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Dr. Uwe-Volkmar Köck zu TOP 01: Endbericht des zeitweiligen Ausschusses „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“

Fast genau auf den Tag vor drei Jahren hat der Zeitweilige Ausschuss „Vernässungen“, wie er in der Kurzform genannt wurde, seine Tätigkeit aufgenommen.   Mit dem heutigen Tage stellt er offiziell seine Tätigkeit ein.  Das dies nicht sang- und klanglos passiert, dafür gebührt der Ausschussvorsitzenden, Frau Take, mein ausdrücklicher Dank.  Ich zolle ihrem hohen persönlichen Einsatz im Vernässungsausschuss im Allgemeinen und ihrem Ringen im Ältestenrat für einen angemessenen Platz auf der Tagesordnung meinen ausdrücklichen Respekt.  Mein Respekt gilt auch Umweltminister Dr. Aeikens, der es sich nehmen ließ, selbst den zahlreichen Vor-Ort-Terminen persönlich von der ersten bis zur letzten Minute beizuwohnen.  Ich möchte an dieser Stelle in meinen Dank auch die wissenschaftlichen Referenten der Fraktionen, Frau Dr. Becker,  Frau Scheffler, Herrn Schleiz und Herrn Krause einschließen.   Rückblickend kann man sagen. Die Einsetzung des Vernässungsausschusses war der Situation angemessen.  Meine Kollegin aus der sächsischen Landtagsfraktion,  Dr. Jana Pinka,  hat  sich persönlich von der Arbeit des zeitweiligen Ausschusses überzeugt und gewissermaßen hospitiert. Sie war so angetan, dass sie sofort eine Initiative für die Einsetzung  eines vergleichbaren Gremiums im sächsischen Landtag startete. Leider erfolglos.  

Ich möchte im Folgenden nur kurz zu zwei Problemkreisen sprechen, die auf Grund ihrer Komplexität und der möglichen Rechtsfolgen zeitlich nicht über das Knie gebrochen werden können,  d. h. eine mögliche Lösungsfindung wäre bereits eine Aufgabe für den neu gewählten Landtag ab 2016. Es geht zum einen um das Grundwassermanagement und zum anderen um die Gewässerunterhaltung.

Wie die aktuelle Rechtsprechung aufzeigt, kann ein von Grundwasserwiederanstieg betroffener Grundstückseigentümer außerhalb des Geltungsbereiches des Bergrechtes weder von der Gemeinde, die Bau- oder Planungsrecht geschaffen hat, noch von Unternehmen, die den Grundwasserspiegel abgesenkt hatten, Schadenersatz oder Schutzmaßnahmen einfordern. Die Pflicht zum Schutz gegen Vernässungen aus einem „natürlichen“ Grundwasserwiederanstieg trifft den Eigentümer. Doch was heißt hier „natürlich“?

Trotz der anscheinend erdrückenden Rechtslage liefen allein 200 der von den Unteren Wasserbehörden vorgeschlagenen 1.900 Maßnahmen zur Lösung der Vernässungsprobleme im Lande auf ein Grundwassermanagement hinaus. Ganz offensichtlich scheint sich in der Gesellschaft eine lösungsbedürftige Problemlage herausgebildet zu haben. Sollten deshalb nicht die einschlägigen Gesetze, Regeln und Normen vorbehaltlos auf den Prüfstand gestellt werden?  Gesellschaftliche Entwicklungen lassen sich nicht auf Dauer mit anscheinend überlebten Rechtsnormen beurteilen. Welche Kommune konnte es sich bis vor kurzem denn leisten, eine Wasserfassung stillzulegen, ohne in Versorgungsschwierigkeiten zu kommen?  Das Recht und das wahre Leben stehen aber mittlerweile augenscheinlich im Widerspruch.  Eine Grundwasserabsenkung zum Schutze bereits bestehender Bausubstanz darf nur die ultimo Ratio darstellen, muss aber rechtlich klar geregelt möglich sein.  Wenn man denn wollte, gäbe es im Wassergesetz bereits jetzt ein Hintertürchen, von dem m. W. aber in Sachsen-Anhalt bisher praktisch kein Gebrauch gemacht wurde. Denn beim Erlöschen einer Erlaubnis, Bewilligung oder alter Rechte und Befugnisse wird der ehemalige Nutzer zwar verpflichtet, die nicht mehr benötigten Anlagen zu beseitigen  und den früheren Zustand wieder herzustellen. Er soll eigentlich aber auch nachteiligen Folgen vorbeugen. In Bayern können die Inhaber der bisherigen Zulassung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit verpflichtet werden, die Anlagen für die Benutzung des Gewässers ganz oder teilweise bestehen zu lassen. In Berlin wurde eine Grundwasserabsenkung über fast ein Jahrzehnt untergesetzlich geregelt.

