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Dr. Uwe-Volkmar Köck zu TOP 17: Den demografischen Wandel gestalten

Was wird nicht alles versucht, um im Sommerloch die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen. In diesem Jahr machte man eine Kuh namens Yvonne zum Renner. Spätestens als man sie mit einem Ochsen sexuell locken wollte, wurde klar, wessen geistig Kind sie war. Zumindest kurzzeitig gelang es unseren Kollegen Schröder und Scheurell, ihr mit einem ernsthaften Thema den Rang abzulaufen, wie man fairerweise feststellen muss. Um die bisherigen Konzepte zur Gestaltung des demografischen Wandels fortzuentwickeln, wolle die CDU-Fraktion zu Beginn der 6. Wahlperiode eine parlamentarische Initiative ergreifen, um der Diskussion konkrete Impulse zu verleihen. Bis auf den Vorschlag, familiäre Kompetenzen als Kriterium für die Einstellung oder einen Karriereaufstieg zu berücksichtigen, gab es aber nichts Neues. Deshalb sorgte auch nur dieser Punkt für ein kurzes Rauschen im Blätterwald. Er war sogar dem Neuen Deutschland eine Kurzmeldung wert. Doch auch dieser Vorschlag entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als alter Hut.

Dieser Vorschlag ist in Sachsen-Anhalt bereits seit 15 Jahren Bestandteil des Frauenförderungsgesetzes und somit verbindlich für den öffentlichen Dienst. Im § 4 findet sich folgende Passage „Für die Beurteilung der Eignung, Leistung und Befähigung sind Fähigkeiten und Erfahrungen aus der familiären oder sozialen Arbeit zu berücksichtigen, ….“.  Und im § 5 steht „Für die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten, bei Beförderung und Höhergruppierung gilt § 4 entsprechend“. Wir brauchen also kein Bundes-Demografie-Gesetz, sondern Vorschläge, wie der offensichtlichen Unkenntnis und den beträchtlichen Vollzugsdefiziten entgegen gewirkt werden kann.

Diese Sommerinitiative der CDU-Fraktion hat nun wie angekündigt, den parlamentarischen Raum erreicht. Zuvor ist der Koalitionspartner SPD ohne groß zu überlegen noch auf den fahrenden Zug aufgesprungen. Ich weiß, ich weiß, ihre Handschrift sei deutlich erkennbar, werden sie gleich rufen. Aber liebe Sozialdemografen, man muss sich schon einer Synopse bedienen, um die marginalen redaktionellen Änderungen in den Punkten 2, 3, 5 und 6 auch zu finden.

Sofort fällt aber auf, dass der Demografiebeirat und die Demografieallianz gegenüber dem 8-Punkte-Vorschlag der CDU fehlen.  Weshalb? Auf wessen Veranlassung hin?

Es ist höchste Zeit - insofern macht ihre Initiative, Herr Schröder, Sinn -, dass der Landtag der 6. Legislatur seinen Blick für die mit dem demografischen Wandel verbundenen Entwicklungen im Lande schärft. Alle parlamentarischen Initiativen sollten auf ihre demografischen Auswirkungen hin geprüft werden. So dürfte der Verzicht auf die Senkung des Zugangsalters für den Moped-Führerschein demografisch nachhaltigere Wirkung zeitigen als ein Großteil der vorliegenden Konzepte.  

Ausgangspunkt für die parlamentarische Befassung sollte jedoch das Handlungskonzept „Nachhaltige Bevölkerungspolitik in Sachsen-Anhalt“ 2010 als Ganzes sein und nicht nur einige selektiv herausgegriffene Brocken. Das Erscheinen des Handlungskonzeptes ging offenbar in der heißen Wahlkampfphase der Landtagswahl weitgehend unter. Nicht mal der Koalitionsantrag bezieht sich darauf.

Gänzlich unbekannt geblieben ist offenbar das ebenfalls im Februar 2011 vom Staatssekretär Schröder in Vertretung für Dr. Daehre für Sachsen-Anhalt, vom zuständigen Minister für Thüringen und dem Chef der sächsischen Staatskanzlei unterzeichnete „Eckpunktepapier zur Zusammenarbeit der mitteldeutschen Länder: Gemeinsam den demografischen Wandel gestalten“.  Von dessen Existenz wurden die Mitglieder dieses Landtages bis heute noch nicht einmal in Kenntnis gesetzt.

Alles spricht für eine Annahme des Änderungsantrages. Er spannt den Rahmen für die Diskussion viel weiter. Die von der Koalition vorgeschlagenen Punkte finden sich darin alle wieder.