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Sabine Dirlich zu TOP 17: Altersarmut bekämpfen – Gesetzliche Rente stärken

Bereits im September wurde hier in einer Aktuellen Debatte über Altersarmut gesprochen. Es wurde festgestellt, dass es ein Hauptrisiko für Altersarmut gibt – die Arbeitslosigkeit, daneben aber auch lange Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen. Gleichzeitig sind die Beschäftigungschancen für Ältere nach wie vor mau, auch die Rückkehr in die Erwerbstätigkeit nach langer Zeit von Kindererziehung und Pflege bleibt schwierig.

Ich will nur eine Zahl wiederholen: noch 9,3 % der 64jährigen arbeiten in Vollzeit, was im Umkehrschluss bedeutet, dass über 90 % der 64jährigen keine vollen Rentenansprüche erwerben.

Alle Parteien melden sich rechtzeitig vor den Bundestagswahlen mit Konzepten zur Bekämpfung der Altersarmut zu Wort, Begriffe wie Zuschussrente oder Solidarrente machen die Runde. Leider entpuppen sich die Vorschläge sowohl von CDU als auch von SPD als Mogelpackung, das vor allem deshalb, weil diejenigen, die am meisten von Altersarmut betroffen sind, nicht von den Vorschlägen profitieren. In beiden Konzepten – die übrigens so gut zusammenpassen, dass sie gut für eine Koalition taugen – sind nämlich lange Versicherungs- und Beitragszeiten und zusätzliche Vorsorge Voraussetzung dafür, überhaupt Anspruch auf Zuschuss- oder Solidarrente haben. Das bedeutet aber, dass exakt diejenigen, die auf Zuschuss oder Solidarität am meisten angewiesen wären, von den Vorschlägen überhaupt nichts haben: nicht die Langzeitarbeitslosen, nicht die Menschen mit Brüchen in ihren Erwerbsbiografien – das betrifft vor allem Frauen, nicht selbständige in prekären Verhältnissen, nicht die Beschäftigten im Niedriglohnbereich. Also alle diejenigen nicht, die keine 40 oder 45 Versicherungsjahre, keine 30 oder 35 Beitragsjahre vorweisen können, nicht diejenigen, die sich von ihrem geringen Einkommen keine zusätzliche Versorgung leisten können.

Das eigentliche Problem ist aber ein anderes: Keine der falschen Weichenstellungen der Rentenreformen der letzten 10 Jahre wird auch nur angekratzt, geschweige den wirklich angepackt.

Unsere Hauptkritikpunkte sind daher andere:

Es bleibt dabei, das Ziel der gesetzlichen Rente ist nicht mehr die Lebensstandardsicherung, sondern Beitragsstabilität und die Entlastung der Unternehmen. Fakt ist: Wenn nicht mehr eingenommen werden soll und gleichzeitig die Ansprüche an die Rente steigen, muss man natürlich die Leistungen runterschrauben.

Wir kritisieren, dass es bei der Veränderung der Rentenanpassungsformel bleibt und dass das Rentenniveau dauerhaft gesenkt wird.

Wir kritisieren, dass die gesetzliche Rente immer mehr zu einer Grundsicherung im Alter verkommt.

Wir kritisieren ganz nachdrücklich die Rente erst ab 67.

SPD und CDU behaupten, ihre Reformen seien nötig, um die Rentenversicherung zu stabilisieren. Aber in Wirklichkeit wird ein schleichender Systemwechsel vollzogen:

  • statt jung für alt – ich für mich;
  • statt Partizipation an der Entwicklung des Lebensstandards – Aussetzung der Rentenanpassung;
  • statt Verzicht auf Eingriffe in Bestandsrenten – massive Eingriffe, zum Beispiel bei der Pflegeversicherung;
  • statt paritätischer Finanzierung – Zwang zur Privatvorsorge.

Das alles will DIE LINKE ausdrücklich nicht. Ein Prinzip allerdings müsste tatsächlich verlassen werden – das der Äquivalenz, das führt nämlich zu Altersarmut. Wer mehr und länger einzahlt, kriegt mehr raus, oder im Umkehrschluss: wer wenig und kürzer einzahlt, kriegt weniger. Hier ist Solidarität gefragt.

