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Gudrun Tiedge zu TOP 22: „Demokratieerklärung“ überarbeiten - Entschließung des Landes Berlin im Bundesrat unterstützen

Die Sozialpsychologin Dr. Jäckle aus Berlin schrieb in einem Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Wir sollten aus unserer deutschen Geschichte so viel gelernt haben, dass antifaschistisches Engagement - gerade junger Menschen - das Gegenteil von Demokratiefeindlichkeit ist. Meines Erachtens sollte ein solches mutiges zivilgesellschaftliches Engagement ein Grund sein, stolz auf die (jungen) Menschen zu sein, da sie sich für unsere Demokratie vor Ort einsetzen und sie lebendig und vielfältig erhalten.“

Aber, was macht stattdessen die Bundesregierung?

Sie stellt alle Initiativen, die sich gegen den Rechtsextremismus engagieren, unter einen Generalverdacht und schafft staatlich verordnetes Misstrauen, in dem nunmehr  Träger der Bundesprogramme „Toleranz fördern - Kompetenz stärken“ und „Initiative - Demokratie stärken“ nur noch Fördergelder erhalten, wenn sie die so genannte Demokratieerklärung unterzeichnen.

Es ist dabei schon mehr als verwunderlich, wenn ausgerechnet mit undemokratischen Mitteln - und dazu gehört für DIE LINKE unzweifelhaft diese Erklärung - Demokratie vermittelt werden soll.

Die geförderten Träger sollen nunmehr erklären,

  • dass sie sich zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung der BRD bekennen und
  • eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit  gewährleisten.

Nun würden wir schon gern von der Landesregierung erfahren, welche Träger in unserem Land in der Vergangenheit sich nicht diesen benannten Zielen verpflichtet sahen. Es dürfte sicherlich sehr schwer fallen, auch nur ansatzweise jemanden benennen zu können, der in die benannte Kategorie fallen würde.

Aber es wird noch problematischer. Denn diese Träger werden dazu aufgefordert, die Verfassungstreue von Partnerorganisationen sicherzustellen und ggf. durch Anfragen beim Verfassungsschutz überprüfen zu lassen. Und da stellen wir uns natürlich die Frage, warum nun ausgerechnet die Menschen unter Generalverdacht gestellt werden, die immer wieder neu den Mut aufbringen, sich rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Hasspropaganda und Gewalt entgegen zu stellen.
Wenn man jetzt ganz bösartig wäre, müsste man vermuten, dass genau das anscheinend nicht gewollt ist. Anstatt dieses Engagement zu würdigen und anzuerkennen, wird es durch solche Maßnahmen behindert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

Die Missachtung oder Nichtunterzeichnung der Erklärung kann zu einem teilweisen oder vollständigen Widerruf der Bewilligung führen. Das haben schon viele Träger zu spüren bekommen. So sollten zum Beispiel Gedenkveranstaltungen am 9. November an den Standorten zweier Synagogen, die Pflege eines Denkmals für die Opfer im Konzentrationslager Dachau und die Spurensuche nach den mehr als 1000 Kindern und Jugendlichen, die aus Fürth deportiert wurden, zunächst mit Geldern des Bundes finanziert werden. Aber weil das „Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ sich weigerte, die Extremismusklausel zu unterschreiben, wurden die Gelder für diese Projekte, die an die Verbrechen der NS erinnern sollten, gestrichen und die Ideen konnten nicht realisiert werden.

Was glaubt man denn, mit welchen „Extremisten“ das Bündnis zusammenarbeiten wollte?

Und da erfährt man erstaunliches, wenn man sich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag ansieht. So wird auf die Frage, welche Konsequenzen die geforderte Erklärung für eine Zusammenarbeit der Zuwendungsempfänger mit der VVN-BdA hat, geantwortet, dass es sich bei jenen um eine heterogene Vereinigung handelt, bei denen extremistische Bestrebungen vorliegen. Das bedeutet also letztendlich, wenn ein Bündnis gegen Rechtsextremismus, Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus mit denen zusammenarbeitet, die während der Zeit des Faschismus aktiv gegen die Nazidiktatur gekämpft haben und nicht selten dabei Leben und Gesundheit riskiert haben, dass dieses Bündnis die Förderfähigkeit verlieren würde.

Das ist doch geradezu skandalös.

Und betrachten wir Sachen-Anhalt mit Blick auf den Verfassungsschutzbericht 2010: So belegt dieser einen besorgniserregenden Negativrekord bei rechtsextremen Gewalttaten in unserem Land. Das ist die eigentliche Gefahr für die Demokratie in Sachen-Anhalt. Gesellschaft und Politik stehen somit unverändert vor ernsten Herausforderungen. Dabei ist konsequentes Handeln, mit dem Ziel der Stärkung der Demokratie angesagt und nicht die Unterzeichnung einer zweifelhaften und aus unserer Sicht auch verfassungswidrigen Erklärung, die Misstrauen säht und all diejenigen diffamiert, die sich für Demokratie und gegen jede Form von menschenverachtenden Ideologien wenden.

Wir fordern die Landesregierung auf, im Bundesrat dem Antrag des Berliner Senates zuzustimmen.