Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Gerald Grünert zu TOP 16: Anerkennung der Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Bürgermeister und Stadträte als zweckgebundene Einnahmen nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II

Der Landtag hatte mit der verabschiedeten Beschlussempfehlung 6/3144 unter dem Motto „Ehrenamt weiterentwickeln, bürgerschaftliches Engagement stärken“ hervorgehoben und unterstrichen, ich zitiere: „Das Ehrenamt ist ein elementarer Bestandteil und ein wichtiger Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Wir werden zukünftig mehr denn je auf engagierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen sein, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in unserem Land. Das bürgerschaftliche Engagement und das Ehrenamt gewinnen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen an Bedeutung, in der Politik, im sozialen Bereich, in Vereinen, Verbänden, Kirchen, in öffentlichen Funktionen, in der Selbsthilfe und in vielen anderen Gebieten.

Der Landtag stellte fest „dass der landes- und bundespolitischen Ebene bei der Förderung und Unterstützung des Ehrenamtes eine zentrale Rolle zu kommt.“ Weiter beinhaltet die Beschlussempfehlung: „Landes- und Bundesgesetze setzen Rahmenbedingungen für die ehrenamtlich Tätigen. In dieser Wahlperiode wurden in Sachsen-Anhalt wichtige Initiativen zur Stärkung des Ehrenamtes ergriffen, zum Beispiel durch die Förderung des Ehrenamtes im Katastrophenschutz, durch das neue Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt sowie die Entlastung des Ehrenamtes und die Entbürokratisierung von Verwaltungsabläufen im Sportfördergesetz. Am 29. März 2013 trat das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes in Kraft. Das Gesetz hebt die sogenannte Übungsleiterpauschale im Einkommensteuerrecht an und baut bürokratische Hindernisse ab. Auch die sogenannte Ehrenamtspauschale wurde um 300 € angehoben. In beiden Fällen unterliegen die Einnahmen weder der Steuer- noch der Sozialversicherungspflicht.“

Wie bereits in der von meiner Fraktion zum damaligen Antrag durchgeführten Anhörung deutlich wurde, gibt es ein erhebliches Problem mit der Entschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister und Stadträte, wenn diese Personen dem Reglungsbereich des SGB II unterliegen. Nach § 35 des Kommunalverfassungsgesetzes Sachsen-Anhalt sind der Anspruch und das Verfahren für Entschädigungen in Ausübung des Ehrenamtes oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit geregelt.

In den Satzungen zur Gewährung von Aufwandsentschädigungen haben viele Kommunen die Möglichkeit der Untersetzung nach Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport, RdErl. des MI vom 16.6.2014 – 31.21-10041 sowie des Runderlasses des Ministeriums für Finanzen, RdErl. 9.11.2010 – 42-S2121-10 - geändert durch Erl. des MF vom 16.10.2013 (MBl. LSA 2013, S. 608)- ausgenutzt. Im Rahmen von Beanstandungen der Kommunalaufsichten, wurden die Kommunen angehalten auf Pauschalen überzugehen und auf Sitzungsgelder zu verzichten. Und in diesem Zusammenhang kommt es jetzt bei Mandatsträgern, die sich im SGB II-Bezug befinden, dazu, dass durch die Jobcenter diese Pauschalen nicht als zweckbestimmte Einnahmen deklariert und folglich mit der Regelleistung verrechnet werden. Hier beziehen sich die Jobcenter auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 26.05.2011, B 14 AS 93/10 R.

Welche Situation ergibt sich daraus?