DIE LINKE hat im September ihr Rentenkonzept vorgelegt. Die Bundestagsfraktion der LINKEN hat zur Umsetzung des Konzepts im Oktober mehrere Anträge in den Bundestag eingebracht.

Die Landtagsfraktion DIE LINKE hier in Sachsen-Anhalt ist der Meinung, dass dieses wichtige Thema auch hier im Landtag eine Rolle spielen muss und hat den vorliegenden Antrag eingebracht.

Da ich davon ausgehe, dass wir das Thema heute nicht beerdigen, will ich hier nur auf die wichtigsten Punkte eingehen.

Wir wollen eine solidarische Rente einführen, und zwar eine, die diesen Namen auch verdient. Wir wollen, dass alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente einzahlen. Solidarität müssen auch Beamte, auch Politikerinnen, auch Ärzte und Rechtsanwälte, auch Landwirte und Bergleute üben.

Ein Vorwurf an die DDR lautet da gerne: Es gab 67 Sonder- und Zusatzversorgungssysteme. Ich habe die genaue Zahl für die Bundesrepublik nicht parat, aber es sind nicht so viel weniger.

Wir wollen zudem die Beitragsbemessungsgrenze anheben und dauerhaft aufheben. Hoch- und Höchstverdienende müssen einen Teil ihrer Ansprüche abgeben, so geht Solidarität.

Die Rente erst ab 67 gehört abgeschafft.

Die Lebensstandardsicherung muss wieder Prinzip der gesetzlichen Rente werden. Das Rentenniveau muss wieder auf 53 % angehoben werden. Übrigens: sehr lange Zeit galt in der Bundesrepublik ein Alterseinkommen von knapp 70 % als lebensstandardsichernd. Davon sind wir weit entfernt, daher ist die Forderung nicht unverhältnismäßig.

Es kann nicht sein, dass letztlich eine Person 33 Jahre lang einen Durchschnittsverdienst erzielen und entsprechende Beiträge zahlen muss, um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu erhalten. So aber wird es kommen, wenn die Pläne von CDU und/oder SPD durchgesetzt werden. Das muss auch deshalb verhindert werden, weil es die gesetzliche Rente insgesamt in Frage stellt, und das deshalb, weil es zu erheblichen Akzeptanzproblemen führt.

Wir wollen eine Solidarische Mindestrente einführen. Sie soll einkommens- und vermögensgeprüft sein und muss aus Steuermitteln finanziert werden. Die Verhinderung von Altersarmut ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Diese Solidarische Mindestrente verdient ihren Namen, weil sie nicht von langjähriger Beitragszahlung abhängig gemacht werden soll.

Auch die solidarischen Komponenten, die bereits Bestandteil der gesetzlichen Rente sind, sollen gestärkt werden, durch bessere Anrechnung von Kindererziehungszeiten, durch bessere Anrechnung von Zeiten der Pflege, durch bessere Anrechnung von Ausbildungszeiten.

Wir wollen Langzeitarbeitslose wieder durch Beitragszahlung absichern. Eine der ganz wenigen Versprechen der Hartz-Gesetzgebung, die den Betroffenen tatsächlich Verbesserungen bringen sollten war, dass sie alle rentenversichert sein werden. Das wurde mit der Abschaffung der Beitragszahlung gebrochen. Inzwischen ist von der angeblich größten Arbeitsmarktreform aller Zeiten nur noch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe übrig. Das hätte man billiger haben können.

Natürlich wird es von der LINKEN keinen Antrag zur Rente geben, ohne die Forderung nach der Angleichung der Rentenwerte Ost und West. Sie soll bis zum Ende des Jahres 2016 abgeschlossen sein. Dann werden seit der Wende 27 Jahre vergangen sein. Niemand kann wollen, dass die Nachwirkungen der DDR fast genau so lange bestehen, wie die DDR selbst. Das aber wird passieren, wenn nicht endlich eine Angleichung erfolgt und wenn dadurch nicht endlich auch weiterer Druck gemacht wird auf die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West.