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Sabine Dirlich zu TOP 03: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Familienförderung des Landes Sachsen-Anhalt und zur Neuordnung der Förderung sozialer Beratungsangebote

Ich glaube, ich habe den passenderen Spruch parat: Was so lange währt, wird endlich Wut. Meine Rede trägt die Überschrift „Eine unendliche Geschichte“. Ich beginne diese Geschichte ein Stückchen mittendrin, nämlich mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE.

Wir haben am 31. Mai 2011 einen Antrag vorgelegt, der ein Moratorium fordert, weil dem Prozess der Neustrukturierung Zeit gegeben werden sollte. Dieser Antrag feiert in 14 Tagen etwa seinen dritten Geburtstag. Ich glaube, dass wir damit sogar einen Rekord aufstellen. Es muss mich jemand kritisieren, wenn er dazu etwas anderes findet. Ich denke, dass dies der erfolgreichste niemals beschlossene Antrag aller Zeiten ist, weil das Moratorium bis heute hält und jetzt auch noch Gesetzeskraft erhalten soll - aber dazu später.

Die Geschichte ist wesentlich länger. Aber der Prozess, um den es hierbei geht  - auch das war einmal Beschluss des Landtages -, sollte Ende 2012 abgeschlossen sein. Das ist eine Weile her. Obwohl der Bericht der Projektgruppe, zumindest der Projektgruppe der nicht institutionell geförderten Träger, im September 2011 vorgelegen hat, gibt es bis heute keine Entscheidung.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht eigentlich erst einmal nur der nächste Schritt. Sie haben gerade so getan, als wäre das abgeschlossen, aber Sie haben den Gesetzentwurf jetzt eingebracht. Das heißt, da wird noch einiges an Beratung und noch einiges auch an Diskussionen folgen. Zumindest macht der Gesetzentwurf Hoffnung auf ein Ergebnis. Ich habe allerdings jetzt schon ein Problem damit, wenn ich mir den so anschaue, was das Ergebnis sein wird.

Das will ich an drei Punkten deutlich machen.

Der erste Punkt: das liebe Geld. Wir wissen, dass der Prozess in Gang gebracht wurde, weil weniger Geld ausgegeben werden sollte. Bei der Evaluation ist relativ schnell klar geworden, dass die Annahme, dass mit der Bevölkerungszahl auch die Probleme abnehmen, nicht eingetreten ist. Im Gegenteil: Die Problemlagen sind komplexer geworden, die Lösungswege sind schwieriger zu finden und es dauert damit sehr oft sehr viel länger, bis Hilfe gefunden wurde bzw. bis die Hilfe greifen kann.

Wenn jetzt der Status quo auch noch gesetzlich verankert oder gesetzlich vor- und festgeschrieben werden soll, dann habe ich damit erstens das Problem, dass das Gesetz im Grunde eine Kürzung enthält, weil die Tarife und die Betriebskosten seit Jahren gestiegen sind. Die Grundlage der Berechnung ist allerhöchstens das Jahr 2003. Also kann man hierbei mit Fug und Recht von einer Kürzung um mindestens 10 bis
15 % ausgehen. Es hat sich seitdem ja auch an den Zuwendungen nichts geändert. Es wird uns zweitens in der Zukunft noch schwieriger gemacht, eine Dynamisierung einzufordern, weil wir jedes Mal mehrere Gesetze ändern müssten, um das hinzukriegen, wenn Sie solch eine Zahl in das Gesetz hineinschreiben.

Zweiter Punkt: die Qualitätsstandards. Auch damit habe ich mindestens zwei Probleme. Das erste Problem ist: In der Gesetzesbegründung findet sich das Ergebnis der Evaluierung des Neustrukturierungsprozesses insgesamt fünfmal. Es wird fünfmal auf das von der Liga entwickelte Konzept der integrierten psychosozialen Beratung verwiesen. In dem Gesetzestext fehlt der Begriff. Darin wird das irgendwie umschrieben und der Begriff fehlt völlig, was aus meiner Sicht die Frage aufwirft: Was soll das? Oder - Artikel 10 des Rheinischen Grundgesetzes -: Wat soll dä Quatsch?

Wir haben gesagt und haben auch eingefordert in unserer Beschlussempfehlung, die wir übrigens schon im April 2013 vorgelegt haben, dass der Landtag das Ergebnis der langjährigen Arbeit der Träger nicht nur zur Kenntnis nehmen darf, sondern es auch anerkennen muss. Das geschieht in dem Gesetzestext zumindest nicht. Die Begründung wird meines Wissens nicht beschlossen. Zum Zweiten ist es fraglich, ob das Modell der integrierten psychosozialen Beratung auch bei Fällen mit akutem Hilfebedarf überhaupt funktioniert. Multiprofessionelle Teams zusammenzurufen dauert unter Umständen viel zu lange und ist nicht immer notwendig. Das aber macht § 20 Abs. 5 des Gesetzentwurfes zur Voraussetzung, wenn er fordert, dass in jedem Fall zunächst einmal sämtliche Träger einbezogen werden sollen, um den Hilfebedarf festzustellen. Also nur in diesem einen Punkt.

Schauen Sie sich die Punkte 2 und 3 genauer an, darin wird in jedem Fall gefordert, dass hier multiprofessionelle Teams auftreten. Möglicherweise ist das in Ihrem Gesetzentwurf so nicht intendiert, es steht aber so darin.

Dritter Punkt: die Verteilung. Für mich und für unsere Fraktion ist es ein Widerspruch, wenn von den Kreisen auf der einen Seite eine Jugendhilfe- und Sozialplanung verlangt wird, übrigens eine Jugendhilfe- und Sozialplanung in Richtung des Landkreistages, die in § 18 SGB VIII bereits eingefordert wird, also durchaus keine neue Aufgabe ist. Es ist aber zumindest ein Widerspruch, wenn auf der einen Seite so eine detaillierte Planung eingefordert wird und auf der anderen Seite einfach nur die Einwohnerzahlen zugrunde gelegt werden. Das hat nichts damit zu tun, dass man auf die Planungen eingehen will. Das hat nichts damit zu tun, dass man zum Beispiel auch den Unterschied in der Erreichbarkeit von Einrichtungen auf dem Lande und in der Stadt zu berücksichtigen hat.