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Sabine Dirlich zu TOP 22: Bericht über den Stand der Beratungen zum Antrag „Moratorium zur Neustrukturierung der Beratungsstellenlandschaft“

Die Behandlung eines Tagesordnungspunktes, dem ein Berichterstattungsverlangen nach § 14 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtages zugrunde liegt, habe ich in diesem Hohen Haus sehr selten erlebt. Ich bin aber froh, dass es dieses Instrument gibt. Ich will das im Folgenden begründen.

Die Ausschussvorsitzender Frau Zoschke kann in ihrem Bericht lediglich die laufende Legislaturperiode wiedergeben und betrachteten. Die Odyssee dieses Themas dauert jedoch ein bisschen länger. Sie beginnt spätestens im Jahre 2009 mit der sogenannten Hasslbauer Klausel. Diese Klausel besagte, dass für die Beratung und für Beratungsstellen nur noch dann Mittel zu Verfügung gestellt werden sollen, wenn die Akteure der Beratung bereit sind, an einem Prozess der Neustrukturierung teilzunehmen und mitzuwirken. Das war damals - kurz gefasst - die Intention dieser Klausel.

Inzwischen wird es immer grotesker. Seit 2009 wird in Sachsen-Anhalt über die Zukunft der Beratungsstellen diskutiert. Bis heute hat sich die Koalition nicht zu einer neuen Struktur oder auch nur zu einem Rahmen für die Neugestaltung der Beratungslandschaft durchringen können, und dass obwohl stapelweise Berichte erarbeitet wurden und seitenweise Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Aber der Reihe nach: Ende 2009 wurde, vor allem vor dem Hintergrund der Haushaltprobleme des Landes, ein Prozess der Evaluierung der Arbeit der Beratungsstellen in Gang gesetzt. Das war damals nicht ganz unumstritten. Die Beratungsstellen haben natürlich von Anfang an Angst vor diesem Sparzwang, dem sie sich ein Stückweit unterwerfen sollten, gehabt. Sie hatten durchaus die Befürchtung, dass es überwiegend um Einsparungen gehen soll. Aber sie haben sich diesem Prozess gestellt, weil an dessen Ende verlässliche Rahmenbedingungen und Standards formuliert werden sollten. Zudem sollten handhabbare Bedingungen für die Finanzierung der Beratungslandschaften ausgehandelt werden.

Angesichts der Größe der Aufgabe wurde der ursprüngliche Zeitplan weit überzogen. Während des Wahlkampfes zu den Landtagswahlen 2011, also schon zwei Jahre später, wurde von allen Parteien ein Moratorium der Finanzierung in Aussicht gestellt und praktisch zugesagt, das den Beteiligten ausreichend Spielraum für die Erarbeitung von Positionen geben sollte. Ein solches Moratorium ist durch den Landtag zwar nie formal beschlossen worden, aber es wurde faktisch im Doppelhaushalt 2012/2013 durchgesetzt. Inzwischen schreiben wir Juni 2013 und der entsprechende Antrag zum Moratorium der Fraktion DIE LINKE aus Juni 2011 steht im Sozialausschuss noch immer zur Beratung an.

Im Ausschuss wurden nach der Auswertung der Evaluierung weitere Fachgespräche mit den Beteiligten durchgeführt. Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege hat ein Konzept zur integrierten sozialen Beratung erarbeitet und vorgelegt. Die Landesregierung hat dem Sozialausschuss ein Eckpunktepapier für die Neuordnung der sozialen Arbeit in Sachsen-Anhalt vorgelegt.

Seit November 2012 liegt dem Ausschuss eine Beschlussempfehlung zur Beratung vor, die unsere Faktion DIE LINKE gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erarbeitet hat und die im April 2013 nach dem Vorliegen der Vorschläge der Landesregierung noch einmal überarbeitet wurde. Diese Beschlussempfehlung ist recht umfangreich, da es sich auch um ein wichtiges und umfangreiches Thema handelt, und enthält ziemlich detaillierte Vorschläge. Alle Vorschläge sind auf ihre Machbarkeit hin überprüft worden. Es sind sehr viele Vorschläge der Träger der Beratung in unserer Beschlussempfehlung eingeflossen. Das hat eine Menge Arbeit gemacht, aber wir sind zu einem Ergebnis gekommen.

Bereits dreimal wurden die Beratung und Beschlussfassung im Ausschuss vertagt, weil die Koalitionsfraktionen nicht zu Stuhle kommen und nicht in der Lage waren, ihre Vorstellungen zu Papier zu bringen. Im Ausschuss standen Beratungen im Februar, im April und im Mai 2013 an. Eigentlich wurde es schon viermal vertagt, aber das erste Mal haben wir nicht wirklich mitgezählt, weil unsere Beschlussempfehlung im November 2012 relativ spät eingereicht worden war und wir damals nicht herumgemeckert haben, dass man nicht sofort zu einer Beratung und einer Beschlussfassung kam.

Jetzt soll im September 2013 wieder mit uns darüber geredet werden. Die Träger sind inzwischen stinksauer. Sie sagen: Wir haben geliefert und haben den Prozess als Anstoß für Veränderungen begriffen; wir haben unsere Arbeit kritisch angeschaut; wir haben unsere Strukturen überprüft und bereits Schlussfolgerungen für unsere weitere Arbeit gezogen. Die Träger brauchen endlich Klarheit.

Richtig albern wird es, wenn man sich die Begründung für die weiteren Verzögerungen anhört. Begonnen hat der Prozess mit der Ansage, dass man nur dann über eine weitere Finanzierung entscheiden könne, wenn die Rahmenbedingungen und die Strukturen klar seien. Jetzt wird argumentiert, dass man sich nur dann über Rahmenbedingungen und Strukturen unterhalten könne, wenn man wisse, wie viele Mittel zur Verfügung stünden. Es ist und bleibt grotesk. Abgesehen davon, dass wir jetzt wirklich die Faxen dicke haben, haben wir festgestellt, dass die Ausschusssitzungen zu diesem Thema nicht öffentlich durchgeführt werden sollen, obwohl es beantragt wurde. Wir haben überlegt, wie wir Öffentlichkeit herstellen können.

Wir haben uns deshalb für ein solches Berichterstattungsverlangen nach § 14 der Geschäftsordnung des Landtages entschieden. Wir wollen, dass die Koalitionsfraktionen öffentlich Position beziehen und sich hier erklären, und zwar dazu, wie sie und vor allem wann zu Stuhle kommen wollen.