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Gerald Grünert zu TOP 28: Kommunen als Partner begreifen, STARK IV verfassungskonform umsetzen

Mit unserem Antrag „Kommunen als Partner begreifen, STARK IV verfassungskonform umsetzen“ wollen wir die berechtigten Bedenken aufgreifen, die es in den Gemeinden, Städten und Landkreisen Sachsen-Anhalts gibt. Befürchtungen, durch das Programm STARK IV entmündigt und in seinem kommunalen Selbstverwaltungsrecht beschränkt zu werden, gibt es in den meisten Kommunen. Dass dies mit dem Geld geschehen soll, das den Kommunen ohnehin zustehen würde, stößt vielen bitter auf. Denn mit ursächlich für das Ausmaß der kommunalen Verschuldung war und ist die unzureichende Finanzausstattung. Mit der Bereitstellung von 450 Millionen Euro für die kommenden Jahre bekennt sich der Landtag zu dieser Mitverantwortung.

Standen mit dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) im Jahr 2009 noch mehr als 1,7 Milliarden Euro für die kommunale Finanzausstattung zur Verfügung, wurden die FAG-Zuweisungen in den vergangenen drei Jahren um insgesamt rund 500 Millionen Euro gekürzt.

Die strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte gilt es im Blick zu behalten, denn auch mit den leichten Verbesserungen die es in diesem Jahr gibt, ist dieses Problem nicht geheilt. Wir vertreten die Auffassung, dass ein Einnahmeverbund von Land und Kommunen, wie ihn DIE LINKE für das Finanzausgleichsgesetz vorgeschlagen hat, dem kommunalen Finanz- und Konsolidierungsbedarf besser gerecht geworden wäre, als das im vergangenen Dezember beschlossene Gesetz.

Unstrittig ist, dass zahlreiche Kommunen der konkreten finanziellen Unterstützung bedürfen. Zu bedenken ist zugleich, dass pauschale Urteile über einzelne Kommunen allein auf Grund ihrer Haushaltslage nicht zu rechtfertigen sind und auch nicht bei der Realisierung des Entschuldungsprogramms gelten dürfen, weil es vielfältige Ursachen für die Finanzkrise der kommunalen Haushalte gibt. Notwendig ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung.

Welches Verhältnis Teile der Landesregierung zum verfassungsmäßigen Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung haben, muss hier jedoch hinterfragt werden, wenn unter einem neuerlichen Spardiktat der Finanzminister Gemeindegrenzen verändern will und der Innenminister verlangt, Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Dorfgemeinschaftshäuser, Freibäder und Schulen in Frage zu stellen.

Zu Recht wies der ehemalige Landrat des Landkreises Harz – Herr Dr. Ermrich – daraufhin, dass bereits mit den Hilfsprogrammen STARK I, STARK II und STARK III der kommunale Gestaltungsspielraum erheblich eingeschränkt wurde. Das mit dem von der Koalition verfolgten Umsetzungskonzept dem bürgerschaftlichen Engagement noch stärker der Nährboden entzogen wird als ohnehin, ist nicht von der Hand zu weisen.

STARK IV darf für die Kommunen in Sachsen-Anhalt nicht zu einer staatlichen Ersatzvornahme werden und deshalb werbe ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag, der helfen soll, das notwendige Entschuldungsprogramm verfassungskonform, partnerschaftlich und am Ende erfolgreich mit den Kommunen umzusetzen.

Dazu gehört, dass während und nach der Umsetzung des Programms die kommunale Selbstverwaltung gewährleistet und jede Kommunen in die Lage versetzt wird, die Pflichtaufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungskreises wahrzunehmen und jeder Kommune ein Anteil von mindestens zwei Prozent ihres Ergebnisplanes für freiwillige Aufgaben zur Verfügung stehen. Freiwillige Aufgaben sind kein Luxus, sondern ein wichtiger Teil des kommunalen Aufgabenkataloges und des gesellschaftlichen Lebens vor Ort.

