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Dr. Helga Paschke zu TOP 10: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung beamten- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften und zur Neuregelung des Landesbeamtenversorgungsrechts

Die Landesregierung legt uns heute den Entwurf einer Novelle des beamten- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vor. Im Kern geht es um die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenzen von 65 auf 67 und der besonderen Altersgrenzen für Bedienstete der Feuerwehren, der Polizei und der Justizvollzugsbeamten von 60 auf 62 Jahre.

Im Koalitionsvertrag vereinbart, immer wieder angekündigt  kommt dieser Entwurf nicht aus heiterem Himmel und die darin enthaltenen Regelungsinhalte sind zu weiten Teilen die Konsequenz einer jahrelangen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Meine Fraktion hat dies in weiten Teilen immer kritisiert. Wir werden uns angesichts eben dieser Entwicklungen jedoch der  Diskussion konstruktiv stellen. Und der Entwurf macht deutlich, dass da durchaus noch einiges an differenzierterem Herangehen möglich ist. Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion lehnt es zum jetzigen Zeitpunkt ab, über diesen Gesetzentwurf zu beraten.

Der Grund dieser derzeitigen Verweigerungshaltung liegt klipp und klar auf der Hand: Der Landtag hat durch einen Entschließungsantrag im Jahr 2009, eingebracht von allen vier Fraktionen und einem  Beschluss 2013 der Landesregierung Hausaufgaben aufgegeben, die erfüllt sein müssen, bevor uns eine Gesetzesnovelle vorgelegt werden kann. Ich fasse das Wesentliche aus beiden Beschlüssen zusammen:

Entschließungsantrag 2009 Drs. Drs. 5/2281 Punkt 6: Es ist der politische Wille des Gesetzgebers, dass nach einem Anwendungszeitraum von vier Jahren eine erste Evaluation des Gesetzes stattfindet.

Meine Fraktion hat die Umsetzung dieses Entschließungsantrages  im Oktober 2013 vor dem Hintergrund der angekündigten Novelle des Beamtenrechtes eingefordert und der Landtag hat einstimmig der Landesregierung folgende Bedingungen vor einer erneuten Novelle ins Stammbuch geschrieben:
Beschluss: Drs. 6/2520 mit der Überschrift: "Vor Gesetzesnovelle rechtzeitig Evaluation des Landesbeamtengesetzes vorlegen"

1.    Der Landtag nimmt zur Kenntnis, dass die Landesregierung das Gesetz novellieren will.
2.    Im Evaluationsbericht soll beurteilt werden, ob und in welcher Weise die gewonnenen Erkenntnisse im Beamtengesetz umgesetzt werden.
3.    Der Bericht soll über die Umsetzung des vollständigen Inhaltes des Entschließungsantrages Auskunft geben.
4.    Die Landesregierung soll rechtzeitig vor der Vorlage eines Novellierungsentwurfes, die Ergebnisse der Evaluation dem Landtag vorlegen.
5.    Nach Vorlage des Evaluationsberichtes wird der Landtag eine Anhörung zu den wesentlich notwendigen Änderungen des Dienstrechtes durchführen.

Fazit: Diese Voraussetzungen sind von der Landesregierung nicht erfüllt.

Nun kann die Landesregierung Beschlüsse des Parlaments  ignorieren. Das ist kein guter Stil, es ist zu kritisieren, es ist richtig ärgerlich! Ärgerlicher umso mehr, als dies durchaus kein Einzelfall ist. Das ist am Ende jedoch nicht die entscheidende Frage, die entscheidende Frage ist: Wie verhalten wir uns als Gesetzgeber? Wie ernst nehmen wir unsere eigenen Beschlüsse. Lassen wir es der Landesregierung durchgehen, unsere rechtzeitig formulierten und eindeutigen Beschlüsse zu ignorieren? Lassen wir es zu, dass die Landesregierung uns in letzter Minute vor Einreichungsschluss eine 247 Seiten umfassende Novelle vorlegt aber die Evaluation als Voraussetzung noch nicht auf dem Tisch liegt?

Die klare und einzig konsequente Antwort unsererseits kann in diesem Falle nur heißen: Das Parlament lehnt dankend ab, bis die Bedingungen, die wir für eine Gesetzesnovelle einstimmig beschlossen haben, von der Exekutive erfüllt sind. Einzig und allein aus diesem Grunde werden wir, was eigentlich so gut wie nie vorkommt, einer Gesetzesüberweisung nicht zustimmen.

Ich möchte noch zwei weitere Aspekte anführen, die diese Reaktion des Parlaments  für absolut gerechtfertigt und geboten untermauern.

Zum einen, wir bemerken meistens erst im Nachgang, dass die Exekutive entgegen des Willens des Parlamentes agiert. (Rechtsmedizin, Sekundarschullehrer neuen Rechts) In solchen Fällen können wir unserer Empörung im Nachhinein Luft machen, haben aber nur marginale Korrektivmöglichkeiten. Im vorliegenden Fall sprechen die Fakten eine andere Sprache. Wir wissen, dass die Landesregierung gegen unsere Beschlüsse verstößt!

Zum anderen können wir das vorsätzliche Agieren des Finanzministers im Bezug auf die Gesetzesnovelle nicht durchgehen lassen.  Was meine ich mit vorsätzlich? Es ist nicht so, dass nur aus Zeitgründen die Evaluation nicht rechtzeitig vorliegt. Nein, der Finanzminister hat diese Vorgehensweise entgegen der Parlamentsbeschlüsse von vorn herein so geplant. Er hat es uns auch klipp und klar so gesagt, und zwar an dem Tag, als wir in der Parlamentssitzung, detailliert beschlossen haben, was die Landesregierung vor einer Novelle des Beamtenrechts zu leisten hat.

Ich gebe die dafür entscheidenden Ausführungen des Finanzministers aus dem Plenarprotokoll 6/53 S. 4550 vom 18.10.2013 wieder: " Vor der Evaluation bzw. einem eventuellen Gesetzentwurf als Resultat derselben wird die Landesregierung- .....den Entwurf eines Artikelgesetzes einbringen, mit dem im Wesentlichen einerseits die Regelaltersgrenze für die Beamtinnen und Beamten schrittweise... angehoben wird- ich habe das schon oft angekündigt- andererseits das gesamte Versorgungsrecht für die Beamtinnen und Beamten als Vollregelung mit einigen Neuerungen ausgestattet wird. Das wird also vorweg separat geklärt."

Wie bitte?! Der Landtag hat in seinem Beschluss nichts, aber auch gar nichts von einer separaten Vorabklärung einzelner Regelungsinhalten beschlossen. Machen sich hier nicht Abgründe des Verständnisses zur Rolle des Parlamentes auf! Entscheidend ist jedoch, welches Selbstverständnis wir, das Parlament dem entgegen zu setzen hat. Im bitte Sie, im Interesse eben dieses Selbstverständnisses den Gesetzentwurf bis auf weiteres zurückzuweisen. Dies ist übrigens auch mit einer Enthaltung zu realisieren.