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Gudrun Tiedge zu TOP 4: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften

Unmittelbar nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9. März 2010 wurde von der (damaligen) FDP-Landtagsfraktion ein Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger in den Landtag eingebracht. Sachsen-Anhalt hatte also ausreichend Zeit, diesen Gesetzentwurf zu diskutieren und umzusetzen.
 
Aber man ließ den Gesetzentwurf in den Ausschüssen schmoren – insbesondere mit der fadenscheinigen Begründung, eine länderübergreifende Lösung finden zu wollen, wohl wissend, dass dafür die Zeitvorgaben nicht reichen würden und ebenso wohl wissend, dass dieses Vorhaben momentan nicht realisierbar bzw. gewollt ist.

Nun steht man deutschlandweit unter enormen Zeitdruck. Aber nicht nur der wird zum Problem, sondern auch ein Zwangsgeld ist angedroht. So hat die Europäische Union am 6. April 2011 ein Mahnschreiben im Zwangsgeldverfahren mit zweimonatiger Frist zur Stellungnahme übermittelt. Um die Zahlung eines Zwangsgeldes abzumildern oder vielleicht sogar noch zu verhindern, ist nun Eile geboten.

Und im „Frühaufstehergalopp“ muss mal wieder in Sachsen-Anhalt ein Gesetz durchgepeitscht werden - nicht zum ersten Mal, und wir befürchten, auch nicht zum letzten Mal. Das alles hätte man sich ersparen können, wenn dem FDP-Gesetzentwurf bereits in der 5. Legislaturperiode zugestimmt worden wäre. Aber dass wollten die damaligen Koalitionsfraktionen von CDU und SPD nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Und so unterlag der Gesetzentwurf der Diskontinuität.
Mehr als bedauerlich!

Es vergeht leider kaum ein Monat, ohne dass nicht ein neuer Datenschutzskandal aufgedeckt wird. Um nur einige zu nennen:

  • das iPhone von Apple zeichnete die Bewegungsdaten der Benutzer auf,
  • bei Sony wurden millionenfach Daten von Playstation-Spielern entwendet
  • und es gab ein Datenleck bei Facebook.

Diese genannten Beispiele sind aber auch bzw. leider nur die Spitze des Eisberges, und es werden sicherlich weitere gravierende Verletzungen des Datenschutzes folgen. Die Sprecherin des Chaos-Computerclubs Constanze Kurz äußerte dazu in einem Zeitungsinterview folgendes: „Informationen bedeuten Macht über Menschen. Wie diese Informationen genutzt werden, insbesondere im Arbeitsverhältnis, ist eine Debatte, die wir führen müssen. Natürlich auch im Verhältnis Bürger/Staat.“

Diese Debatte hätte allerdings schon viel früher einsetzen müssen. Viel zu lange hat die Politik tatenlos zugesehen und den Dingen ihren Lauf gelassen, mit all den Problemen, die es jetzt gibt.

In der damaligen Anhörung zum FDP-Gesetzentwurf wurden insbesondere vom Datenschutzbeauftragten ein Reihe von Änderungsvorschlägen eingebracht worden, die zum Teil im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf richtigerweise Berücksichtung fanden.

Diskussionsbedarf aus unserer Sicht gibt es zu der Frage, ob der § 19 des Landesdatenschutzgesetzes geändert werden muss oder nicht. Aus unserer Sicht müsste zur rechtlichen Klarstellung eine Änderung dahingehend erfolgen, dass es nunmehr öffentliche und nichtöffentliche Stellen heißen müsste. Aber für diese inhaltliche Diskussion wird sicherlich in den Ausschüssen Gelegenheit sein.

Gänzlich andere Auffassungen haben wir zu der Frage der haushaltsmäßigen Auswirkungen. Wir glauben eben nicht, dass für die Übertragung der Aufgabe der Datenschutzkontrolle im nicht-öffentlichen Bereich nur in geringer Höhe Haushaltsausgaben notwendig werden. So wies der Landesdatenschutzbeauftragte, Herr von Bose, ausdrücklich darauf hin, dass für den Fall, dass man den Landesbeauftragten zu einer eigenen obersten Landesbehörde machen will, auch Personal für die Personalaktenbearbeitung vorhalten muss. In der bisherigen Behörde des Datenschutzbeauftragten sind derzeit 16 Stellen besetzt, davon 13 im rein operativen Bereich.

Im Landesverwaltungsamt wird die Datenschutzkontrolle von 1,5 Mitarbeitern erledigt.
Wir sind der festen Überzeugung, dass dieser Personalbestand zukünftig nicht ausreichen wird. Im Übrigen hat auch Herr Leimbach als damaliger Präsident des Landesverwaltungsamtes diese Auffassung vertreten und sogar eine Wette ausgelobt.
Ich weiß leider nur nicht, wer den Wetteinsatz bekommt.

Wenn wir akzeptieren, wie weitaus vielschichtiger und komplizierter sich die Kontrolle des Datenschutzes in Zukunft gestalten wird, werden wir um einen Personalaufwuchs nicht umhinkommen. (Aber vielleicht kann man ja von den 45 Neueinstellungen der Landesregierung Personal abknapsen.)
Dies auch vor dem Hintergrund, dass dem Datenschutzbeauftragten zukünftig vielmehr Aufgaben im vorbeugenden Bereich zukommen müssen und werden.

Trotz aller uns nunmehr aufgezwungenen Eile, die überhaupt nicht notwendig gewesen wäre, sollten wir uns die Zeit nehmen in den Ausschüssen gründlich über den Gesetzentwurf zu debattieren, denn das sind wir diesem so wichtigen Thema schuldig.