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Gerald Grünert zu TOP 05: Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Kommunalverfassungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt und zur Fortentwicklung sonstiger kommunalrechtlicher Vorschriften (Kommunalrechtsreformgesetz)

Mit der uns heute vorliegenden Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf zur Reform des Kommunalverfassungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt und zur Fortentwicklung sonstiger kommunalrechtlicher Vorschriften ist ein über einjähriger Beratungs- und Abwägungsprozess abgeschlossen. Der Start dieses Gesetzesvorhabens schien damals unter einem guten Vorzeichen zu stehen, da sowohl die Verwaltungen als auch die Mandatsträger in den Prozess Neuausrichtung des Gesetzes einbezogen wurden. Leider ist die Landesregierung auf halben Weg stehen geblieben, denn eine wirkliche Reform im Kommunalverfassungsrecht hat sich nicht durchgesetzt. Außer einiger weniger kosmetischer Veränderungen, ist der in der Beschlussempfehlung vorgelegte und von den Koalitionsfraktionen getragene endgültige Entwurf eher konservativ als zukunftsfähig.

Statt ein Mehr an Partizipation zuzulassen und eine deutliche Herabsetzung bzw. einen Verzicht von Quoren bei den Bürgerbeteiligungen zu normieren, haben Sie nicht wirkliche Änderungen vorgenommen. Der Bürgerentscheid ist auch in der nun vorliegenden Fassung eher eine Monstranz als eine tatsächliche Einladung zu mehr Demokratie. Auch lässt sich eine nur Seniorinnen oder Kinder- und Jugendlichen bezogene Aufgabenbetroffenheit in den Kommunen nicht nachweisen, da alle Lebensbereiche auch alle Bevölkerungsgruppen direkt betreffen.
Durch den Verzicht auf eine für die Einwohner klar strukturierte Tätigkeit der Vertretungskörperschaften haben sie eher eine Verschlechterung herbeigeführt. Das Gleiche gilt in Bezug auf eine klare Definition auf „bedeutsame Angelegenheiten“, zu denen Einwohner beteiligt werden sollen.

Obwohl die SPD im Wahlkampf in Magdeburg für ein passives Kommunalwahlrecht P 16 eintritt, verlässt sie der Mut im Rahmen der Gesetzesnovellierung. Daher fordern wir Sie nochmals auf, unserem Vorschlag zuzustimmen.

Trotz umfangreicher Äußerungen kommunaler Mandatsträger nach der Gebietsreform, werden sich ihre Arbeits- und Wirkungsbedingungen nicht verbessern. Es wird keinerlei sächliche und personelle Ausstattungen bis hin zur Weiterbildungsansprüchen für Mandatsträger und Fraktionen geben.
Wir haben in unserem Änderungsantrag nochmals die aus unserer Sicht wichtigsten Änderungsvorschläge zusammengefasst, ich verzichte daher auf eine nochmalige detaillierte Vorstellung.

Ich will nur zu einigen wenigen Punkten nochmals unsere Position darstellen:

Wir schlagen vor, insbesondere für kinder- und jungendpolitische Fragen eine klare rechtliche Regelung zu schaffen, die diese Rechte schützt. Denn einerseits wurden unsere Vorstellungen hinsichtlich der Partizipation von Kindern und Jugendlichen abgelehnt, andererseits beschloss der Landtag jedoch die Erarbeitung einer eigenständigen Jugendpolitik für Sachsen-Anhalt und die Weiterentwicklung des jugendpolitischen Programms. Dieser Widerspruch offenbart die Kluft zwischen Anspruch und Wollen der Koalitionsfraktionen.
Wir beantragen bei einem Bürgerbegehren die Zulässigkeit zur Höhe von Abgaben und privatrechtlichen Entgelten, soweit das Kostendeckungsprinzip beachtet wird, wie in Thüringen bereits gesetzlich verankert. Für Bürgerentscheide möchten wir das Zustimmungsquorum auf 5 Prozent der wahlberechtigten Einwohner reduzieren. Dies würde eine Willkürlichkeit ausschließen und den notwendigen Verwaltungsaufwand angemessen berücksichtigen.

Im Zeitalter moderner Kommunikationsmittel ist der Ausschluss elektronischer Verfahren für uns nicht nachvollziehbar. Bereits jetzt gibt es elektronische Verfahren im Petitionsrecht und auf anderen Gebieten, die einer elektronischen Signatur unterliegen und statthaft sind. DIE LINKE hält die Einführung hauptamtlicher Kinder- und Jugendbeauftragter für notwendig und unterbreitet mit dem § 78a einen entsprechenden Reglungsvorschlag. Ebenso treten wir für hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in Vollzeit ein. Die Besetzung hat nach dem Landesgleichstellungsgesetz durch Frauen zu erfolgen.

Als einen weiteren kritischen Punkt sehen wir besonders die Deckelung von Liquiditätskrediten auf 20 % entsprechend § 110 an. Diese Regelung führt bereits jetzt schon zu einer Handlungsunfähigkeit von Kommunen, da bereits zwischen übertragenen Aufgaben und Abgeltung durch Landeszuweisungen ein Defizit von mind. 15 % festzustellen ist und durch die Anhebung der Kreisumlagen ein deutlich höheres Volumen benötigt wird.

Es ist schon ein Unding, dass in einer 5-Minuten-Debatte ein Gesetz mit 162 Paragrafen und 23 Artikeln durchgewunken wird. Zum Änderungsantrag von Bündnis 90/4DIE GRÜNEN wird sich meine Fraktion enthalten, obgleich er einige Punkte umfasst, die wir als LINKE ähnlich sehen und teilweise mittragen können. Da wir davon ausgehen, dass unser Änderungsantrag wie gewöhnlich keine Mehrheit finden wird, wird die Fraktion DIE LINKE die Beschlussempfehlung ablehnen.