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Sabine Dirlich zu TOP 22: Angleichung der Rentenwerte Ost und West jetzt durchsetzen

„Nach mehr als 20 Jahren der Deutschen Einheit sind die Unterschiede im Rentenrecht in Deutschland nicht akzeptabel.“ Zitiert aus einer Stellungnahme des Sozialministers zum Antrag „Altersarmut bekämpfen – Gesetzliche Rente stärken vom 11.05.2015.

„Nach 30 Jahren muss es möglich sein, die wesentlichen Unterschiede zwischen Ost und West aufzulösen.“  Ministerpräsident Haseloff zitiert nach einem Beitrag auf der MDR-Homepage zum Thema Ost/West Debatte – Haseloff pocht auf Rentenangleichung.
„Es kann nicht sein, dass die Rentenangleichung länger dauert, als die Mauer gestanden hat.“ Ministerpräsident Woidke zitiert aus ebenda.

Zum 01.07.2016 wird geprüft wieweit sich der Angleichungsprozess bereits vollzogen hat und ob mit Wirkung ab 2017 eine Teilangleichung notwendig ist. Zum Ende des Solidarpaktes 2019 soll die endgültige Rentenangleichung vollzogen sein. Sinngemäß dem Koalitionsvertrag entnommen.

„Die einfache Reduzierung auf die Formel gleiche Renten ist bei unterschiedlichen Löhnen und Lebenshaltungskosten in der Tendenz verzerrend.“ Finanzminister Schäuble zitiert aus der Sächsischen Zeitung vom 22.05.2015.

Die Bundesregierung, die Koalition im Bundestag bricht ihre eigene Koalitionsvereinbarung. Und es ist nicht der erste Wortbruch. Es war die Bundeskanzlerin Merkel selbst, die schon auf dem 9. Deutschen Seniorentag der im Juni 2009 in Leipzig stattfand eine Lösung für die Angleichung der Ostrenten noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode versprochen hat. Wohlgemerkt der Legislatur von 2009 bis 2013.
Dass die Koalition, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ein zweites Mal wortbrüchig werden will, ist ein Skandal. Gregor Gysi hat nicht ohne Grund vom Verrat an den Ostrentnerinnen gesprochen. Denn: Weshalb sagt der Finanzminister Schäuble einen solchen Satz? Weil jetzt schon klar ist, dass der Angleichungsprozess zurzeit keine Fortschritte macht. Im Gegenteil! In den letzten Jahren hat sich der Abstand bei den Renten wieder erhöht. Zum Beispiel von 138 Euro Rückstand im Jahr 2010 auf 142 Euro im Jahr 2012. Und das sind nur die Durchschnittsrenten. Derzeit beträgt das Rentenniveau Ost etwa 92 % des Westniveaus. Der Rentenwert liegt zurzeit in den alten Bundesländern bei 28,61 Euro und in den neuen Bundesländern bei 26,39 Euro.

Dazu kommt, dass die Produktivität nach wie vor um etwa 20 % unter der im Westen liegt. Zudem müssen Ostdeutsche für einen annähernd gleichen Lohn oft länger arbeiten  und auf im Westen übliche Sonderzahlungen verzichten. Nach wie vor werden unterschiedliche Tarifabschlüsse zwischen Ost und West abgeschlossen, wird also der Unterschied weiter zementiert. Und dass sich das auch bis zum 01. Juli 2016 nicht ändern wird, haben die Ministerpräsidenten der Länder immerhin begriffen und die Bundesregierung aufgefordert, die zum Juli 2016 anvisierte Arbeitsgruppe sofort zu installieren. Der Sozialminister schreibt in seiner Stellungnahme zu dem oben schon angeführten Antrag unserer Fraktion zur Begründung dieser Auffassung:  „Der Bundesrat hat am 06.02.2015 die Bundesregierung aufgefordert, diese Arbeitsgruppe sofort zu installieren, da bereits jetzt absehbar sei, dass sich zum 01.07.2016 der Angleichungsprozess gegenüber dem jetzigen Zeitpunkt nicht entscheidend verändern werde.“

