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Jan Wagner zu TOP 21: Open Educational Resources (OER) fördern

„Medienbildung gehört zum Bildungsauftrag der Schule, denn Medienkompetenz ist neben Lesen, Rechnen und Schreiben eine weitere wichtige Kulturtechnik geworden.“ Dieser vermeintlich triviale Satz stammt nicht von mir, sondern wurde von der Kultusministerkonferenz 2012 in ihrem Papier „Medienbildung in der Schule“ formuliert.

Weil durch die Vernetzung und durch die Digitalisierung heutige Medien sich
unlängst zu einer neuen Kulturtechnik entwickelt haben, steht die Frage im Raum, wie wir besonders unsere Schülerinnen und Schüler mit dieser Kulturtechnik betrauen. Wir wollen dabei darauf achten, dass der hohe Anspruch an die Persönlichkeitsbildung auch bei der Medienbildung erhalten bleibt. Das ist das zentrale Bildungsziel, welches DIE LINKE bei der Implementierung der Medienbildung im Schulbereich formuliert.

Ein Beispiel, an dem deutlich wird, wie schwierig das mit der Vernetzung insgesamt ist, will ich darlegen. Es ist durchaus so, dass es für Politik und Verwaltung tatsächlich schwer ist, auf gesellschaftliche Umwälzungen unverzüglich oder vielleicht auch nur schnell zu reagieren.

Zur Frage Digitalisierung im Schulbereich gab es im Jahr 2012 eine Debatte. Diese wurde kurz geführt. Diese wurde bundesweit geführt. Dabei ging es um das Urheberrecht im Schulbereich, weil die Länder mit Verwertungsgesellschaften vereinbart hatten, einen Schultrojaner in den Schulen zu nutzen.

DIE LINKE hatte im Zuge dieser Debatte einen Antrag eingebracht und nicht nur den Stopp des Schultrojaners gefordert. Die Forderung nach freien Bildungsmaterialien fand sich schon damals im Antrag wieder. Zugegebenermaßen war sie damals noch nicht in der Form formuliert, wie wir das heute machen können. Das Schlagwort Open Educational Resources bestand natürlich schon damals. Aber das, was in den letzten drei Jahren unter dem Fachbegriff OER erarbeitet wurde, ist durchaus beachtlich.

Auf einem Weltkongress zu Open Educational Resources der Unesco im Juni 2012 formuliert sie den Anspruch, weltweit OER voranzutreiben. Die Unesco formuliert hierbei zehn Ziele: die Bekanntheit und Nutzung von OER zu fördern, günstige Rahmenbedingungen für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien zu schaffen, die Entwicklung von OER-Strategien und Regelungen zu verstärken, das Verständnis und die Nutzung offener Lizenzen zu fördern, den Kapazitätsaufbau für die nachhaltige Entwicklung hochwertiger Lehrmaterien zu unterstützen, strategische Allianzen zugunsten OER zu fördern, die Entwicklung und Bearbeitung von OER in einer Vielzahl an Sprachen und kulturellen Kontexten anzuregen, Forschung zu OER anzuregen, das Auffinden, Abrufen und Verarbeiten von OER zu erleichtern und offene Lizenzen für öffentlich finanzierte Bildungsmaterien zu fördern.

Im Jahr 2013 veröffentlichte die deutsche Unesco-Kommission den Leitfaden „Was sind Open Educational Resources? Und andere häufig gestellte Fragen zu OER“. Die für die oberste Schulbehörde wohl wichtigste Schrift beschloss die Bund-Länder Arbeitsgruppe zu OER im Januar dieses Jahres. Dabei motiviert die Arbeitsgruppe OER wie folgt: „Vor allem aber ermöglichen OER einen einfachen Austausch von Materialien unter Lehrenden und Lernenden und können so eine deutliche Erleichterung bei der Vorbereitung von Schulstunden, Vorträgen, Seminaren usw. sein. Durch das gemeinsame Arbeiten an den Materialien kann ein motivierendes Gemeinschaftsgefühl aufgebaut werden. Mit der Weiterverarbeitung von Materialien erfahren die Ersteller oder Bearbeiter von Materialien Wertschätzung für ihre Arbeiten. Zugleich erwerben die Lernenden Fähigkeiten zum Bewerten und zum kritischen Umgang mit Materialien aus dem Internet.“

Auch beschließen Bund und Länder in dem Papier: „Die Potenziale von OER sollen auch für Deutschland gezielt nutzbar gemacht werden.“ Hierin hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Recht. Letztlich gibt das „Bündnis für freie Bildung“ im Februar dieses Jahres noch ein Positionspapier heraus, das dezidiert auf die Schulsituation in Deutschland eingeht.

Sie sehen also, es ist in der letzten Zeit wirklich viel passiert. Es wird Zeit, diese Entwicklung nach Sachsen-Anhalt zu holen. Bevor ich unseren Antrag näher begründe, erlauben Sie mir noch einige wenige Zitate aus anderen Papieren, in denen man sich im Vorfeld damit beschäftigt hat.

Der Bundestag hat in der letzten Legislaturperiode die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ einberufen und in einer Unterarbeitsgruppe einen Zwischenbericht verfasst, der sich ausdrücklich auf die Medienkompetenz stützt und den Ländern natürlich Handlungsempfehlungen gibt, weil wir in den meisten Fragen die Hoheit haben.