Investitionen, die für die Entwicklung der Gemeinden und Städte notwendig sind, müssen auch durch die Nutzung von Förderprogrammen Dritter realisiert werden können. Erfolge wie die des Programms „Stadtumbau Ost“ gilt es zu sichern. Durch Sanierung, Rückbau und Aufwertung konnte der Wohn- und Lebensstandard in vielen Gemeinden und Städten steigen. Gutes, bezahlbares, sicheres, altersgerechtes und barrierefreies Wohnen für alle wird dauerhaft nur möglich, wenn Kommunen ihre Chancen nutzen können. Wenn aber bereitgestellte Mittel in zweistelliger Millionenhöhe nicht für Maßnahmen im Bereich des Städtebaus (Kapitel 1407) abfließen können, wie es im vergangenen Jahr geschehen ist, ist das nicht ermutigend, sondern birgt eine schwere Hypothek für die Zukunft. Wenn Städte wie Halle nicht in der Lage sind, notwendige Mittel zur Kofinanzierung aufzubringen, dann werden heute Aufgaben zu Lasten unserer Kinder und Enkel nicht erledigt.

Das Eigentum der Kommunen ist eine wichtige Grundlage kommunalpolitischen Handelns. Wer diese Einflussmöglichkeiten im Interesse privaten Profitstrebens zurückdrängt, vernichtet kommunale Handlungsspielräume und gefährdet die öffentliche Daseinsvorsorge. Deshalb soll in der Zeit, in der das Programm STARK IV läuft, das Land dafür Sorge tragen, dass kein Unternehmen, keine Beteiligung und kein Vermögen, das der öffentlichen Daseinsvorsorge in den Kommunen dient, ganz oder teilweise veräußert werden muss oder durch formelle oder materielle Privatisierung der Aufgaben einer öffentlichen Kontrolle entzogen wird.

Das für die bisherigen Aufgabenfelder des Ausgleichsstocks (Liquiditätshilfen und Bedarfszuweisungen) nun aber fast keine Mittel mehr zur Verfügung stehen sollen, halten wir für verfassungsrechtlich bedenklich. Gerade in Zeiten andauernder Haushaltskonsolidierungen und STARK IV ist mit außergewöhnlichen Belastungen und Notlagen in einzelnen Kommunen zu rechnen.

Nicht erst seit heute plädieren wir dafür, die Mittel aus dem Ausgleichstock nach einheitlichen Maßstäben und eindeutig bestimmbaren Kriterien auf Grundlage einer Rechtsverordnung auszureichen. Aufgrund der Verknüpfung des Ausgleichstockes mit dem STARK IV-Programm halten wir dieses Anliegen für unumgänglich.

Um im Zuge der STARK IV-Maßnahmen zudem die Sparanstrengungen in den Kommunen zu fördern, sollen die mit den Konsolidierungsanstrengungen verbundenen Einmaleffekte sich in den kommenden Ausgleichsjahren nicht bedarfsmindernd auswirken.

Nicht zuletzt hält es die Antragstellerin bei der anstehenden Novellierung des Kommunalverfassungsrechtes für notwendig, dass die Konsolidierungszeiträume an den Programmzeitraum der STARK IV-Maßnahmen angepasst, den Kommunen Umschuldungsmöglichkeiten für die Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit (Kassenkredite) eingeräumt sowie die beratende, unterstützende und begleitende Funktion der Kommunalaufsicht deutlich verbessert wird.

STARK IV kann nur ein Erfolg werden, wenn es uns gelingt, den kommunalen Finanzausgleich so zu gestalten, dass er eine stetige und angemessene Aufgabenerfüllung der Kommunen gewährleistet. Die Absicht der Landesregierung die Haushaltskonsolidierungskonzepte mit Stichtagsregelung abzurechnen, wird diesem Anspruch nicht gerecht. Spardiktate der Landesregierung gegenüber den Gemeinden, Städte und Landkreise werden keinen nachhaltigen Erfolg erzielen können. Hinsichtlich der Umsetzung des STARK IV-Programms ist die Landesregierung deshalb gefordert, die Kommunen als Partner zu begreifen und die kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsauftrag zu gewährleisten.