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Dr. Uwe-Volkmar Köck zu TOP 19: Metropolregion Mitteldeutschland gehört auf den Prüfstand


Allmählich wird es zu einem schlechten Brauch, unbequeme Anträge der Opposition via Alternativantrag zu beerdigen. Was bleibt, ist die Genugtuung der regierungstragenden Fraktionen, die Opposition wieder einmal zum Jagen getragen zu haben. Der vorliegende Alternativantrag zur Metropolregion verdient allerdings die Bezeichnung „alternativ“ nicht einmal. Er fällt weit hinter den Ursprungsantrag zurück.

Lassen Sie mich das einmal mit Ferdinand Lassalle sagen: „Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem  Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist.“
 
Die mit der Aufnahme des mitteldeutschen Raumes in den Kreis der Metropolregionen verbundenen Erwartungen können nach unserer Ansicht höchstens ansatzweise als erfüllt angesehen werden. Die sich im Jahr 2002 bietende
große Chance, im Rahmen der von den drei CDU-Ministerpräsidenten Biedenkopf, Vogel und Böhmer ins Leben gerufenen Mitteldeutschland-Initiative die Metropolregion zu befördern, blieb ungenutzt.  
 
Eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa zur Zukunft der Initiative Mitteldeutschland aus dem Jahr 2011 sprach jedenfalls für sich. Die damals Befragten zogen keinerlei Querbezug zur Metropolregion.  
 
Nach unserer Ansicht ist diese Initiative weitgehend verpufft. Als entscheidender Hemmschuh hat sich sowohl für die Metropolregion als auch für die Mitteldeutschland-Initiative der Generalverdacht erwiesen, dass sie einer Länderfusion, sei diese auch fernste Zukunftsmusik, in die Hände arbeiten könnte. Hochnotpeinlich wird auch dem leisesten diesbezüglichen Verdacht vehement entgegengetreten, und - es ist paradox - Kooperation wird als das  beste Instrument gegen eine Fusion angesehen.  
 
Unter diesen Rahmenbedingungen ist die Identifizierung mit der Metropolregion selbst in den Kommunalverwaltungen außer ordentlich schwierig. Sie ist in Leipzig und in Chemnitz noch am größten. Wenn Sie auf der Homepage dieser beiden Städte nach dem Stichwort Metropolregion suchen, finden Sie etwas mehr als 100 Einträge. An dritter Stelle folgt die Stadt Halle mit 20 Einträgen und bei Dessau sind es ganze zwei Einträge.  
 
Die Außenwirkung der Metropolregion Mitteldeutschland beruht zu einem beträchtlichen Teil auch auf den angebotenen Leistungen solch dynamischer Mittelzentren wie Freiberg, Riesa, Eisenach und Merseburg oder auch des Saalekreises. Diese gehören aber zu den Zwischenräumen zwischen den beteiligten Städten und nicht zur eigentlichen Metropolregion.  
 
Dieses Dilemma wird im Wissenschaftsatlas besonders deutlich. Darin „schmückt“ sich die Metropolregion mit Hochschulangeboten der Städte  Freiberg, Ilmenau, Mittweida, Nordhausen und Plauen und vereinnahmt selbst kleinste Forschungskapazitäten in Hermsdorf oder Rudolstadt.  
 
Von den in den anderen Metropolregionen entwickelten Governancestrukturen ist Mitteldeutschland noch meilenweit entfernt. Die Konferenz der Raumordnungsminister und das Bundesbauministerium verhalten sich bis heute außerordentlich nachsichtig und unterstützen den Entwicklungsprozess bisher mit wissenschaftlichem Know-how, insgesamt durch mehrere große Forschungsprojekte.  
 
Im April 2005 machte die 32. Konferenz  der Raumordnungsminister mit Nachdruck deutlich: Das Konzept der Metropolregion  ist unter anderem für den Wirtschaftsraum Mitteldeutschland eine besondere Chance, sich im europäischen Wettbewerb zu positionieren. Dazu sollten die Thüringer Städtereihe und die Oberzentren des Landes Sachsen-Anhalt in die Entwicklung der Metropolregionen einbezogen werden. Doch mangelnde Masse konnte offensichtlich auch nicht durch die territoriale Ausweitung der Metropolregion kompensiert werden. Stattdessen bildete sich mit dem „Forum Mitteldeutscher Städte“ im Jahr 2007 eine Konkurrenzstruktur, die sich sogar der wohlwollenden Unterstützung eines Bundesbauministers namens Dr. Tiefensee erfreute. Paradoxerweise gehören diesem Forum nun auch fast alle Städte der Metropolregion an. Der Vorsitz beider Vereinigungen liegt gegenwärtig sogar in einer Hand: in der des Oberbürgermeisters
der Stadt Jena.  
 
Nachdem im vergangenen Jahr die Überführung des Städtenetzwerkes in einen Verein gescheitert ist, mehren sich die Anzeichen einer substanziellen Krise. Wie die Geschichte lehrt, schrumpft ein Imperium immer von der Peripherie nach innen.

Der Ausgangspunkt Ihres Alternativantrages geht leider an der Wirklichkeit vorbei. Die heile  Welt ist spätestens seit dem Januar 2013 vorbei, als sich die Stadt Erfurt ohne jegliches Mediengetöse offiziell aus der Metropolregion verabschiedet hat. Da waren es nur noch zehn.  
 
Diese Entwicklung kann die Landespolitik nicht kalt lassen. Eine Implosion der Metropolregion hätte eine verheerende Außenwirkung bis nach Brüssel. Es stünde uns gut zu Gesicht, uns an der Metropolregion Rhein-Ruhr, die ähnliche Probleme hat, und an Fragen zu orientieren, die dort gestellt werden.  
 
Die Machbarkeit einer Region hängt auch von der Bereitschaft ab, neue Formen und Strukturen der kommunalen, regionalen und länderübergreifenden Zusammenarbeit zu etablieren und einen indikativen Ansatz der Raumentwicklung durchzusetzen.  
 
Patentlösungen gibt es allerdings  nicht, da die Rahmenbedingungen und Herausforderungen in jeder Metropolregion anders gelagert sind. So fehlt der mitteldeutschen Metropolregion ein unangefochtenes urbanes Zentrum, wie es andere Metropolregionen haben.  Hier bilden mehrere Oberzentren ein Netzwerk. Hinzu kommt die Drei-Länder-Konstellation mit ihren differierenden gesetzlichen und förderpolitischen Rahmenbedingungen  und Verwaltungsstrukturen.  
 
Wenn wir es wirklich ernst meinen, kommen wir nicht umhin, von den drei Landtagen als einer gemeinsamen parlamentarischen Plattform aus zu agieren. Der Landtag ist Teil der Governancestruktur der Metropolregion. Er müsste es auf jeden Fall sein. Ergreifen wir also die Initiative, gehen  wir auf unsere Kolleginnen und Kollegen in Sachsen und Thüringen zu.
 
Eine Voraussetzung dafür wäre allerdings  die Umwandlung des Alternativantrages in
einen Änderungsantrag. Dadurch wäre eine Überweisung beider Anträge in die Ausschüsse möglich. Damit könnten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der SPD, ein Zeichen für einen neuen, kooperativen Politikstil in der Metropolregion setzen.