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Gerald Grünert zu TOP 20: Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens (NKHR)

Zum Ende der 4. Wahlperiode beschloss der Landtag im März 2006 das Gesetz über ein Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) für die Kommunen im Land Sachsen-Anhalt. Mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften bildet es die Grundlage für den Systemwechsel von der Kameralistik zur Doppik, dem Buchführungssystem des NKHR, das sich an die kaufmännische Buchführung anlehnt. Ursprünglich war die landesweite Einführung des neuen Haushalts- und Rechnungswesens bis zum 1. Januar 2011 geplant, doch mit der Gemeindegebietsreform wurde der Stichtag auf den 1. Januar 2013 verschoben.

Sechs Jahre und knapp drei Monate ist das Gesetz jetzt alt. Im Vorfeld gab es Modellversuche u.a. in der Stadt Bitterfeld und im Landkreis Mansfelder Land. Begleitet wird der sich schrittweise vollziehende Prozess seit der Einführung des NKHR durch das fachlich verantwortliche Innenministerium sowie u.a. durch die kommunalen Spitzenverbände, die Hochschule Harz und den Landesrechnungshof.

Schrittweise wurden dabei Rechtsgrundlagen wie die Gemeindeordnung, die Gemeindehaushaltsverordnung Doppik, die Gemeindekassenverordnung Doppik, die verbindlichen Muster zum Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen oder die Inventur- und Bewertungsrichtlinie erarbeitet und/oder angepasst. Zu den Bemühungen der Landesregierung den Herausforderungen dieses Umstellungsprozesses gerecht zu werden gehörten u.a. das im Mai 2009 verabschiedete Zweite Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts sowie der noch durch den ehemaligen Innenminister Hövelmann im März 2011 vorgelegte Leitfaden für Rats- und Kreistagsmitglieder.

Zugleich förderte das Land in erheblichem Maße die Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen in den Kommunen. Nach eigenen Angaben wurden bis Ende Mai 2011 mehr als 7 Millionen Euro für die Förderung ausgewählter Modellkommunen sowie die Erstattung von Personalkosten für Absolventen der Hochschule Harz im Rahmen des Verwaltungshelferprogramm ausgegeben (vgl. Drs. 6/92).

Zu würdigen sind aus Sicht der LINKEN alle bisherigen Anstrengungen in den Kommunen, das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) bis zum 1. Januar 2013 anwenden zu können. Klar war und ist, dass die Einführung der Doppik sich nicht ohne eigene Investitionen der Kommunen durchführen lässt. Doch rechtfertigen die bisherigen Erfahrungen und die zu erwartenden Ergebnisse tatsächlich die bisherigen und die noch geplanten Investitionen?

Die im Februar 2009 in der Drucksache 5/1819 vorgelegte Unterrichtung des Landtages beurteilt diese Frage nach einer umfangreicheren Evaluierung dem Grunde nach optimistisch. Doch seitdem sind mehr als 2 Jahre vergangen und so erscheint es notwendig, dass sich der Gesetzgeber mit dem aktuellen Stand der Doppik Einführung in den Kommunen erneut befasst, um den ggf. neu entstandenen Handlungsbedarf zu ermitteln und nachsteuernd einzugreifen.

Das dies notwendig ist, unterstreicht beispielsweise die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage in Drucksache 6/1118 wenn am 09.05.2012 darin ausgeführt wird, dass für die Besonderen Ergänzungszuweisungen nach § 8 FAG (SGB XII) derzeit noch keine abschließenden Berechnungen vorgenommen werden können, da die Ergebnisse der Jahresrechnungsstatistik 2010 für die noch kameral buchenden und die bereits doppisch buchenden Kommunen nicht kompatibel sind. Weiter heißt es darin, dass an einer Lösung derzeit noch gearbeitet wird.

In kommunalen Zweckverbänden darf angesichts fehlender Vergleichbarkeit zurzeit bezweifelt werden, dass sich die Qualität öffentlicher Dienstleitungen durch die Anwendung der Doppik verbessern wird.