Zur zweiten Problematik. Die Auflösung der DDR-Meliorationsbetriebe hatte die fatale Nebenwirkung, dass die Fließgewässer und bestehenden Grabensysteme binnen kürzester Frist  verkrauteten. Deshalb sah sich die Landesregierung bereits im Juni 1991 veranlasst, noch im Vorgriff auf die Regelungen im kurz vor der Einbringung stehenden Landeswassergesetz, die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden auf gesetzlichem Wege zu vollziehen.  Doch diese waren weder Fisch noch Fleisch, sondern eine Chimäre aus Kommunalzweckverband und Wasser- und Bodenverband, was auch so vom Landesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil festgestellt wurde.  Die rechtliche Ausgestaltung allein der Verbandsversammlung ist höchst kompliziert und nimmt im Landeswassergesetz einen riesigen Umfang ein.  In anderen Bundesländern reichen dafür zwei Zeilen. Als Kardinalproblem erweist sich m. E. das gegenüber den klaren Regelungen anderer Bundesländer abweichende Gewässereigentum. In Sachsen-Anhalt sind die Unterhaltungsverbände Eigentümer der Gewässer, in Bayern, Hessen oder Thüringen bestimmt das Gesetz, das das Bett eines natürlich fließenden Gewässers zweiter Ordnung im Eigentum der Gemeinde steht, in der es fließt. Daraus leitet sich die Pflicht zur Unterhaltung ab. Punkt und Schluss!  Im Wassergesetz des Landes Sachsen-Anhalt sollten klare Regelungen zum Eigentum an den Gewässern und den Unterhaltungspflichtigen getroffen werden – entweder strikt nach Wasser- und Bodenverbandsrecht mit den Grundstückseigentümern als den Pflichtigen oder ausschließlich kommunal.  Die Unterhaltungsverbände alten Rechts müssten dann in  Zweckverbände nach GKG überführt werden.  Vorstellbar wären dann sogar gemeinsame Verbände mit Abwasserzweckverbänden, die die Gewässer ja als Vorfluter für das gereinigte Abwasser nutzen.  Wer dabei die Einleitwerte überschreitet, bekommt automatisch die Kosten für eine schnellere bzw. stärkere Verkrautung präsentiert.  Dass das Thema Gewässerunterhaltung Sachsen-Anhalts Städte und Gemeinden gleichermaßen wie die Landnutzer  bewegt, belegt das riesige Interesse, dass eine vom Städte- und Gemeindebund gemeinsam mit dem Waldbesitzerverband organisierte Informationsveranstaltung im Frühjahr 2014 gefunden hatte. Mit über 100 Anmeldungen war diese sofort ausgebucht und musste im Sommer  wiederholt werden. Beim zweiten Mal waren auch der Bauernverband, der Bauernbund und der Grundbesitzerverband  Mitausrichter.

Rückblickend hat es sich als richtig erwiesen, die Form eines Zeitweiligen Ausschusses zu wählen, um die Sachfragen losgelöst vom politischen Alltagsgeschäft bearbeiten zu können.  Ausdruck dessen ist, dass keine der beteiligten Fraktionen ein Minderheitenvotum ausgebracht hat. Richtig war auch, dass der Zeitweilige Ausschuss sich in jeder Sitzung über den Antragsstand und den Mittelabfluss aus dem sog. Vernässungsfond berichten ließ und in Vorbereitung des Finanzausschusses die fachlichen Aspekte von Anträgen oberhalb einer Schwelle von 500.000 € prüfte.  Die Arbeit des Zeitweiligen Ausschusses endet heute offiziell.  Vernässungen gibt es aber weiterhin und wird es auch in Zukunft noch geben. Jeder Fall liegt dabei anders und ist in der Regel individuell zu lösen.  Zukünftig wird der Umweltausschuss sich der Probleme annehmen, wobei der Anfang bereits gemacht wurde.   Weil aber beide Gremien nur partiell personell identisch sind, muss sich der im Vernässungsausschuss herausgebildete Konsens bei der Sacharbeit erst erneut entwickeln.  Ich hoffe das jedenfalls, Herr Stadelmann. Gerade von Ihnen, weil Sie ja Wasserwirtschaft studiert haben.