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Sabine Dirlich zu TOP 05: Stand der Umsetzung des Seniorenpolitischen Programms der Landesregierung

Zunächst geht der Dank für die Antworten an die Mitarbeiterinnen des Ministeriums, das war nicht wenig Arbeit, notwendig war auch die Koordination mit anderen Häusern.

Ziel und Sinn der Großen Anfrage zum „Seniorinnenpolitischen Programm der Landesregierung“ war es, die Landesregierung an ihren eigenen Ansprüchen zu messen. Immerhin gilt das Programm seit 2008 und nach fünf Jahren sollte die Umsetzung in vollem Gange sein. Wir haben also die Vorhaben der Landesregierung genauer hinterfragt, wollten eine Zwischenbilanz ziehen können.

In ihren Vorbemerkungen macht die Landesregierung denn auch darauf aufmerksam, dass sich die Leitlinien weniger als Maßnahmekatalog verstehen, den es abzuarbeiten gilt, sondern vielmehr als programmatische Ausrichtung der Seniorinnenpolitik und als Angebot zur Diskussion an die verschiedenen Akteure im Land.

Allerdings spricht die Landesregierung in ihrem Vorwort zum Programm selbst von einem Handlungskonzept zur nachhaltigen Bevölkerungspolitik, dessen einer Baustein dieses Programm sei und bezeichnet es als Grundlage für die künftige Landespolitik. Fragen sollte also erlaubt sein.

Es gibt eine Reihe von Erfolgsgeschichten:

Mit dem Gesetz über Wohnformen und Teilhabe wurde ein wichtiges Reformanliegen umgesetzt. Es wurden Modellprojekte der Gesundheitsförderung erfolgreich implementiert. Es sind im Rahmen des geriatrischen Netzwerkes geriatrische Schwerpunktpraxen im ambulanten Bereich entstanden. Mit dem Breitensportkonzept und seiner Konzeption „Für ein aktives Leben – fit im Alter“ ist es den Sportvereinen gelungen, eine Reihe von Projekten zu initiieren und neue Mitglieder zu gewinnen. Elf Apotheken im Land haben das Siegel „Seniorengerechte Apotheke“ von der BAGSO erhalten.

Dem Lob folgt die Kritik aber auf dem Fuße:

In der Antwort finden sich ganze 14 Sätze aus dem Programm, die uns als Antwort auf eine unserer Fragen offeriert wurden. Die Antworten sind an zu vielen Stellen unkonkret und unverbindlich. Wahrscheinlich sind die Antworten auf unsere Fragen genau so als Angebot zur Diskussion gedacht, wie das Programm selbst. Die Antworten der Landesregierung sind immer an den Stellen am konkretesten, wenn andere agieren. Die Aktionen des Bundes im Bereich Arbeitsschutz nehmen 1,5 Seiten ein. Die Maßnahmen der DBAG und der Verkehrsunternehmen im Land bei Barrierefreiheit und Mobilität im Alter finden sich auf fast 3 Seiten. Die Aktivitäten des Sports füllen immer noch zwei Seiten. Die Landesregierung führt ihre aktive Arbeitsmarktpolitik als Beitrag zur Bekämpfung der drohenden Altersarmut an. Mal abgesehen davon, dass das Land praktisch überhaupt keine eigene Arbeitsmarktpolitik mehr leistet – und die Durchführung von ESF-Programmen ist für uns keine eigene Arbeitsmarktpolitik – wird die Niedriglohnpolitik von Sachsen-Anhalt nun wahrlich keinen Beitrag zur Bekämpfung der Altersarmut leisten.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen an vielen Stellen um einiges auseinander. Es werden Anforderungen an andere gerichtet, ohne dass die Landesregierung auch sich selbst zum Handeln  verpflichtet. Dafür stehen folgende Beispiele:

Unternehmen der Pflege und Wohnungsunternehmen werden zu Partnerschaft verpflichtet.
Auf die Frage nach Konzepten für alter(n)sgerechte Arbeit verweist die Landesregierung auf die Verantwortung der Betriebe und hat selbst dazu nicht einmal Informationen parat.
Auf die Frage nach Beratungsangeboten für ältere Menschen mit Migrationshintergrund verweist die Landesregierung auf allgemeine Beratungsangebote für Migrantinnen und weiß nicht, ob und wie sie von älteren Migrantinnen wahrgenommen werden können. Projekte für ältere Menschen mit Migrationshintergrund richten sich im Übrigen ausschließlich an Spätaussiedlerinnen.
Die Landesregierung will die Zahl der ehrenamtlichen Betreuer erhöhen und die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen, tut dazu aber genau nichts.
Der Appell an die Hochschulen zur Einrichtung eines Lehrstuhls für Geriatrie und zur Einrichtung von Studiengängen für Gerontologie verhallt weitgehend ungehört. Was will die Landesregierung tun?

Aber auch Selbstverpflichtungen werden von der Landesregierung nicht eingehalten. Und so können einige Fragen vor allem deshalb nicht beantwortet werden, weil seitens der Landesregierung gar keine konkreten Forderungen dahinter stehen.

Die Landesregierung gibt als ihr Ziel innovative, langfristig ausgerichtete Altenhilfekonzepte in den Kommunen vor, hat aber keinen Überblick darüber, ob sie existieren.
Die Landesregierung orientiert darauf, dass Netzwerke zwischen Wohnungswirtschaft, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden entstehen, hat aber keine Übersicht, ob und wie sie entstehen sollen.
Die Landesregierung will im ländlichen Raum Modellprojekte des generationenübergreifenden Wohnens etablieren, richtet seine Förderprogramme auf die Städte aus, so dass nichts passiert.
Die Landesregierung will besonderes Augenmerk auf die politische Beteiligung älterer Menschen legen, hat aber nicht mal Informationen dazu. Sie kann detailliert Auskunft über die Beteiligung von Frauen im Landesparlament geben, aber das war weder Thema der Großen Anfrage noch ist es uns unbekannt.
Das Land kündigt eine Pflege- und Wohnkonzeption an, hat aber nicht die Absicht, Maßnahmen dazu zu ergreifen.
Das Land wollte modellhafte Gesundheitsregionen schaffen – sie hat es nicht getan.

Daneben gibt es eine Reihe von Einzelfragen, die uns dazu veranlassen werden, konkreter nachzufragen.