Ministerpräsident Haseloff wird in diesem Zusammenhang in der Mitteldeutschen Zeitung mit der Äußerung zitiert: „Der letzte Rentenbericht macht klar, dass eine Angleichung der Löhne bis 2019 nicht zu erwarten ist, so dass die Renten weiter auseinanderklaffen. Für den Fall sieht der Koalitionsvertrag einen Zwischenschritt vor, um die Differenz zu schließen.“

Beides Äußerungen, die übrigens auch klar stellen, dass selbst die Einrichtung der Arbeitsgruppe nichts als Verzögerungstaktik ist. Schon jetzt ist klar, was die Arbeitsgruppe feststellen wird. Schon jetzt sofort können und müssen Schritte eingeleitet werden, die versprochene Teilangleichung anzugehen. Was wird denn nach der Einrichtung der Arbeitsgruppe passieren? Genau! Nichts! Zumindest nicht mehr in der aktuellen Legislaturperiode. Die endet nämlich bereits 2017. Und das heißt: Kurz bevor die Arbeitsgrüppe ihre Arbeit aufnimmt, ist alles schon wieder im Wahlkampfmodus und wir werden die nächsten leeren Versprechungen hören.

Der Focus hat mal rechnen lassen, wie lange der Aufholprozess bei den Renten noch dauern wird, wenn nichts getan wird. Nominal werden sich die Renten schon im Jahr 2040 angeglichen sein. Real dann bereits im Jahr 2050.

Dann – und ich verweise auf die Äußerungen des Ministerpräsidenten Woidke – werden die Unterschiede zwischen Ost und West nicht nur länger bestanden haben als die Mauer, sondern sogar eineinhalb mal länger als die DDR überhaupt existiert hat. Und dann werden vor allem auch die letzten DDR-Rentnerinnen nicht mehr unter den Lebenden weilen. Wobei, es werden ja Jahr für Jahr neue produziert. Selbst im Wendejahr und danach Geborene werden auf ihrem Rentenbescheid wieder daran erinnert werden, dass sie im Osten geboren wurden, dort aufgewachsen sind und dort auch noch gearbeitet haben.

Also, weshalb sagt der Bundesfinanzminister einen solchen Satz? Weil er die Ostrentnerinnen schon einmal darauf hinweisen will, dass sie die versprochene Angleichung ein weiteres Mal vergessen können. Seine Begründung ist übrigens höchst fragwürdig. Die Löhne im Osten sind niedriger? Genau! Eben deshalb wurde den Rentnerinnen der Zwischenschritt versprochen. Die Lebenshaltungskosten im Osten sind niedriger? Also mal abgesehen davon, dass diese Behauptung so pauschal wohl kaum haltbar sein dürfte, sind die Lebenshaltungskosten in der gesamten Bundesrepublik unterschiedlich. Zum Beispiel zwischen Großstädten und kleinen Dörfern oder zwischen Nord und Süd. Das hat aber bei der Festlegung der Rentenwerte niemals in der Geschichte der Bundesrepublik je eine Rolle gespielt.

Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass sich der Landtag von Sachsen-Anhalt zu diesem Thema eindeutig positioniert. Wir wollen, dass sich der Landtag von Sachsen-Anhalt hinter die von ihm vertretenen Rentnerinnen und Rentner stellt und von der Bundesregierung die Einhaltung ihres eigenen Koalitionsvertrages einfordert. Wir wollen, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt den Bundesfinanzminister kritisiert und ihn auffordert nach Lösungen zu suchen und nicht nach Ausreden. Und der Landtag von Sachsen-Anhalt soll das heute tun. Alles andere würden wir wiederum als Ausweichmanöver interpretieren. Dieser Antrag muss in keinem Ausschuss beraten werden. Dieser Antrag gehört hier und heute abgestimmt.