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Hans-Jörg Krause zu TOP 05: Bestandsobergrenzen für Tierhaltung einführen

Der Antrag ist die logische Konsequenz aus den öffentlichen Debatten, die in den zurückliegenden Monaten oder gar Jahren um  Tierbestandskonzentrationen, Haltungsbedingungen und insbesondere auch um bestimmte Fehlentwicklungen z. B. in der Schweinehaltung um den Schweinemäster Straathof geführt worden sind. Es war also überfällig sich dieser Thematik anzunehmen.
Und, dass wir uns auch gleich in der ersten Sitzung des neuen Jahres mit dieser Frage befassen, auch das wird für Sie, meine Damen und Herren insbesondere von der CDU Fraktion, keine Überraschung gewesen sein.

Überrascht waren wir, war ich, als der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Herr Haseloff, angesichts des Skandals um den Schweinemäster Straathof, sich kurz vor Weihnachten – es war wohl am 18.12.2014 - medienwirksam für Bestandsobergrenzen in der Tierhaltung aussprach. Ich sage es an dieser Stelle unumwunden: Obwohl ich denke, genug Selbstbewusstsein zu haben, ist es doch eine angenehme Erfahrung, wenn man Unterstützung erfährt zu einem Zeitpunkt, zu dem man am wenigsten damit gerechnet und von einem Politiker, von dem man es am wenigsten erwartet hat.

Bedauerlich ist, dass der Mut für die öffentliche Propagierung dieser vernünftigen, wenn bei manchen auch umstrittenen Forderung erst dann aufgebracht wurde, als das Kind schon im Brunnen lag, nachdem die Auseinandersetzung jetzt mit Straathof geführt wird und nachdem wir eine ausgiebige Debatte über die Situation der Schweinehaltung hier im Landtag geführt haben. Wir können für uns jedenfalls verbuchen, dass wir die Einführung von Obergrenzen seit Jahren fordern. Jedoch sind unsere Initiativen von den Koalitionsfraktionen immer wieder ignoriert, abgelehnt und von Minister Aeikens politisch kompromittiert wurden. Ich hoffe nur, dass das jetzt von ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, anders gesehen wird. Handlungsbedarf gibt es allemal, wie Ihr Ministerpräsident selbst signalisiert hat.

Wenn wir über Obergrenzen sprechen, dann reden wir nicht über einheitliche, starre Bestandsgrenzen  für alle Investitionsvorhaben.  Wir sprechen von territorial ausgerichtete Bestandsgrößen bzw. zulässige Tierkonzentrationen, also von Bestandsgrößen, die sich an den regional vorherrschenden natürlichen Bedingungen messen lassen. Zulässig ist nur so viel Tierhaltung,  wie ein Standort und eine Region vertragen.  Dabei müssen Fragen der Besiedlung oder Vorranggebiete für Tourismus unbedingt Berücksichtigung finden, wie die Zweckmäßigkeit zur Vermeidung von Lebendvieh-, Gülle- und Futtertransporten.

Es geht um die verfügbare Flächenkapazität für die Sicherung der Versorgung mit Futter aus eigenen Aufkommen sowie um eine nachhaltige und vor allem schadlose Ausbringung von Gülle und landwirtschaftlichen Reststoffen. Eine an den Boden gebundene Tierhaltung, die wieder einem gesunden Verhältnis von Boden – Pflanze – Tier – Boden und damit den Anforderungen an einer wissenschaftlichen Fruchtfolge als „hohe Schule der Landwirtschaft“ gerecht wird, das muss das Ziel sein, dafür muss der Weg geebnet werden!

Ja, Sachsen-Anhalt hat bezüglich der Erhöhung der Tierbestände noch Reserven. Die können wir aber nicht erschließen, indem wir den Tierbestand an einigen wenigen Standorten konzentrieren. Wir sind für eine flächendeckende Landwirtschaft, die Arbeit und Auskommen im ländlichen Raum sichert und mehr Transparenz und öffentliche Kontrolle auch zum Wohl der Tiere mit sich bringt.

Eine so flächengebundene örtlich getragene Tierhaltung eröffnet auch ganz objektiv größere Möglichkeiten der öffentlichen Kontrolle und der Mitbestimmung. Wachsender Imageverlust der Landwirtschaft und die mangelnde Akzeptanz unter großen Teilen der Bevölkerung ist doch vor allem dort zu beklagen, wo Investoren weder Bindung zum Boden noch zu den Menschen vor Ort haben. Es sind nicht der Milchviehstall in Pretzier mit 500 Plätzen oder die15.000er Schweinemastanlagen in Loburg die dem Image der Landwirtschaft zu schaffen machen, sondern das sind die uns hinreichend bekannten Investoren, die ohne Beachtung der regionalen ländlichen Bedingungen und bei Missachtung der Anforderungen für das Tierwohl alles unternehmen um Gewinnmaximierung und Marktbeherrschung zum Maßstab ihres unternehmerischen Handelns machen und dabei Gesetze missachten und der Landwirtschaft großen Imageschaden zufügen.

Ich möchte hier zum Schutz der Landwirtschaft ausdrücklich differenzieren zwischen unseren bodengebundenen Landwirten und dem Wildwuchs von gewerblichen, nicht landwirtschaftlichen Schweinemästern. Trotzdem geht es uns nicht darum, nur auf schwarze Schafe zeigen zu wollen oder auf Rechtsverletzer in einer ansonsten agrarpolitisch heilen Welt aufmerksam zu machen. Wir müssen uns sehr wohl um die Rahmenbedingungen kümmern, unter denen die Landwirte ihr Auskommen bestreiten.
Dazu gehören eben auch restriktive Maßnahmen wie zum Beispiel Obergrenzen. Die Debatte ist dann natürlich weiterzuführen über die Qualität der Tierhaltung, die Tiergesundheitsvorsorge und die konkrete Situation vor Ort.  Ganz wichtig ist, dass wir uns mit Blick auf Verarbeitung, Handel und Preisgefüge mit der ungerechten Marktordnung auseinandersetzen, die soziales und ökologisches Handeln zum betriebswirtschaftlichen Risiko in Tierhaltungsbetrieben werden lässt. Deshalb gehört eine gerechtere Gewinnverteilung vom Stall bis zum Supermarkt in diese Debatte. Dann müssen Lebensmittel auch nicht zwangsläufig teurer werden, wenn Tiere unter besseren Bedingungen gehalten werden.

Ja, als DIE LINKE setzen wir uns auch hier für den Tierschutz ein. Auch Nutztiere haben ein Recht darauf, nicht wie eine Sache, sondern wie lebende Geschöpfe behandelt zu werden. Wir setzen uns auch dafür ein, dass dieses Recht notfalls eingeklagt werden kann.

Gleichzeitig Sagen wir auch ganz deutlich: Wir möchten nicht nur über das Wohl der Tiere in den Ställen diskutieren, sondern auch über das Wohl der Menschen, die in den Ställen und mit den Tieren arbeiten. Moderne Agrarstrukturen mit Agrarbetrieben in optimalen Größenordnungen bieten akzeptable Arbeitsbedingungen, unter denen gut ausgebildete Landwirte gerne arbeiten, weil sie gleichzeitig auch mit einer fairen Vergütung rechnen können.