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Sabine Dirlich zu TOP 20: Schulsozialarbeit aus dem Bildungs- und Teilhabepaket weiterführen

Wir können und ich will über dieses Thema nicht reden, ohne noch einmal unsere grundsätzliche Kritik an diesem Bildungs- u Teilhabepaket deutlich zu machen. Wir haben es von Anfang an als bürokratisches Monster  bezeichnet und ich muss an dieser Stelle nicht all die Kritikpunkte wiederholen, die schon bei der Einführung dieses Programm Thema waren. Sie haben sich nahezu restlos bewahrheitet.

Wir können und ich will über dieses Thema nicht reden, ohne unsere grundsätzliche Kritik zu äußern an der Praxis, über immer neue Modellprojekte durchaus interessante und oft auch nützliche Projekte zu initiieren, um dann nach einer mehr oder weniger kurzen Phase die finanziell klammen Kommunen mit der Finanzierung allein zu lassen. „Schulsozialarbeit braucht dauerhafte und verlässliche Strukturen und dauerhafte Beziehungen zwischen den Kinder bzw. Eltern und den Sozialpädagogen, aber auch die enge Einbindung ins Kollegium.“ So zumindest sehen es die vom Wegfall bestehender Strukturen betroffenen Schulleiterinnen.

Wir können und ich will über dieses Thema nicht reden, ohne die Flickschusterei zu kritisieren, die dann aus einer solchen Praxis entsteht. Schulsozialarbeit finanziert durch ESF-Programme, Schulsozialarbeit auf Initiative des Bundesministeriums für Familie, Seniorinnen, Frauen und Jugend, Schulsozialarbeit über das Fachkräfteprogramm des Landes, Schulsozialarbeit in Kommunaler Verantwortung – möglicherweise entstanden aus ausgelaufenen älteren Landes- oder Bundeprogrammen, Schulsozialarbeit finanziert mit Hilfe des BuT. Und ich bin nicht einmal sicher, ob ich schon alle genannt habe.

Dazu kommt, und auch das kann und will ich nicht auslassen, dass es in all diesen Programmen unterschiedliche Anforderungen an die Antragsverfahren gibt, unterschiedliche Anforderungen an die inhaltliche Ausrichtung bestehen, die Mitarbeiterinnen unterschiedliche Qualifikationen aufweisen müssen und natürlich auch unterschiedlich bezahlt werden.

Nichtsdestotrotz und unabhängig von all unserer Kritik wird in solchen Projekten eine ausgesprochen wichtige und wertvolle Arbeit geleistet. Zitat aus einem der Schreiben, die uns in den letzten Tagen erreicht haben, hier im Namen aller Schulleiterinnen aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld: „An unseren Schulen arbeiten seit geraumer Zeit Schulsozialarbeiterinnen, welche aus dem Bildungs- und Teilhabepaket finanziert werden. Sie leisten eine sehr gute sozialtherapeutische Arbeit, sind mit viel Engagement dabei und kümmern sich intensiv um Kontakte zwischen Schulen, Familien, Jugend- und Sozialämtern. Besonders Familien aus bildungsfernen Gesellschaftsschichten, die für schulische und erzieherische Belange nicht mehr greifbar waren, nehmen das Angebot über die Schulsozialarbeiterinnen, doch im Sinne ihrer Kinder mit der Schule in Kontakt zu treten, vermehrt an.“

Und genau darum geht es in unserem Antrag. Denn wir haben es an dieser Stelle mit einem Dilemma zu tun, das weder leicht zu beschreiben und noch weniger leicht zu lösen ist.

In einer der letzten Nachtsitzungen, die das Bildungs- und Teilhabepaket geschnürt haben, wurde in einer Protokollnotiz festgehalten, dass etwa 400 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, um daraus Schulsozialarbeit und Mittagessen im Hort zu finanzieren. Das allerdings nur bis Ende 2013. Von diesem Zeitpunkt an, also ab dem 01.01.2013 übernimmt der Bund die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Und wem sich jetzt der Zusammenhang nicht auf Anhieb erschließt dem sei gesagt: Er besteht auch nicht wirklich.

Die Annahme, von der die Bundesregierung ausgegangen war ist die, dass den Kommunen, also hier den Landkreisen und kreisfreien Städte, von diesem Zeitpunkt an die Mittel zur Verfügung stehen, die für oben genannte Grundsicherung nicht mehr ausgegeben werden müssen. Schaut man die die nackten Zahlen an, so stellt man in der Tat fest, dass für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bis zu zehnmal mehr ausgegeben wird, als für Schulsozialarbeit über das Bildungs- und Teilhabepaket.

Aber gemach, es ist mitnichten alles schön. Die Übernahme der Grundsicherung erfolgte nämlich schrittweise und die Kreise haben schon in diesem Jahr nur noch 25 % der Kosten für die Grundsicherung im Alter getragen.

Und dann gibt es da auch noch das Finanzausgleichsgesetz. Den Kommunen sollten durch die Entlastung von der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Mittel für andere Aufgaben zur Verfügung stehen. Das findet in Sachsen-Anhalt allerdings nicht statt, weil der Finanzminister mit dem Hinweis auf die Entlastung, genau die Summe aus dem FAG gestrichen hat, die in diesem Jahr für die Grundsicherung ausgegeben wurde. Den Kommunen in Sachsen-Anhalt stehen somit die freiwerdenden Mittel genau nicht zur Verfügung, die sie für Schulsozialarbeit ausgeben könnten. Damit stehen viele Projekte der genannten Schulsozialarbeit in den Kreisen vor dem Aus. Und damit sind wir beim Anliegen unseres Antrages.

Wir wollen die Landesregierung veranlassen, über geeignete Möglichkeiten zur Fortführung der Projekte nachzudenken, die jetzt oder in der nächsten Zeit zur Disposition stehen. Dabei schlagen wir vor, dass nicht verausgabte Mittel aus dem ESF verwendet werden. Mittel, die in anderen Programmen nicht abfließen können an dieser Stelle sinnvoll eingesetzt werden. Wir wissen, dass es solche Mittel in Größenordnungen gibt. Etwa 30 Millionen Euro stehen zur Debatte. Wir wissen, dass es möglich ist, eine andere Verwendung vorzusehen und Umwidmungen vorzunehmen. Im Sozialausschuss wurde uns mitgeteilt, dass dies eine gängige Praxis ist.

Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zugunsten des „Programms zur Vermeidung von Schulversagens und zur Absenkung des vorzeitigen Schulabbruchs“ nutzt zur Gegenfinanzierung genau dieses Mittel und argumentiert sogar, dass die Umverteilung programmbezogener ESF-Mittel mit der Änderung des Finanzplanes V 2.3 im Verlauf des Jahres bereits erfolgt ist.

Der Punkt 2. unseres Antrages will den Blick ein wenig weiten. Wir machen uns keine Illusionen, dass es möglich sein könnte, Schulsozialarbeit auf eine einheitliche und dauerhafte Grundlage zu stellen. Aber eine wirksame Koordination der verschiedenen Angebote und eine Zusammenarbeit zwischen den Projekten sollte in jedem Fall angestrebt werden, auch, um krasse Unterschiede in den Anforderungen an die Projekte zu vermeiden.