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Monika Hohmann zu TOP 4: Aktuelle Debatte ‐ Schulsozialarbeit in Gefahr ‐ Ein echtes Landesprogramm jetzt umsetzen

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin seit 2011 Mitglied des Landtages. Seitdem diskutieren wir in jeder Wahlperiode über die Notwendigkeit der Schulsozialarbeit. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und nachgezählt, wie oft wir über die Schulsozialarbeit hier im Hohen Haus diskutiert haben. Was schätzen Sie denn?

Wir haben 23 mal das Thema im Plenum diskutiert. Zwar waren die meisten Anträge von meiner Fraktion eingereicht worden, doch einen entscheidenden Antrag habe ich doch noch von der damaligen Koalition der 7. Wahlperiode gefunden. Er stammt aus dem Jahr 2018 und feiert demnächst seinen 5. Jahrestag. Es ist der Antrag Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Drucksachennummer 7/3724 vom 13.12.2018. Die Überschrift lautete: „Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt durch ein Landesprogramm verstetigen“.

Wir haben damals unter Punkt 2 folgendes beschlossen: „Der Landtag bittet die Landesregierung, ein langfristiges Landesprogramm zur Fortführung der Schulsozialarbeit ab dem Schuljahr 2020/2021 zu entwickeln, das eine nachhaltige Finanzierung ermöglicht. Darin sollen Leitlinien zur Definition von Grundsätzen, Zielen und Methoden von Schulsozialarbeit entwickelt werden. Bei der Erarbeitung des Konzepts sind sowohl die freien und kommunalen Träger, die landesweite Koordinierungsstelle, die 14 regionalen Netzwerkstellen, als auch die Kommunen und kreisfreien Städte zu beteiligen“.

Nach 5 Jahren können wir feststellen, dass wir im Bezug eines Landesprogramm nicht einen Schritt weitergekommen sind. Das haben auch die Fachkräfte der Schulsozialarbeit in unserem Bundesland zur Kenntnis genommen. Viele von ihnen haben das Vertrauen verloren, doch noch einen unbefristeten Vertrag in einem Landesprogramm zu erhalten. Sie haben sich bereits jetzt schon von der Schulsozialarbeit verabschiedet und sind in andere unbefristete Stellen gewechselt. Zum 01.09.2023 konnten von den 380 ESF geförderten Stellen 25 nicht besetzt werden. Was ich Ihnen sagen möchte, wenn wir nicht jetzt den Schulsozialarbeiter*innen eine Perspektive nach dem 2. Förderzyklus anbieten, dann verlieren wir weitere Fachkräfte, ähnlich wie bei dem Lehrer*innen, wo wir viel zu spät reagiert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

warum scheitern wir an einem Landesprogramm?  Aus unserer Sicht liegt es daran, dass nicht geklärt ist, wo die Schulsozialarbeit verortet werden soll. In der letzten Petitionsausschusssitzung vergangener Woche hatten wir mehrere Petitionen zum Erhalt der Schulsozialarbeit auf der Tagesordnung. In der Stellungnahme aus dem Bildungsministerium hieß es, dass Schulsozialarbeit im SGB VIII geregelt und demzufolge eine Leistung der Jugendhilfe ist. Weiter ging aus dem Papier hervor, dass das Land den Kommunen jährlich 8 Millionen Euro zur Förderung der Kinder- und Jugendarbeit gewährt. Diese Mittel sind im KJHG §31 geregelt. Sie machen 70% der Finanzierung der Maßnahmen von §11 bis 14 SGB VIII aus. Nimmt man noch die 30% Kofinanzierung der Kommunen dazu, kommt man auf ca. 11,4 Millionen Euro. Sollte der kommunale Eigenanteil von 20% für die Schulsozialarbeit aus diesem Topf verwendet werden, würde dies eine Halbierung der Kinder- und Jugendarbeit im Land bedeuten, Und das meine Damen und Herren, kann ja wohl nicht gewollt sein.

Sehr geehrte Damen und Herren,

solange wir das Problem der Zugehörigkeit, also welches Ministerium ist zuständig, nicht geklärt haben, kehren uns die wertvollen Fachkräfte den Rücken. Meine Kollegin Nicole Anger hat vor geraumer Zeit den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst genau zu diesem Thema befragt. Ich zitiere den aus meiner Sicht entscheidenden Passus:

„Darüber hinaus wird den Ländern die Entscheidung überlassen, wo diese Regelungen getroffen werden, ob also eine Verortung im Regelungsbereich zur Kinder- und Jugendhilfe oder im Regelungsbereich der Schule vorgenommen wird. Dies ergibt sich aus §13a Satz 4 SGB VIII, wonach durch Landesrecht auch bestimmt werden kann, dass Aufgaben der Schulsozialarbeit durch andere Stellen nach anderen Rechtsvorschriften erbracht werden“.

Das heißt für uns hier im Plenum, dass wir eine Entscheidung herbeiführen müssen. Wollen wir die Zuständigkeit im KJHG oder im Schulgesetz verankern?

Sehr geehrte Damen und Herren,

bereits im ersten Förderzyklus für das ESF+- Programm „Schulerfolg sichern“ konnten wir 14 landesgeförderte Stellen auf die Landkreise verteilen, bei denen aufgrund zurückgegangener Schülerzahlen, weniger ESF-Stellen zur Verfügung standen. Das war eine sehr gute Entscheidung des Parlamentes. Leider habe ich diese Stellen im Haushalt 2024 nicht gefunden. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir in den Haushaltsberatungen eine Lösung finden werden, damit die Arbeit vor Ort fortgesetzt werden kann.

Am 30. September endet die Antragsfrist für die Einreichung der Konzepte für den zweiten Förderzyklus. Danach werden wir wissen, welche Kommunen eine verbindliche Zusage über die Finanzierung ihres Eigenanteils in Höhe von 20% abgegeben haben. Sollten mehrere Landkreise oder Kreisfreie Städte aufgrund ihrer Haushalte Probleme haben, diesen Anteil zu erbringen, müssen wir uns ernsthaft Gedanken machen, wie wir dabei unterstützen können. Vielleicht ist eine Anrechnung der eigenen kommunalfinanzierten Stellen möglich. Was wir auf keinen Fall zulassen dürfen, ist der Wegfall der Schulsozialarbeit aus diesen Regionen. Dazu ist sie zu wichtig!

Auch wenn wir heute keine Beschlüsse fassen, da es eine Aktuelle Debatte ist, kann ich Ihnen jetzt schon verraten, dass wir das Thema Schulsozialarbeit zeitnah in den Ausschüssen Bildung und Soziales beraten werden. Dank der Petitionen aus den kreisfreien Städten und der Stadt Hettstedt aus dem Landkreis Mansfeld Südharz.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch eine Bitte an die Landesregierung richten. Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass die Schulträger bei der Juryentscheidung ihrer eingereichten Prioritätenlisten als beratendes Mitglied anwesend sein können. Das stellt Transparenz und Vertrauen her.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!