  1. SGB II-Hilfeempfänger werden hinsichtlich ihrer Stellung als kommunaler Mandatsträger  2. Ordnung diskreditiert, da ihr ehrenamtliches Engagement und die damit verbundenen Aufwendungen ihnen vom Regelsatz abgezogen werden.
  2. Um ihnen entstandene Aufwendungen erstattet zu bekommen, hier § 35 Abs. 2 Sätze 6 und 7 KVG LSA, müssen sie in Vorkasse gehen. Das heißt sie müssen vom Regelsatz diese Aufwendungen erst einmal auslegen und können diese nach Vorlage der entsprechenden Quittungen und der sachlichen Angemessenheit zurückbekommen.
  3. Nach der geltenden Rechtslage, können Mandatsträger auch nicht auf Leistungen nach § 35 Absätze 1 und 2 verzichten. Das heißt, diese Leistungen führen automatisch zu einer Reduzierung des Regelbedarfes.
  4. In vorliegenden Fällen werden die Aufwandspauschalen erst zum 15. des jeweiligen Monats durch die Kommunen ausgezahlt. Eine Anrechnung auf den Regelsatz erfolgt jedoch bereits zum 1. des jeweiligen Monats. Je nach Höhe der Aufwandspauschalen führt diese Praxis dazu, dass zum 1. des Monats zwischen einem Drittel und der Hälfte des Regelsatzes gar nicht zur Auszahlung kommt, das bedeutet, das der Hilfeempfänger 14 Tage unter dem Niveau der Grundsicherung liegt. In der Regel erfolgen die Mietzahlungen, Betriebskosten und ähnliche Ausgaben zum 1. des jeweiligen Monats. Folglich muss der/die Betroffene sich Geld besorgen, um diese Verbindlichkeiten begleichen zu können, will er/sie nicht als Schuldner/in dastehen.
  5. Um die Tätigkeit des Mandats ausüben zu können bedarf es den engen Kontakt mit den Bürgern des Gemeindegebietes, dem Mitarbeitern der Verwaltung und den anderen Mandatsträgern. In der Regel nutzen die Vertretungen mittlerweile moderne Kommunikationsmittel (Computer, Laptops, Handys). Mandatsträger im Regelbezug können diese Aufwendungen für die Hard- und Software nicht vom Regelsatz bezahlen, weil dann eine Lebenshaltung nicht möglich ist. Auch eine Ansparung aus Aufwandsentschädigungen entfällt, da diese auf den Regelsatz angerechnet werden. Ganz zu schweigen von Verbrauchsmaterialien wie Druckerpatronen, Papier, oder Aktenordner.  Damit sind diese Mandatsträger von vorn herein schlechter gestellt als Mandatsträger, die einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können.
  6. Durch Jobcenter wird unterstellt, dass diese Mandatsträger sich diese Kosten durch ihre Fraktionen aus den Fraktionskostenzuschüssen bezahlen lassen sollen. Diese Hinweise sind rechtswidrig, da sie gegen § 43 Abs. 1 Satz 2 KVG LSA verstoßen und zum anderen dienen diese Fraktionskostenzuschüsse in der Regel zu den sachlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung. Sie sind zweckgebunden, dürfen nur für Gemeinwohlzwecke verwendet werden und dürfen nicht für einen persönlichen Anspruch von Fraktionsmitgliedern verwendet werden.


Im Punkt 2 unseres Antrages gehen wir im Besonderen auf die steuerrechtliche Frage ein und fordern die Landesregierung auf, gemäß dem Runderlass des Ministeriums für Finanzen, RdErl. 9.11.2010 – 42-S2121-10 - geändert durch Erl. des MF vom 16.10.2013 (MBl. LSA 2013, S. 608) - die Aufwandsentschädigungen bis zur steuerlichen Freigrenze als zweckbestimmte Aufwendungen gemäß SGB II, § 11a Abs. 3 Satz 1, zu deklarieren. Wir haben bewusst diese Formulierung genommen, um nicht einen neuen Tatbestand zu formulieren, welcher nur mittels einstimmigen Beschluss der Finanzministerkonferenz zu verabschieden wäre.

Damit auch die Aufwandsentschädigungen in den anderen Gebieten ehrenamtlicher Tätigkeit, wie u. a. Freiwillige Feuerwehr, Katastrophenschutz sowie Sport nicht ebenfalls dieser nicht zweckbestimmten Regelung unterliegen, bitten wir daher die Landesregierung dies zu überprüfen und den Landtag Ende des ersten Quartals 2015 zu unterrichten.