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Guido Henke zu TOP 06: Künftige Struktur des Landesbetriebes Bau (LBB) und des Landesimmobilienmanagements Sachsen-Anhalt (LIMSA)

Zwei Wochen bevor das Kabinett den Gesetzentwurf verabschiedete, erarbeitete die Fraktion DIE LINKE den vorliegenden Beschlussantrag, um

  1. eine effiziente Arbeitsstrukturen in Bau- und Immobilienverwaltung des Landes zu gewährleisten,
  2. die Kontrollrechte des Landtages zu sichern,
  3. die Mitwirkungsrechte des Personalrates einzuhalten und
  4. den Grundsätzen der LHO (Landeshaushaltsordnung) den gebührenden Rang einzuräumen.

All das ist mit dem Gesetzentwurf der Regierung nicht gegeben, deshalb werbe ich vorab um Zustimmung zu unserem Antrag.

Nach der Pressemitteilung aus der Staatskanzlei vom 27. September 2011 verstolperte sich jemand, denn die Pressestelle des Finanzministeriums veröffentlichte am 28. September 2011 einen fast identischen Text. Verschämt und unkommentiert waren nun die Worte von „einer möglichen Anstaltslösung geplant nach einem Konzept in einem zweiten Schritt“ ergänzt. Transparenz geht anders, und im Informationssystem der Landesregierung gab es bis heute keine Veröffentlichung. Das ist ungewöhnlich.

Zunächst bleibe ich am Pressetext. Begründet wurde der Gesetzentwurf u.a. mit der notwendigen Optimierung des Immobilienmanagements des Landes und einer aktuellen Analyse, der zufolge es vielfältige Verbesserungsmöglichkeiten gebe. Welcher Analyse?

Es gab eine Enquetekommission der fünften Wahlperiode „Die Gestaltung einer zukunftsfähigen Personalentwicklung im öffentlichen Dienst des Landes Sachsen-Anhalt“. Danach wurden Aufgabendoppelungen beim Landesbetrieb Bau und LIMSA reduziert und mögliche Synergien und Effizienzgewinne in einzelnen Bereichen angestrebt. U.a. unterstrich damals der Hauptpersonalrat, der Landesbetrieb Bau sei in der derzeitigen Struktur befähigt, die anstehenden Aufgaben zu erfüllen. Die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts stand nicht zur Debatte.

Vor weniger als einem Jahr erfolgte die Auswertung der Evaluation aller Landesbetriebe. Bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Organisationsformänderung hatte die beauftragte externe Kanzlei PwC für den Landesbetrieb Bau unter Beachtung von Zielen, Aufgaben und politischen Rahmenbedingungen die Form nach § 26 LHO - auch mit Blick auf andere Bundesländer - als geeignet angesehen. Den möglichen Mehrwert eines Wechsels der Organisationsform zur Anstalt öffentlichen Rechts hielt selbst PwC „für überschaubar“.

Die Außen- und Innenwirkung der Form eines Landesbetriebes sprach aus Sicht der Arbeitsgruppenmitglieder des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr für dessen Beibehaltung. Die Arbeitsgruppenmitglieder des Finanzministeriums teilten diese Ansicht und sahen in der Form Anstalt öffentlichen Rechts kaum Vorteile. Festgestellt wurden der im Landesbetrieb Bau erreichte Abbau von Verwaltungsebenen und verringerter Sachaufwand. Verbesserungsbedarf sah man u.a. im Controlling.

Die Auffassung der Landesregierung fasste der vormalige Minister Dr. Daehre bei der Erörterung der Prüfberichte noch im Dezember 2010 so zusammen:

  • die aufgabengerechte Kooperation von Landesbetrieb Bau und LIMSA sei sinnvoll,
  • nach Abarbeitung der Projekte aus den Konjunkturprogrammen sollte ab Mitte 2011 die Organisationsplanung beginnen,
  • die sich auch auf die Evaluationsberichte und das Personalentwicklungskonzept stützen sollte.