Zwei Zitate. Das erste Zitat lautet: „Technische Fähigkeiten sollten dabei technologieneutral und unabhängig von Herstellern vermittelt werden.“ Das war Konsens im Bundestag. Das zweite Zitat. Förderung des Peer-to-Peer-Lernens: „Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern, Rahmenbedingungen für selbstständiges medienbezogenes Handeln zu schaffen. Dabei sind sowohl Räume für formelle als auch informelle Bildungsprozesse vorzusehen.“

In einem Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2012, den ich zu Beginn zitiert hatte und der mit „Medienbildung in der Schule“ betitelt ist, heißt es darüber hinaus weiter: „Wichtiges Ziel der Medienbildung ist die altersangemessene Fähigkeit, das wachsende Medienangebot kritisch zu reflektieren, daraus sinnvoll und bedürfnisbezogen auszuwählen und Medien sowohl für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit als auch für die individuelle Lebensgestaltung angemessen kreativ und sozial verantwortlich zu nutzen.“

Ich komme nun zum Antrag im Konkreten. In Punkt 1 möchte DIE LINKE, dass sich der Landtag im Grundsatz positiv zur Pariser Erklärung der Unesco sowie auf den Bund-Länder-Bericht bezieht. Der Verzug, den Politik und Verwaltung angesichts der sehr schnell ändernden gesellschaftlichen Bedingungen natürlicherweise hat, habe ich schon dargestellt. Es bietet sich an, dass das Land aber dann jene, die bereits in den letzten Jahren verstärkt am Thema freie Bildungsmaterialien gearbeitet haben, als Partner des Landes zu gewinnen.

Daher fordern wir im zweiten Punkt, die Zusammenarbeit mit dem „Bündnis für freie Bildung“ zu suchen. Ob das - ähnlich wie bei dem Eintritt in das „Bündnis für Bildung" - in einen Eintritt mündet, soll diese Zusammenarbeit zeigen.

Drittens. Die heute in Rede stehenden Bildungsziele lassen sich aus meiner Sicht nur schwer mit den Partnern des „Bündnisses für Bildung“ erreichen. Ich habe darüber hinaus wenig beobachten können, wie die Mitgliedschaft des Landes - nicht nur des Kultusministeriums, sondern des gesamten Landes - im Hinblick auf die Bildungsziele nützt, sodass ein Austritt aus meiner Sicht doch unschädlich ist.

Im vierten Punkt wollen wir einen konkreten Vorschlag der unterschiedlichen Handlungsempfehlungen herausnehmen, weil aus unserer Sicht die Frage nach einer neuen digitalen Lernkultur an unseren Schulen im Wesentlichen an einem Punkt krankt. Das ist das noch nicht flächendeckende Bewusstsein dieser Herausforderung vor Ort. Wir müssen also als Land, welches sich grundsätzlich für OER ausspricht, einen Hebel nutzen, um OER bekanntzumachen. Beliebt wird es - darin bin ich mir sicher - dann von allein. Dieser Hebel soll sein, einen Wettbewerb zu den Materialien auszuloben. Am Ende steht sogar die Möglichkeit, dass Sachsen-Anhalt im Länderkonzert tatsächlich einmal die berühmte Spitze der Bewegung sein könnte. Dann wäre die Rückkoppelung in den Gremien der KMK naheliegend. Das ist die Forderung in unserem fünften Punkt.

Natürlich ist dieser Antrag auch eine Redaktion auf die rasante Gegenentwicklung in Sachsen-Anhalt seit der CeBIT. DIE LINKE war dazu bereits im April 2015 parlamentarisch aktiv. Ich möchte aus dieser Debatte noch einmal zwei Aspekte betonen:

Erstens. Wir haben im Land Infrastruktur und Köpfe, die das Thema Medienbildung in der Schule voranbringen. Wir haben den Landesbildungsserver. Dieser ist sogar ein Teil der EOR-Suchmaschine Elixier. Es liegen bereits digitale Lehrmaterialien vor. Der tatsächliche Arbeitsaufwand, um mit OER zu starten, ist nicht mehr so hoch.

Zweitens. Wir haben ausgebildete Medienpädagogen, die im Vorfeld des Abkommens mit Microsoft nicht konsultiert worden waren. IT-Ausstattungen als notwendige Herausforderung ist das eine, Personen, die eine digitale und gegebenenfalls mit Mitteln informeller Bildung oder der Einbeziehung von Peer-to-Peer-Lernprozessen leisten, sind das andere.

Deswegen sage ich auch: DIE LINKE weiß, dass Infrastruktur - sowohl in technischer Hinsicht als auch verfügbare Lehr-/Lerninhalte - allenfalls die notwendige Grundlage moderner Medienbildung ist. Wir werden also an den Themen Medienkompetenz in der Lehrerausbildung und der -fortbildung sowie im außerschulischen Bildungsbereich genauso dran bleiben.

Ich freue mich, mit Ihnen über dieses Thema im Ausschuss für Bildung und Kultur diskutieren zu können. Wir brauchen kollaboratives Arbeiten im Schulbereich. Wir brauchen ein vielfältiges Angebot an Bildungsmaterialien und Maßnahmen, die sich von unseren Bildungszielen ableiten. Mithin brauchen wir in Sachsen-Anhalt OER.