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Sabine Dirlich zu TOP 06: Bundesratsinitiative zur Änderung des Zugangs zu den Leistungen der Schülerbeförderung gemäß Bildungs- und Teilhabepaket

Die Schülerbeförderung im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Teilhabepaket ist bereits zum vierten Mal Thema in diesem Hohen Haus. Schon im Mai 2011 haben wir das Thema in der von uns angeregten Aktuellen Debatte angesprochen. Der erste Eindruck, der damals bei uns entstand, war, dass durch die Regelung in Sachsen-Anhalt zur Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung auch in der Sekundarstufe II durch das Land - allerdings erst nach Ableistung eines Eigenanteils - eine Ungleichbehandlung gegenüber Schülerinnen und Schülern in anderen Bundesländern eingetreten ist.  

Das eigentlich Problem ist, dass Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums, die auf Hartz IV angewiesen sind, nahezu ihren gesamten, für Mobilität zur Verfügung stehenden Betrag ausschließlich dafür verwenden sollen, zur Schule und wieder zurück zu kommen. Das halten wir nach wie vor und vor allem für unzumutbar.

Ich will auch daran erinnern, dass es von Anfang an zu Umsetzungsplänen gekommen ist, weit vor dem Bildungs- und Teilhabepaket, weil dieser Eigenanteil nämlich am Anfang des Jahres erst einmal erbracht werden und erst dann die Förderung durch das Land erfolgen sollte. Es hat also von Anfang an Riesenprobleme damit gegeben. Deshalb war es kein Wunder, dass es auch nach und mit dem Bildungs- und Teilhabepaket Probleme gibt. Es hatte von Anfang an den Anschein, dass sich im Grunde alle darin einig sind, dass eine schnelle Lösung des Problems zu finden ist, was immerhin voraussetzt, dass es ein Problem gibt.  

Wir haben bereits zwei Versuche unternommen, das Problem in und für Sachsen-Anhalt zu lösen. Zunächst gab es den Versuch, im Schulgesetz selbst eine Öffnung hinzubekommen und den Eigenanteil für die Schülerbeförderung als Bedarf für Bildung anerkennen zu können. Das wurde in einer Anhörung unter anderem von der GEW, vom Philologenverband und auch vom Landeselternrat begrüßt.

Im zweiten Anlauf haben wir versucht, in unserem Landesausführungsgesetz die Beweislast umzukehren und die Einzelfallprüfung nicht zur Regel, sondern zur Ausnahme zu machen.  

Beide Vorschläge wurden vor allem mit der Begründung zurückgewiesen, dass bundesgesetzliche Regelungen nicht durch Landesgesetze konterkariert werden dürfen. Es wurde auch auf die unterschiedlichen Rechtskreise hingewiesen, die durch diese Regelungen im Schulgesetz, Bildungspaket, SGB II, Kindergeldgesetz usw. berührt werden. Eine interessante Begründung übrigens nebenbei. Diese bestand darin, dass der Bundesgesetzgeber den Ermessensspielraum nicht dem Landesgesetzgeber, sondern der zuständigen Behörde und dort dem jeweiligen Sachbearbeiter übertragen und eingeräumt hat. Das ist ein schöner Satz. Der noch schönere Satz war, dass der zuständigen Behörde nicht vorgeschrieben werden kann, wie sie diesen Ermessensspielraum zu nutzen habe.  

Dieser Grundsatz hat dann das Kultusministerium allerdings nicht daran gehindert, in einen Erlass folgenden Satz zu schreiben: „Für die Träger der Schülerbeförderung ändert sich mit der vorbezeichneten Neufassung nichts. Sie dürfen für diesen Personenkreis keine Zuschüsse gewähren und haben weiterhin zu überwachen, dass die Anspruchsberechtigten die erforderlichen Eigenleistungen erbracht haben.“

So viel zum Thema Ermessensspielraum der Bearbeiterin vor Ort. Vor allem sind wir in der Diskussion immer wieder darauf hingewiesen worden, dass diese Angelegenheit auf der Bundesebene geklärt werden muss.

Deshalb also heute: Klappe, die dritte. Jetzt wird es spannend, weil erstens in der gesamten Debatte im Grunde niemals infrage gestellt wurde, dass wir es hierbei mit einem echten Problem zu tun haben und dass das Anliegen von Vertreterinnen aller Fraktionen geteilt wurde, und weil zweitens der Sozialausschuss vom Bildungsausschuss ausdrücklich aufgefordert worden ist, für das Problem eine Lösung aufzuzeigen, unter anderem auch deshalb, weil das Teilhabepaket auch für Leitungsberechtigte nach dem SGB XII und nach dem Bundeskindergeldgesetz gilt.

Wir bleiben dabei, dass es dazu einer Beweislastumkehr bedarf. Es geht also nicht darum, unbesehen die Kosten zu übernehmen, sondern es geht darum, dass Behörden zunächst nachweisen müssen, dass sie den Betroffenen den Eigenanteil zumuten können. Es geht darum, die Betroffenen davon zu entlasten, die Unzumutbarkeit für sie selbst nachweisen zu müssen.  

Wir wollen die Position der Betroffenen an dieser Stelle stärken. Wir wollen an dieser einen Stelle damit beginnen, den Betroffenen das Gefühl des Ausgeliefertseins ein kleines Stück zu nehmen.