scheinbar auch bedient von Verantwortlichen, denen man im Wald garantiert keine in die Hand gegeben hätte. Der Frust unter den Beschäftigten ist groß, viele haben das Haus verlassen oder suchen den Absprung. Ausgebrannt, keine Perspektive für ältere Beschäftigte, unattraktiv für den Nachwuchs: So ist die Situation in Wald und Forst. Die Motivation und Stimmung bei den Kollegen ist so schlecht wie nie. Die Beschäftigten fühlen sich mittlerweile als Spielball von Kürzungsmaßnahmen. Viele hoffen nur noch, dass sie es bei bester Gesundheit bis zur Rente schaffen.

Wir wollen, dass die Arbeit in diesem Bereich für junge Menschen wieder attraktiv wird, dass sie sich bei uns bewerben, dass sie zukunftsfähige, unbefristete Arbeitsplätze inklusive guten Arbeitsbedingungen vorfinden. Leider hätten aber eventuelle Neueinstellungen nur Ersatzfunktion und sind erst einmal keine Verbesserung der Standards.

Der Stellenabbau der letzten 10 Jahre und die Arbeitsbedingungen stoßen natürlich auch bei der Gewerkschaft IG BAU auf Kritik und Widerstand: Die Wirtschaftlichkeit der Forst soll auf Kosten der Mitarbeiter erreicht werden - vor allem aber zu Lasten der Waldarbeiter - wird hier berechtigterweise kritisiert. Einen weiteren Stellenabbau darf es somit nicht geben. Bereits heute müssten weniger Beschäftigte eine größere Waldfläche bewirtschaften. Zwar ist Sachsen-Anhalt, was die Fläche anbelangt, ein Land mit relativ wenig Wald. Allerdings sind die Reviere die größten der Bundesrepublik. Wenn die Reviere künftig noch größer werden, dann erfolgt z.B. nicht mehr nur Schädlingsbekämpfung aus der Luft, sondern wir müssen dann auch jeden Förster einen eigenen Helikopter zur Verfügung stellen, damit er die Flächen überhaupt noch bearbeiten kann. Was denken Sie denn, warum die Müllentsorgung im Wald und auch die Befahrung des Waldes immer mehr zunimmt? Weil die Förster auf diesen riesigen Flächen einfach nicht mehr präsent sein können. Wir können in Sachsen-Anhalt inzwischen schon von einer Unterförsterung sprechen.

Die Arbeitsbelastung ist also stetig gestiegen. Die Belastungsgrenze für die Beschäftigten ist erreicht und zum Teil schon weit überschritten. Die Stellenkürzungen sind grundsätzlich unverhältnismäßig. Es gibt einfach keine personellen und finanziellen Reserven mehr und das Land vergibt scheinbar auch die Arbeit und die Risiken lieber an private Lohnunternehmen, die ihre Beschäftigten zu geringeren Löhnen arbeiten lassen.

Natürlich schafft ein Harvester das Zehnfache, aber die Vollerntemaschine räumt nun mal nicht auf. Dafür braucht man immer noch den Menschen. Auch sonst musste bereits die Waldpflege reduziert werden und für die Förster alter Schule waren die letzten 20 Jahre sicher ein Umgewöhnungsprozess. Für sie ist jeder umgefallene Baum - Holz -, das man nutzen könnte und das angebaut wurde, um letztendlich auch Geld zu verdienen. Aber ohne Personal geht nun mal keine Holzernte.

Die für uns alle überlebenswichtigen Wälder schützen wir seit vielen Jahrhunderten, und wir wollen dies sicherlich auch noch länger tun. Aber: Man muss das den Beschäftigten im Forst dann auch tun lassen und die Voraussetzungen schaffen bzw. vorhalten. Wenn wir unsere Wälder im Stich lassen, dann sind sie verloren, mit allen weitreichenden Folgen, auch für Klima und Mensch. Wir in Sachsen-Anhalt wissen doch, was dies für die Forstwirtschaft, die Holzindustrie und damit für viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum bedeuten kann.

