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Zum Sondervotum der Mitglieder des 13. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Fraktion DIE LINKE zum Teil C des Berichtes zu den Ergebnissen der Untersuchung und der Bewertung der Ergebnisse durch den Untersuchungsausschuss

Die Notwendigkeit der Einsetzung und der damit verbundene Untersuchungsauftrag des 13. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses wurden durch eine intensive dreijährige Arbeit des Untersuchungsausschusses belegt und umfänglich bestätigt. Dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit an der vollständigen Aufklärung von Sachverhalten, die in ursächlichem Zusammenhang mit öffentlich bekanntgewordenen Vorgängen hinsichtlich eines möglichen Fördermittelbetruges in Sachsen-Anhalt standen, wurde damit im Wesentlichen Rechnung getragen.

Die Mehrzahl der bekannt gewordenen Fakten war zunächst ausschließlich über die Medien bzw. deren Recherchen öffentlich bekannt geworden. Die Landesregierung, ihre Ministerien und die ihnen nachgeordneten Behörden ließen zu diesem Zeitpunkt nur ein geringes Maß an Offenheit hinsichtlich der Aufklärung der Sachverhalte erkennen.

Die im Einsetzungsbeschluss zum Ausdruck kommenden Vorwürfe und Behauptungen haben sich partiell als begründet erwiesen. Durch ungenügendes oder zögerliches Handeln oder Unterlassen der Landesregierung, insbesondere im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft (ehemals Ministerium für Wirtschaft und Arbeit) und der nachgeordneten Behörden, wurde - zumindest fahrlässig - ein über viele Jahre laufender Fördermittelmissbrauch begünstigt. Die schnelle Reaktion auf personelle Engpässe und der Ausbau notwendiger hätte erheblich dazu beitragen können, Fördermittelvergaben einschließlich deren Bewertungsverfahren sowie Fördermittelverwendungen im Bereich der Arbeitsmarktförderung rechtmäßig und damit gesetzeskonform zu realisieren und einem Missbrauch langfristig vorzubeugen.

Die Landesregierung hat es versäumt, in ausreichendem Maß für adäquate und unterstützende Vorkehrungen im Interesse einer rechtmäßigen und korrekten Fördermittelvergabe und Fördermittelverwendung zu sorgen. Mechanismen sowie auch Fehlstellen, die zu diesem Fördermittelmissbrauch und einem damit einhergehenden Schaden für das Land geführt haben, wurden nicht oder nur ungenügend erkannt und demzufolge auch nicht oder nur in einem geringen Ausmaß verändert bzw. beseitigt.
Die Landesregierung war offensichtlich nicht in der Lage und auch nicht gewillt, alle notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um dem Missbrauch von Fördermitteln vorzubeugen, ihn einzugrenzen oder gar zu vermeiden. Vorhandene Kontroll- und Reaktionsmöglichkeiten hinsichtlich der Bewilligung und Verwendung von Fördermitteln sind somit als nicht hinreichend einzuschätzen.

Mangelnde Sensibilität bezüglich der Korruptionsanfälligkeit, ungenügende Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen sowie ein fehlendes Berichtswesen haben die kriminellen Machenschaften in einzelnen Unternehmen und Firmen bei der Fördermittelbeantragung und -verwendung unwissentlich befördert.

Eine zumindest mittelbare Beeinflussung auf die durch das Landesverwaltungsamt zu realisierenden Fördermittelverfahren seitens der Landesregierung ist darin zu erkennen, dass sogenannte Bitten, Hinweise und Empfehlungen von Mitgliedern der Landesregierung allein schon aufgrund ihrer Stellung von den Betroffenen nicht als solche eingeordnet wurden. Nach deren Wahrnehmung trugen sie den Charakter verbindlicher Vollzugshandlungen, von Weisungen bzw. sogar Erlassen und wurden dementsprechend nicht in Frage gestellt, sondern nahezu bedingungslos unterstützt und umgesetzt.

All dies führt DIE LINKE zu folgenden Schlussfolgerungen:

•    Hinsichtlich des Einsatzes von öffentlichen Fördermitteln ist ein radikales Umsteuern erforderlich, Nachhaltigkeit und Messbarkeit der Ergebnisse sind dabei ins Zentrum zu rücken. Dabei sind qualitative Entscheidungsfaktoren konsequent in den Mittelpunkt zu rücken, so etwa die Auswirkungen auf das kurz- oder mittelfristige BIP-Wachstum bzw. die Erhöhung der Erwerbstätigkeit.

•    Die Förderung der Wirtschaft ist auf die Kriterien Transparenz, Innovation und Nachhaltigkeit auszurichten. Der schnelle Aufbau einer Fördermitteldatenbank zur Herstellung von Transparenz bei der Fördermittelvergabe ist voranzutreiben.

•    Unumgänglich ist eine vorurteilsfreie Evaluierung der Förderpolitik, verbunden mit der Ausrichtung auf verbindliche Ziele: Schaffung und Sicherung „Guter Arbeit“, Gewährleistung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen sowie Erreichung eines sparsamen und ökonomischen Ressourcenverbrauchs als nachhaltiges Ziel.

•    Die InteressenvertreterInnen der Beschäftigten (Betriebs- und Personalräte, GewerkschaftsvertreterInnen als Tarifpartner) sind in den gesamten Prozess von Vergabe, Kontrolle und Zielanalyse durchgängig einzubeziehen.

•    Die bisherigen Kontrollmechanismen für Antragsüberprüfung, Zwischenauswertung oder Verwendungsnachweisprüfung sind nach verbindlichen Kriterien zu evaluieren. Es bedarf konkreter Mechanismen, die eine schnelle und wirksame Reaktion auf sich offenbarende Unregelmäßigkeiten oder Auffälligkeiten ermöglichen.

•    In allen Fachressorts sind jährlich Auswertungen hinsichtlich der Effektivität des Einsatzes von Fördermitteln bzw. der Auswertung von Antragsverfahren und Kontrollmechanismen zu realisieren.

Die 23 durchgeführten Sitzungen und die aus den Zeugenbefragungen und den vorgelegten Akten resultierenden Ergebnisse belegen, dass die Förderpolitik des Landes grundlegend neu und auf Ziele auszurichten ist, die den Interessen des Landes dienen. Es darf nicht länger darum gehen, nach formalen Kriterien möglichst viele Mittel möglichst schnell zu verteilen, es bedarf vielmehr einer verbindlichen Strategie für den Einsatz öffentlicher Fördermittel.

Magdeburg, 2. Dezember 2015

Dr. Frank Thiel
Obmann der Fraktion im 13. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss