Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Dr. Uwe-Volkmar Köck zu TOP 01: Maßnahmen zum Schutz vor Vernässung und Hochwasser in Sachsen-Anhalt/ Grundwasserprobleme komplex angehen

Die Ankündigung der Landesregierung, sich dem Problem des landesweit steigenden Grundwasserstandes und der großflächigen Vernässungen von Landwirtschaftsflächen annehmen zu wollen, war schon lange überfällig. Es wurde damit ein gewaltiger Erwartungsdruck bei den betroffenen Menschen und Kommunen erzeugt. Für die Landespolitik gilt nun: Erfolg haben ist Pflicht. Deshalb reicht eine Aktuelle Debatte, in der wir uns von der Landesregierung etwas erzählen lassen,  nach Meinung der LINKEN nicht aus.
Bevor der Landtag für mehrere Wochen nur stark eingeschränkt entscheidungsfähig ist,  sollte der Souverän auch so souverän sein, der Exekutive für diesen Zeitraum politisch die Richtung vorzugeben.

Die Betroffenen warten teilweise schon seit Jahren auf ein Signal des Landes. Allein die Ankündigung der Einsetzung regionaler Arbeitsgruppen löste die Bildung zahlreicher lokaler Arbeitsgruppen in den Kommunen aus. Als nun auch noch der Ministerpräsident in den Dank für die Hochwasserhelfer den Hinweis einwebte, man müsse der Nässe wie auch unsere Vorväter durch geeignete Meliorationssysteme zu Leibe rücken, kam das der Rehabilitation eines der Wende zum Opfer gefallenen gesamten Berufsstandes gleich. Ich bin mir sicher, die meisten der mit den Meliorationsbetrieben verschwundenen Unterlagen existieren noch. Sie dürften jedoch weit verstreut worden sein. Zudem nimmt die  Zahl der Erfahrungsträger ab. Diese Unterlagen sollten aufgespürt und durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) erfasst werden.

Seit vorgestern sehen wir nun auch bei den regionalen Arbeitsgruppen klarer. Hinsichtlich des Aufgabenspektrums liegen Landesregierung und Antragsteller gar nicht so weit auseinander. Die ins Auge gefassten Masterpläne sind allerdings noch sehr vage umrissen. Der Antrag enthält dazu ebenfalls einige Fragestellungen. Besonders wichtig wird es sein, den in den lokalen Arbeitsgruppen vorhandenen Sachverstand einzubeziehen.

Das Vorhaben, Schönebeck-Felgeleben als Pilotvorhaben vorrangig und beispielhaft
Voranzutreiben, begrüßt DIE LINKE ausdrücklich. Die Erwartungen, aber auch die Frustrationen sind hier besonders hoch. Die Leute haben nicht vergessen, dass der Landtag schon einmal vollmundig Unterstützung anbot. 2003/ 2004 wurde zwar intensiv beraten, aber ohne greifbares Ergebnis.  Der Umweltausschuss erklärte die Angelegenheit schließlich für sich für erledigt, für die Menschen in Felgeleben blieb aber alles beim Alten. Bis heute.

Es ergab sich ein großes Dilemma, dass die damalige Umweltministerin, Frau Wernicke, wie folgt umriss:

  • Im Wasserrecht gibt es den Sachverhalt „Grundwasseranstieg“ nicht.
  • Die Absenkung natürlicher Grundwasserstände steht dem Ziel der Wasserrahmenrichtlinie, das heißt der Erreichung eines guten mengenmäßigen Zustandes des Grundwassers, entgegen. Eine Grundwasserregulierung kann somit kein wasserwirtschaftliches Ziel sein.
  • Das Sich-wieder-Einstellen eines natürlichen Grundwasserstandes ist wasserrechtlich nicht als Gefahrentatbestand anzusehen.