Diese Aussagen sind zitierfähig, denn sie erfolgten auch außerhalb des Ausschusses.

Welche neue Analyse gibt es denn nun?

Aus dem Protokoll der IB-Verwaltungsratssitzung 05.07.2011 ergibt sich, dass durch die Hausspitzen der Fachressorts MF und MLV die Investitionsbank bereits im Januar 2011 mit der konzeptionellen Weiterentwicklung des Immobilienmanagements unter Einbeziehung des Deubel-Gutachtens beauftragt wurde. Demnach haben nicht näher bezeichnete Experten nach einem ebenfalls nur sehr vage umrissenen – und unterlassenen – Ausschreibungsverfahren ein Gutachten erstellt, das nunmehr die Fusion des Bereiches Hochbau des Landesbetriebes Bau mit den Aufgaben der LIMSA als Anstalt öffentlichen Rechts vorschlägt. Geht´s nicht noch etwas geheimnisvoller? Das Ganze war so konspirativ, dass der Personalrat des Landesbetriebes Bau erst im Mai – also nach der Wahl – von diesen Plänen erfuhr. Wieder ist man an unsere Aktuelle Debatte vom September erinnert und fragt nach den Mitwirkungsrechten des Parlaments.

Für mich damals unverständlich,  antwortete Minister Webel auf meine Frage vor dem Fachausschuss im Juni, ihm seien die Einzelheiten dieses Gutachtens nicht bekannt. Nach Lektüre der Mitteldeutschen Zeitung vom 29.09.2011 verstand ich seine diplomatische Zurückhaltung besser und komme nicht umhin, unserem früheren Landrat Anerkennung für den Widerstand zu zollen, wenn auch die Gründe andere sind.

Denn:

  • Wenn man bedenkt, dass im Kapitel 14 01 des Haushaltsplan 2011 für die HGr 4 (Personalkosten des Ministeriums) rd. 13 Mio. € eingestellt sind,
  • im Wirtschaftsplan im Kapitel 14 13 jedoch das 7 ½ -fache für die Bediensteten im Landesbetrieb Bau,

lässt das aufhorchen. Was bliebe dann noch vom stolzen Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr? Das wäre die faktische Vorbereitung für seine komplette Einsparung zugunsten eines omnipotenten Finanzministeriums – und ganz nebenbei „im Sinne der Schuldenbremse“.

Welche Wirkung hat das für die 752 Beschäftigten, die mit Bundeshilfen im Rahmen der Auftragsverwaltung und Organleihe im Bereich Hochbau tätig sind? Dafür wurde Sachsen-Anhalt einst von anderen Bundesländern beneidet. Ebenso galt die hier erstmals praktizierte Zusammenlegung von Staatshochbauverwaltung und Landesstrassenbau als Vorbild.

Es bleiben viele Fragen:

  • War der Bund vorab konsultiert worden? Mit welchem Ergebnis?
  • Wer unterhält künftig die herauszunehmenden Straßen? Sollen das die Kommunen übernehmen und beiläufig belastet werden, nachdem lange der gegenläufige Trend beworben wurde?

Weiter im Pressetext: „derzeit (werde) eine Potenzialanalyse vorbereitet, die zugleich Grundlage für eine zentrale Immobilien-datenbank werden soll.“ Was tat bisher LIMSA? Waren das nicht die ureigensten Aufgaben, bis hin zur elektronischen Immobiliendatenerfassung –für Teuer-Geld? Wenn das jetzt erst erfolgen muss, sind wir im Finanzausschuss jahrelang belogen worden!

Weiter im Pressetext: „Damit werden Immobilien über den gesamten Lebenszyklus geplant.“  - Und so ganz nebenbei von den jährlichen Haushaltsplänen entkoppelt! War es nicht die Koalitionsmehrheit, die im Juni-Plenum zur Drs. 6/83 kein anerkanntes Wirtschaftlichkeitsberechnungsmodell auf der Basis einer Kosten-Nutzen-Betrachtung wollte? Woher der plötzliche Wunsch nach einer Lebenszyklusbeachtung? Jene kann es nur mit Kosten-Nutzen-Bewertung geben!

Weiter im Pressetext: „Ausgebaut wird das durch die Bündelung der Aufgaben bei einer Institution im Geschäftsbereich des Finanzministeriums.“ Wie erreicht dieses Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt (BLSA) eine Reduzierung der Haushaltsbelastungen, wie die Gesetzesbegründung aussagt, nur durch Neuorganisation? Welche „vielfältigen Verbesserungsmöglichkeiten“ lt. Presseerklärung nennt die IB-Analyse? Sie haben keine genannt. Aus dem Entwurf erfahren wir nicht, ob der große Landesbetrieb Bau auf das kleine LIMSA – oder umgekehrt – verschmolzen wird.

Weiter im Pressetext, den nächsten Satz muss man zerlegen, sonst werden Hintersinn und Hinterhältigkeit nicht klar: „Die Vorteile einer möglichen Anstaltslösung … liegen in der stärkeren Lösung aus haushaltsrechtlichen Restriktionen…“

Mich ermutigt der Alternativantrag Drs. 6/458 der Koalitionsfraktionen von gestern, denn
wir sollten einer Teilentmachtung des Landtages zustimmen.

Herr Minister, erklären Sie dem Landtag jetzt präzise,

  1. wo die LHO-Grundsätze Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als „haushälterische Restriktion“ wirken,
  2. warum die Staatliche Bauverwaltung bisher als Vollzugsorgan für das Haushaltsrecht entweder als mehrstufige Verwaltung - oder als Landesbetrieb - hinderlich war.
  3. Besonders dann, wenn sie gem. § 7 LHO nicht nur zur Kostenoptimierung, sondern zugleich zur Überwachung des Aufwands der Verwaltungsressourcen auf der Grundlage einer KLR erfolgen muss.

Weiter im Pressetext: Die Vorteile dienen …„der Erleichterung von immobilienwirtschaftlich orientiertem, marktnahen Handeln“. Bisher diente die Bauverwaltung der Umsetzung von Haushaltsplänen, also Landtagsentscheidungen. Künftig droht sie dem Immobilienmarkt zu dienen, um dann „…der größeren Flexibilität bei der Kooperation mit … privatwirtschaftlichen Partnern“ …anheim zu fallen. Weltweit beginnt die große Ernüchterung über Public Private Partnership (PPP) und der Finanzminister will aus Fehlern anderer nicht lernen. Der Landtag sollte es dafür!

Weiter im Pressetext – nicht im Gesetzentwurf: Die Anstalt des öffentlichen Rechts soll zum 01.01.2013 errichtet werden. Sie übernimmt die Beschäftigten und Beamten des Landesbetriebes.

  • Zu welchen tariflichen Bedingungen?
  • Mit welcher Mitwirkung der Personalräte?

Und:

  • Wird es wieder außertarifliche Geschäftsführer-Verträge geben?
  • Aber das war ein Problem früherer Regierungen, es gab in der 5. Wahlperiode die Zusage, dergleichen gäbe es nun nicht mehr. Gilt das noch?

In der Gesetzesbegründung finden wir nun plötzlich eine „Anstalt mit Dienstherrenfähigkeit“, die zu einem späteren Zeitpunkt errichtet werden soll. Was ist das denn? Mir fehlt die Brillanz der Herren Priol und Pelzig, um „Neues aus der Anstalt“ verkünden zu können. Der Minister scheint über diese Genialität zu verfügen, aber dann aber dann soll er den Begriff auch klar definieren!

