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Jan Wagner zu TOP 14: Strategien zum schnellen Internet

Zur Strategie zum schnellen Internet und der Versorgung unseres Bundeslandes mit Breitbandanschlüssen liegen uns heute gleich drei Anträge vor. Das zeigt, dass das Thema aktuell ist. Das zeigt, dass das Thema wichtig ist. Und das zeigt, dass sich alle Fraktionen mit dem Netzausbau in Sachsen-Anhalt beschäftigen und diesen voran bringen wollen.

Nach der aktuellen so genannten „(N)Onliner-Studie“ ist Sachsen-Anhalt das deutsche Bundesland mit den wenigsten Nutzern im Internet. Nur 64,2% der Sachsen-Anhalter sind online. Zum Vergleich: Schleswig-Holstein 74,1%, Bayern 75,3%, Niedersachsen 76,5% - Länder, die ebenso wie wir ländlich geprägt sind.

Damit nicht genug - Sachsen-Anhalt hat sich im letzten Jahr auch kaum nach vorn bewegt. Während Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern auch nicht mit den Zahlen aus Schleswig-Holstein, Bayern und Niedersachsen aufwarten können, so zeigen sie mit positiver Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren auf, dass sie bemüht sind, die Zahl der Onliner zu erhöhen, auch durch Netzausbau.

Dass das Netz heutzutage zum Alltag gehört, wird keiner von uns ernsthaft bestreiten können. Wir informieren uns schneller, dafür über mehrere Kanäle; haben Kontakte in sozialen Netzwerken, suchen und finden Arbeitsplätze, kaufen ein und buchen unseren Urlaub. Wir überweisen Rechnungen und nutzen Entertainmentangebote im Netz.
Jetzt lautet die spannende Frage, wie wir es gestalten, dass diese von mir soeben beschriebene Erfahrung nicht die Erfahrung einzelner ist, sondern potenziell die Erfahrung eines jeden sein kann. Sprich: Wir müssen festlegen, was wir als Land unternehmen, um jeden Menschen in Sachsen-Anhalt in die Lage zu versetzen das Gut an öffentlicher Daseinsvorsorge auch faktisch wahrnehmen zu können.

Für DIE LINKE steht fest, dass das Recht auf einen schnellen Internetzugang besteht, wie es bereits das Recht auf eine qualitative Wasser- und Stromversorgung ist. Internet ist ein Grundrecht. Internet ist ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Vor diesem Hintergrund habe ich mich sehr geärgert, dass Herr Staatsminister Robra in einem Interview in der Volksstimme verlauten ließ, er führe so genannte weiße Flecken bei der Netzversorgung im ländlichen Raum auf soziale Aspekte zurück und meinte, dass Menschen, die im ländlichen Raum leben eigentlich kein gesteigertes Interesse an der Nutzung des Internets hätten.

Diese Argumentation ist nicht nur gefährlich, da sie eine grundlegende Unterstellung beinhaltet, wir halten sie auch für falsch. Nach Ansicht der LINKEN ist in vielen Regionen gezeigt, dass sich die Menschen erst dann mit dem Internet beschäftigen und es kennen lernen, wenn sie überhaupt die Möglichkeit haben auch tatsächlich zu vertretbaren Preisen schnell ins Netz zu kommen.

Das Argument, gerade Ältere gingen nicht online, stimmt. Aber es stimmt nur, wenn man die Internetnutzung mit Jüngeren vergleicht. Vergleicht man die Menschen über 50 Jahren bei ihrer Nutzung so stellt der „(N)Onliner-Atlas“ 2011 fest, dass insbesondere der Osten und wiederum vor allem Sachsen-Anhalt von dem Phänomen betroffen ist, dass nur 74% der über 50-Jährigen relativ zum Bundesschnitt online gehen. Das kann zwei Gründe haben. Erster: Ältere Menschen in Sachsen-Anhalt haben im Gegensatz zu anderen Ländern bedeutend geringen Grund online zu sein, oder der Netzausbau ist nicht hinreichend vorangeschritten. In vollem Vertrauen an die „Generation 50+“ komme ich zum Schluss, es muss an letzterem liegen.

Schauen wir einmal, wie bis heute der Ausbau mit schnellen Internetverbindungen in Sachsen-Anhalt von Statten ging. Noch 2008 stellte der damalige Wirtschaftsminister Dr. Reiner Haseloff fest, dass der Netzausbau keine Priorität in den Planungen des Landes Sachsen-Anhalt habe. Weiße Flecken versuchte man via Satellit abzudecken, unabhängig des Kostenfaktors.

Durch öffentlichen Druck ist 2009 die so genannte Breitbandstrategie des Landes beschlossen wurden. Demnach sollte Ende 2010 feststehen, wie das Land flächendeckend mit mindestens 1 Mbit/s versorgt werden könne. Darüber hinaus greifende Planungen der Bundesregierung geben das Ziel aus, 75% der bundesdeutschen Haushalte mit Anschlüssen von mindestens 50 Mbit/s zu versorgen. Dieses Ziel hob vor der „Sommerpause“ auch der Minister für Landeswirtschaft und Umwelt hervor, was der Anlass war für den Herrn Staatsminister Robra selbst das Minimalziel des Ausbaus von Breitbandanschlüssen zu verschieben.

Der Status Quo ist, dass gerade jene, die seit Jahren anhand der Versprechungen durch die Breitbandstrategie und durch Aussagen aus Reihen der Landesregierung auf einen schnellen Ausbau der Netzstrukturen hofften, enttäuscht werden. Das kann ich bestens nachvollziehen.