Die Aufgaben auf und in der Fläche müssen gesichert werden. Dabei sind besonders die Revierförster wichtig. Sie sind für die Menschen in den ländlichen Regionen die kompetenten Ansprechpartner in Sachen Wald – und sie sollen es auch bleiben.
Gerade hinsichtlich des Klimawandels sind verstärkt unkalkulierbare Ereignisse zu befürchten bzw. sind bereits eingetreten. Zum Beispiel ist mit mehr Insektenkalamitäten und mit Feuer in den Wäldern von Sachsen-Anhalt zu rechnen.
Gebraucht wird flächendeckend eine effektive, multifunktionale und moderne Forstverwaltung. Sie dient der Vorsorge von Klimafolgen. Durch Mittelkürzungen und Personalabbau kann die Landesregierung diesem Erfordernis allerdings nicht ausreichend gerecht werden. Hier könnte sie sofort und wirksam handeln. Ein Kahlschlag mit Axt und Kettensäge bei den Beschäftigten ist der absolut falsche Weg. Ein Weg, der uns alle zukünftig auf die Füße fallen wird.

Die Umstrukturierungen im Forst sind ein einziges Desaster. Die verheerenden Folgen werden immer offener sichtbar, die Kritik der Personalvertretung an der Reform und der Struktur der Forstverwaltung wird immer massiver, so dass sich die Dinge nicht länger bagatellisieren lassen. Die brennenden Probleme im Forstschutz und im Personalbereich werden ignoriert und nicht angefasst.

Mit einem Feinschliff wird eine nachhaltige Pflege und Bewirtschaftung des Waldes wohl kaum noch machbar sein. Nicht einzelne Ecken und Kanten bei den Umstrukturierungen der letzten 2 Jahrzehnte sind zu bemängeln, sondern die gesamte Reform selbst mit ihrem massiven Personalabbau und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sind das Übel. Wissen Sie, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landeszentrum Wald denken? Sie fühlen sich, als seien sie noch immer Teil eines Abbaubetriebes, dabei ist diese Entscheidung längst korrigiert worden.

Es ist auch ein Fehler, eine Bewertung und Umstrukturierung ausschließlich durch die Brille der Ökonomie zu betrachten. Die Bedeutung des Waldes aus der Sicht des Naturschutzes, der Ökologie sowie der Schutz- und Erholungsfunktionen muss hier ebenfalls wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden. Kurzum, für die Sicherung einer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes ist eine integrierte und zukunftsfähige Forstverwaltung unbedingt notwendig. Ich bin ehrlich, von einem grün-geführten Haus erwarte ich gerade in dieser Frage mehr.

Leider geht aus der Kabinettsvorlage zum Haushalt hervor, dass zwar das Landesamt für Umweltschutz bspw. 32 Stellen erhält und auch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Energie 51, aber leider soll es keine nennenswerten Aufwüchse im Bereich der Forst geben. Deshalb fordere ich Landesregierung und Koalition dazu auf, hier ein klares Bekenntnis abzugeben, dass Sie zu den Beschäftigten in der Forst stehen; dass Sie nicht mehr zuschauen, wie die Beschäftigten dort krank von und durch ihre Arbeit und einer verfehlten Personalpolitik werden; dass Sie endlich Fachkräfte langfristig akquirieren sowie Neueinstellungen unbefristet vornehmen. Sonst verlässt gut ausgebildetes Personal weiterhin das Land und im Rest der Republik reiben sich die Leute die Hände.

Sie stehen jetzt vor der wichtigen Entscheidung, ob Sie sich ernsthaft für eine Korrektur und Verbesserung einsetzen oder ob Sie weiterhin zum Nachteil von Mensch und Wald weiter so unkoordiniert mit Axt und Kettensäge agieren werden.