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Andreas Höppner zu TOP 01 a): Tierschutz stärken - Tierleid verhindern

Ich begrüße es, dass wir hier zum wiederholten Male über Tierschutz und Tierwohl reden.
Leider muss ich „zum wiederholten Male“ gleich einmal betonen, denn das Thema war in vielerlei Hinsicht schon mehrfach auf der Tagesordnung des Landtages. Leider gab es, bis auf kleinere Ausnahmen, keine konkreten Ergebnisse.

In den letzten Monaten durfte ich viele unterschiedliche Unternehmen besuchen und konnte feststellen, dass dort Tierwohl durchaus unter den gegebenen Bedingungen eine große Rolle spielt. Deshalb möchte ich auch gleich einmal feststellen, dass die meisten das Bestmögliche tun, um Tierleid zu verhindern, damit es den Tieren insgesamt gut geht.

Leider haben wir dann aber auch Negativbeispiele wie Straathof, die eine ganze Branche in ein absolut schlechtes Licht rücken. Sie zeigen aber auch, dass z.B. Tierwohlinitiativen, die nur eine Mischung aus Absichtserklärungen und wirkungslosen Appellen darstellen, sinnlos sind. Taten müssen hier folgen mit klaren Vorgaben, die Tierwohl letztendlich rechtlich besser festschreiben.
 
In der vergangenen Legislaturperiode haben wir einige Anträge eingebracht, z.B. einen Gesetzentwurf zur Ermöglichung eines Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzvereine/-verbände. Die Initiative zielte darauf ab, dass Tierschutzverbände die Möglichkeit erhalten, die Rechte und Interessen der Tiere einzuklagen. Dieses Gesetz hätte viele ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit modernen Tierhaltungsanlagen bzw. der Ansiedlung öffentlich umstrittener hoher Tierkonzentrationen in Sachsen-Anhalt , wie im Falle Straathof, geklärt und damit auch die Position jener Landwirte bzw. Nutztierhalter gestärkt, die nach den Grundsätzen des Tierschutzes eine artgerechte Tierhaltung sichern.

Dort wo sich über das Tierschutzrecht hinweg gesetzt wird, müssen anerkannte Tierschutzverbände künftig die Möglichkeit haben, stellvertretend für die Tiere zu klagen. Das ist eigentlich das Mindeste, wenn wir über Tierschutz sprechen.

Hätten Sie in der vergangenen Legislaturperiode unsere Vorschläge tatsächlich aufgegriffen, wären wir, was das Tierwohl angeht, jetzt ein ganzes Stück weiter. In 8 Bundesländern ist das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände inzwischen möglich, in Sachsen-Anhalt waren die Kollegen von SPD und Grüne immer Befürworter. Aber nein. Im Ausschuss wurde der Tagesordnungspunkt in der letzten Legislaturperiode so lange vertagt, bis er schließlich der Diskontinuität anheimfiel. Ein Armutszeugnis war das.  Und, wen mag es da überraschen, das Verbandsklagerecht hat nicht den Weg in den Koalitionsvertrag gefunden.

Für Zustände wie im Falle Straathof gibt es inzwischen keinerlei Akzeptanz mehr. Die Menschen wollen das nicht. Es fehlt aber bisher an konsequenten Wegen und Instrumenten, eine andere Haltung auch durchzusetzen, und es ist noch ein weiter Weg zu einem wirksamen und tiefgreifenden Tierschutz. Wir müssen uns konsequent gegen die Verdinglichung des Tieres wenden. Jedoch funktioniert das nicht nach dem Modell der freiwilligen Selbstverpflichtung. Ohne vernünftige gesetzliche Regelung setzen sich nicht die Betriebe durch, die auf sozial-ökologische Verantwortung setzen, sondern nur die, die ausschließlich ihre Profite im Blick haben. Wir brauchen vernünftige gesetzliche Regelungen und Kontrollen. Nur mit warmen Worten kann man kein Tierwohl erreichen. Es muss Schluss sein mit dem kupieren von Schwänzen bei Schweinen, mit dem Kürzen von Schnäbeln bei Geflügel und erst recht mit dem millionenfachen Töten männlicher Küken oder der betäubungslosen Kastration von Ferkeln. Von nicht artgerechten Haltungsbedingungen von Wildtieren in Wanderzirkussen ganz zu schweigen.

Gerne wird auch immer wieder auf die sogenannte Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher verwiesen. Doch von der Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu reden und zugleich Tarifflucht und sinkende Löhne zu fördern, zu Hartz IV und Armut zu schweigen, ist mehr als eine Art von Doppelmoral. Nachhaltiges Kaufverhalten ist eben auch und gerade abhängig von sozialer Gerechtigkeit. Ansonsten ist Geiz nicht nur geil, sondern ein notwendiges Übel.

Auch muss man feststellen, dass nicht die Stallgröße und Zahl der Tiere allein ein gewichtiger Punkt für gute Tiergesundheit sind, sondern auch und gerade die Haltungsbedingungen und Betreuung der Tiere im Stall. Bei der Diskussion um Tierbestandsgrößen oder sogenannten Megaställen sind aus unserer Sicht verschiedene Punkte zu beachten und in Abhängigkeit von einander zu sehen: Ziel muss es sein territorial ausgerichtete Bestandsgrößen zu ermitteln. Dabei muss die körperliche Gülleverwertung vor Ort, wie auch Lebendvieh- und Futtertransport Beachtung im Mittelpunkt stehen.

Ebenso muss eine Sicherung der Versorgung mit Futter aus eigenem Aufkommen und die schadlose Ausbringung von Gülle und landwirtschaftlichen Reststoffen beachtet werden.
Tierhaltung muss an den Boden gebunden werden, und es muss ein gesundes Verhältnis von Boden-Pflanze-Tier-Boden geben. Letztendlich stellt sich die Frage: „Wie viel kann eine Region vertragen?“, denn Probleme sind vor allem dort zu beklagen, wo Investoren Standorte errichten, die keine Verbindung zu den Menschen vor Ort haben. Investoren, die ländliche Bedingungen genauso wenig beachten wie das Tierwohl. Es braucht somit eine klare Unterscheidung zwischen bodengebundener, moderner Landwirtschaft und gewerblicher, nicht landwirtschaftlicher Schweinemast.

Ich freue mich auf weitere spannende Diskussionen und darauf, dass wir es tatsächlich mal schaffen könnten, an einigen Stellen vielleicht sogar gemeinsam etwas Vernünftiges auf den Weg zu bringen zum Wohle von Tier und Mensch.