Auch die Frage meiner Kollegin Hunger (MdL) in den Fragestunden des Landtages im Oktober 2011 sowie im April 2012 zur Rücklagenbildung bei Kreisen mit doppischer Haushaltsführung und die Antwort des Innenministers veranschaulichen die Notwendigkeit der erneuten Befassung im Landtag, denn vielerorts bleiben derzeit Fragen offen.

Kann durch die Einführung der Doppik tatsächlich mehr Transparenz im kommunalen Haushalt erreicht, die Steuerung der Prozesse verbessert, die Ressourcenverbrauchsorientierung gestärkt und eine höhere Flexibilität im Verwaltungshandeln erreicht werden? Können die strategischen Weichenstellungen in Kommunen hinreichend den zukünftigen Aufgaben gerecht werden? Kann insbesondere die Entscheidungskompetenz der Gemeinde- und Stadträte sowie der Mitglieder der Kreistage gestärkt werden?

Auf das Problem der Vergleichbarkeit habe ich in Bezug auf die Arbeit der kommunalen Zweckverbände sowie auf meine kleine Anfrage zum Finanzausgleichsgesetz bereits hingewiesen. Und zum Finanzausgleichsgesetz und den zukünftigen Bedarfsberechnungen sind längst nicht alle Fragen geklärt. So bleibt zum Beispiel hinsichtlich der Bedarfsermittlung zu fragen, ob Kommunen mit gleicher Steuerkraft bei einem großen Vermögen höhere FAG-Zuweisungen bekommen sollen, als Kommunen die über ein deutlich kleineres Vermögen verfügen(?). Bei der Beantwortung dieser Frage sollte aus Sicht der LINKEN sowohl die Erhaltung des Vermögens als auch die Frage der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse eine Rolle spielen, denn Sachsen-Anhalt braucht weder Investitionsruinen noch Wolfserwartungsgebiete.

DIE LINKE war in den letzten Wochen auf ihrer mittlerweile traditionellen Kommunaltour unterwegs. Wir machen dies in Sachsen-Anhalt seit 1991 regelmäßig im Frühjahr und im Herbst, um in einem Zeitrahmen von ca. einem Monat verstärkt in Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Vertretern von Verwaltungsebenen, Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen sowie mit kommunalen Mandatsträgern aktuelle Themen zu erörtern. Und das Thema Doppik-Einführung beschäftigt im Moment fast alle.

Festzustellen ist, dass sich einerseits die Doppik-Einführung zu einer der größten Herausforderungen für die kommunale Ebene entwickelt und andererseits der landesseitig erwartete Nutzen vor Ort nicht selten kritisch betrachtet wird. Mancherorts fühlen sich kommunale Verantwortungsträger allein gelassen.

Vor dem Hintergrund das alle kommunalen Haushalte bis zum 1. Januar 2013 auf die so genannte Doppik umgestellt werden müssen, hält es DIE LINKE für notwendig, dass die Landesregierung bis zum 31. August 2012 den Landtag über den Stand der Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens (NKHR) in den Kommunen unterrichtet. Fragen der Vergleichbarkeit, der Transparenz und der Steuerung sollen u.a. ebenso berücksichtigt werden wie die Bewertung des Anlagevermögens, Probleme der Haushaltskonsolidierung und die Ermittlung der kommunalen Finanzausstattung.

Neben einer vorläufigen Kosten-Nutzen-Bewertung sowie einer Aufstellung der bisherigen Haushaltsumstellungskosten und der erhaltenen Zuschüsse jeder einzelnen Kommune soll der ggf. nötige Handlungsbedarf sowie die möglichen Handlungsstrategien des Landes gegenüber den Kommunen bei der Bewältigung noch vorhandener Probleme und der Klärung noch offener Fragen dargestellt werden.

Im fachlich zuständigen Ausschuss für Inneres soll die o. g. Unterrichtung bis zum 30. September 2012 vorgestellt und erörtert werden. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit gilt es vorhandene Probleme zu erkennen sowie Vor- und Nachteile auf dem weiteren Weg gemeinsam abzuwägen, ohne die Kommunen mit Wirtschaftsunternehmen gleich zu setzen.