Was fehlte im Pressetext, um dann im Gesetzentwurf aufzutauchen? Die Dienst- und Fachaufsicht durch erfolgt durch einen Verwaltungsrat. Und wenn es dann ab 2013 irgendeine Anstalt gibt? Dann doch wohl ganz regulär durch die Anstaltsleitung! Oder soll dieses Problem durch Errichtung eines Verwaltungsrats, dem auch Vertreter der Hausspitzen des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr und des Finanzministeriums angehören, umgangen werden? Wie praktikabel - oder glaubhaft - soll das sein?

Was fehlte auch noch im Pressetext? Auch die Hochschulen sollten durch das Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt (BLSA) verwaltet werden, und die sehen das ganz anders. Laut Gesetzentwurf soll das für deren Immobilien nun nicht gelten. Aber: Die Studentenwerke sind nicht ausgenommen. Auch so eine Kompromisslösung aus der Ministerrunde? Die wie lange gilt?

Drei Aussagen fehlten völlig im Pressetext und im Gesetzentwurf:

1. Geltung der LHO
Gemäß LHO gelten die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Transparenz. Nunmehr zählen allein „immobilienwirtschaftliche Grundsätze“. Ein vager Begriff, der bitte sofort zu definieren ist.

2. Parlamentsbeteiligung
Der Wirtschaftsplan wird nun Aufgabe der Geschäftsführung und des Verwaltungsrates. Wie lange wird er noch als Anhang zum Kap. 14 13 im Haushalt nachlesbar sein? Denn er bildet „die Grundlage für die eigenverantwortliche Wirtschaftlichkeitsführung“  - wer erfindet eigentlich solche Wortungetüme -  und was bedeuten sie? Ziel ist nun Selbstkostendeckung, anstelle Aufgabenerfüllung aus § 64 (6) LHO zugunsten des Haushalts. Erlöse aus dem Sondervermögen „Grundstock“ sind künftig überjährig gem. Wirtschaftsplan verwendbar. Wozu beraten wir dann noch im Finanzausschuss ein Kapitel 51 32? Am schönsten ist aber § 12 (1) des Gesetzentwurfs: „Soweit die Eigenart des Landesbetriebes Abweichungen von Verwaltungsvorschriften erforderlich macht, bedarf es der Einwilligung des… Ministeriums.“ Da fällt mir wieder „Neues aus der Anstalt“ ein. Vergangene Woche fragt Erwin Pelzig: „Wie soll ein Parlament marktkonform mitbestimmen?“ Das soll es genau nicht und so entschied der Minister: zurück zur feudalen Kameralistik, denn der Landtag tut nicht wie Herr Minister will.

3. Privatisierung
Anstalten öffentlichen Rechts können eine Vorstufe von Privatisierungsplänen sein. Das wäre nur konsequent: nämlich die völlige Freiheit von „haushaltsrechtlichen Restriktionen“.
Unser Benchmark-versessener Finanzminister trägt die Zahlenrelation 19 Bediensteter je 1.000 Einwohner vor sich her und sieht seine Hauptaufgabe im Schuldenabbau, auch über die Personalkostenreduzierung. Nebenbei wird die Statistik geschönt und 19 je 1000 für die Erfolgsbilanz ist wieder näher gerückt: formal gibt weniger Landesbedienstete in der HGr. 4, wenn auch auf Kosten der Allgemeinheit nur versteckt. Da fallen dem verschreckten Wähler die Privatisierungswünsche des Finanzministers für die Uniklinika ein. Aber das war ja auch schon nach der Wahl, nur vertrauensbildend war es nicht und erklärt unser Misstrauen.

DIE LINKE hegt die Erwartung, dass die offenen Fragen beantwortet werden.

Abweichend von guten Gepflogenheiten gibt es von uns keine Zustimmung zur Überweisung, DIE LINKE lehnt den Gesetzentwurf komplett ab.

Es gibt mehr denn je gute Gründe für Annahme unseres Antrages, inhaltlich folgt die Koalition mit ihrem Alternativantrag unserem Antrag, der Schein bleibt gewahrt.