Wie soll es nun weitergehen? Aus unserer Sicht ist es zwingend notwendig aus den Erfahrungen der letzten Jahre Kapital zu schlagen und so schnell wie möglich eine neue Strategie zu entwickeln, wie die einst gesetzten Ziele nun schnell umgesetzt werden können. Wir sagen dabei klar, dass wir bei der Festsetzung dieser Strategie nicht mehr nur auf Breitband setzen können. Auch andere, moderne Kommunikationsübertragungstechnologien sind zu nutzen. An erster Stelle seien Fiberoptik und Funk genannt.

Wir stimmen einer jährlichen Berichterstattung in den Ausschüssen für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien und Wissenschaft und Wirtschaft allein schon deswegen zu, um bei der diesem Thema anhängende stark wachsende Marktlage stets neu über einzelne Punkte der Strategie beraten zu können.

Lassen Sie mich auf einige konkrete Punkte eingehen. Zunächst stelle ich mit großer Freude fest, dass sowohl CDU und SPD und auch DIE LINKE in ihren Anträgen formulieren, dass sie das Ziel, schnellstmöglich hinreichend schnelles Internet in Sachsen-Anhalt flächendeckend zu gewährleisten, konsequent verfolgen. Dieses Signal halte ich für wichtig, gerade in Anbetracht der ungünstigen Ausstrahlung das Thema betreffen in der letzten Zeit.

Wir erachten es als unabdingbar, dass neben Breitband auch neuere Techniken in diese Strategie mit einfließen müssen. Ich hatte das bereits angedeutet. Der Zugang zum Netz wird sich mit aller Voraussicht in den nächsten Jahren auf viele unterschiedliche Verfahren vollziehen. Darauf muss auch die Netzinfrastruktur vorbereitet sein.
In unserem Antrag haben wir die Landesregierung aufgefordert die politischen Folgen der Priorisierung von Daten im Netz einzuschätzen. Da Rentabilitätsargumente regelmäßig Gehör finden, wenn Netzausbauer das ein oder andere Engagement mit Geringeinnahmen begründen und zeitgleich ein Güteklassenmodell zum Ausgleich ins Spiel bringen, müssen wir uns als Parlament an diesem Punkt eben auch mit der Datenpriorisierung beschäftigen.

Ich habe zu dieser eine eindeutige Meinung. Ich würde sie gerne mit der Regierung zum gegebenen Zeitpunkt debattieren, vermisse aber eine prinzipielle Stellungnahme zur Priorisierung von Daten im Netz. Ohne diese Stellungnahme besteht sowieso die Gefahr, dass das neue Konzept hin zum schnellen Netz mit der Möglichkeit zur Priorisierung die Prinzipien der Netzneutralität aufkündigt, was DIE LINKE strikt ablehnt.
Interessant ist dabei auch die Debatte um die Beschränkung von Bandbreite auf Up- und Downstreams. Diese Entwicklung kann man kritisieren, man kann sie als nutzerfreundlich darstellen. Beides ist möglich. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass eine Aufhebung der vertraglich festgelegten Bandbreiten bzw. deren Trennung in Up- und Downstream oft nicht notwendig ist und dann ggf. sogar abschreckend wird, besonders bei kleineren mittelständigen Betrieben, die ihre Leistung auch im Netz von vor Ort leisten wollen oder viele Selbstständige, für die eine schnelle Kommunikation eben nicht primär unidirektional stattfindet.

Die Fraktion Bündnis '90/Die Grünen verlangen in Ihrem Antrag, die Kompetenzen für den Netzausbau zu bündeln, in diesem Fall im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr. Wir haben prinzipiell nichts gegen eine Bündelung, solange diese innerhalb der Ministerien bleibt und nicht in Breitbandzentren o.ä. versteckt wird. Wir machen uns aber auch keine gesonderte Hoffnung, dass diese Bündelung auf der politischen Ebene gerade jene Entscheidungen bringen wird, die wir hier heute mit unseren Anträgen auch fordern.
Den Antrag der Koalitionsfraktionen interpretiere ich als eine „Mischung“ der Anträge von Bündnisgrünen und LINKEN – Sie mögen mir widersprechen, so ich denn in dieser Frage irrte.

Neben deckungsgleichen Punkten fiel mir im Antrag der Koalition auf, dass sie das Thema der gemeinsamen Infrastrukturnutzung ebenso mit in die Planung aufnehmen möchte. Dieser Schritt ist zu begrüßen. Sie nennen es „Infrastruktursharing“. Das hieße, dass verlegte Infrastruktur prinzipiell auch für die allgemeine Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden könnte. Das muss im Konkreten natürlich genau spezifiziert werden, der Weg ist aber ein Richtiger.

Letztlich haben wir es an diesem Punkt mit Anträgen zu tun, die eine klare einheitliche Grundtendenz aufzeigen und unterschiedliche Schwerpunktsetzungen treffen und vielleicht hier und da unterschiedliche Meinungen der Fraktionen darlegen.
Wenn wir uns einig sind, dann lassen Sie uns diesen wesentlichen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge voranbringen, die wir in den jeweiligen Ausschüssen konkretisieren können.

Das Internet ist einer der wichtigsten sozialen Räume unsere Zeit, es ist nach wie vor Zukunftstechnologie und es ist Daseinsvorsorge. Sachsen-Anhalt muss aufholen – das Parlament steht geeint hinter diesem Ziel, nun ist die Regierung gefordert.