Diese Situation ist heute noch die gleiche. Um sich aus dieser Pattsituation zu befreien, bedarf es eines Wandels in der Problemsicht, eines Paradigmenwechsels in der Wasserpolitik, vom Land bis nach Europa. Es gilt, den Bewertungsmaßstab für den guten mengenmäßigen Zustand des Grundwassers zu differenzieren. Geht man von dem im Landesentwicklungsplan bereits verankerten Konzept der Kulturlandschaft aus, dann gibt es nicht mehr nur den „natürlichen Grundwasserstand“ als Gradmesser, sondern jede Kulturlandschaft hat ihren eigenen typischen Grundwasserstand.

Der Kulturlandschaftsansatz erlaubt, im Grundwasseranstieg auch eine Gefährdung zu erkennen. Besteht ein gesellschaftliches Interesse an der Erhaltung einer bestimmten Kulturlandschaft, dann schließt dies die dauerhafte Regulierung auf ein bestimmtes Niveau ein. Wische, Großes Bruch, Salziger See – sind die prominentesten Beispiele. Auch Halle-Neustadt existiert nur, weil seit Stadtgründung Wasserhaltung betrieben wird. Und die Kulturlandschaft im Raum Schönebeck-Felgeleben war auf die Situation eines Grundwasserabsenkungstrichters im Zuge der Wassergewinnung ab 1885 geeicht. Rechtlich völlig verschieden, aber ökologisch vergleichbar, ist die Kraftwerkssiedlung in Bitterfeld. Hier greift das Bergrecht, das für Schäden im Zuge der Rohstoffgewinnung und sogar noch einen längeren Zeitraum über das Grubenende hinaus das abbauende Unternehmen in die Pflicht nimmt. Das Wasserrecht kennt Vergleichbares bei der Grundwassernutzung nicht.

Um in Felgeleben eine saubere Lösung zu schaffen, müssen wir an den Rechtsrahmen ran. Billiger ist es nicht zu haben. Es trifft sich gut, dass wir nachher das Wassergesetz mit einem Verfallsdatum versehen. Sachsen-Anhalt ist aber nicht allein. In der Stellungnahme der Berliner IHK zum Länderbericht Berlins zum Entwurf des Bewirtschaftungsplanes für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe heißt es: „… Es muss deutlich gemacht werden, dass der Grundwasserkörper in Berlin … seit 1870 durch große Grundwasserentnahmen erheblich beeinflusst worden ist. Die Erreichung eines (wieder) unbeeinflussten Grundwasserzustandes darf deshalb nicht Ziel von WRRL-Maßnahmen sein…“

Um dem Problem Grundwasseranstieg zu begegnen, hat sich Berlin bereits 2001 eine Grundwassersteuerungsverordnung gegeben, die die öffentlichen Wasserversorger verpflichtet, jahrzehntelang abgesenkte Grundwasserstände dauerhaft auch ohne Förderung für eine Trinkwassernutzung beizubehalten. Derzeit arbeiten auf dieser rechtlichen Grundlage zwei Wasserwerke, die längst abgeschaltet werden sollten nur noch, um das Grundwasser zu senken.

Ich konnte nur einige der vor uns liegenden Fragestellungen etwas vertiefen. Das Übrige entnehmen sie bitte dem Antrag selbst und dem dazugehörigen Begründungstext. Der Handlungsansatz der Landesregierung greift demgegenüber viel zu kurz. Die regionalen Arbeitsgruppen werden in jeder Hinsicht sehr schnell an ihre Grenzen stoßen. Mit dem Wasserpfennig und der Erhebung einer Feldesabgabe unterbreiten wir auch einen Finanzierungsvorschlag, der nicht auf einer haushaltsinternen Umverteilung beruht. Die damit zu erzielenden Einnahmen werden allerdings bei weitem nicht ausreichen.

Lasen Sie mich kurz zusammenfassen. Die Erwartungen der Menschen an die Landespolitik sind hoch. Zeigen Sie den potenziellen Wählerinnen und Wählern, dass Sie entscheidungsfreudig und in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen. In diesem Sinne werbe ich um Zustimmung für unseren Antrag.