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Dr. Frank Thiel Rede zu TOP 04: Entwurf eines Gaststättengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (GastG LSA)

Hinter uns liegen spannende Debatten zu einem sehr emotionalen Thema. Emotional deshalb, weil es um sehr verschiedene Interessenlagen ging: einerseits einen Gesetzestext zu formulieren, der  annähernd den Normen anderer Bundesländer genügt, andererseits unterschiedliche Interessenlagen zu berücksichtigen und auszutarieren sowie zugleich den Mut zu haben, zur Entbürokratisierung beizutragen.
Und wie immer, wenn es um Interessensausgleich ging, bleiben für den einen oder anderen noch Dinge offen.

Zumindest die durchgeführte Anhörung hat diese unterschiedlichen Interessen ziemlich deutlich gemacht und zugleich auf Defizite im damaligen Entwurf des Gesetzes aufmerksam gemacht. Ich erinnere an die scharfe Kritik des Datenschutzbeauftragten des Landes mangels seiner Einbeziehung in die Erarbeitung des Gesetzes und verfassungswidrigen Formulierungen. Ich denke an die Stellungnahmen der IHK und der DEHOGA sowie kommunaler Vertreter und Vertreter von Vereinen. Der Hauptkonflikt war der Vorwurf, Vereine sind schuld am Kneipensterben. Und natürlich ging es um Kaufkraftabschöpfung, Umsatzanteile etc.

Aber ich möchte aus der öffentlichen Anhörung den Verbandsgemeindebürgermeister von Seehausen zitieren: „Die Vereine im Land sind keine exzessiven Schwarzgastronomen. Vielmehr sieht die tägliche Realität im ländlichen und ländlichsten Raum so aus, dass Vereine in der überwiegenden Zahl der Fälle dann zum Einsatz kommen, wenn Gaststätten nicht aktiv werden würden oder können.“

Nicht alle Aspekte der im Rahmen der öffentlichen Anhörung genannten Anforderungen konnten berücksichtigt werden. Da auch weitere Gesetzesnovellen angedacht sind, z.B. in der Bauordnung, werden wir weiterhin auf offene Punkte hinweisen, wie beispielsweise die Barrierefreiheit im Gaststättengewerbe und seinem Anwendungsbereich.

Unsere Fraktion befürwortet die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft zum neuen Gaststättengesetz. Eine unnötige Bürokratisierung von Dorffesten und Vereinsarbeit beim Ausschank von Getränken und Speisen wurde mit der neuen Beschlussempfehlung zum Gesetz verhindert. Das ist eine gute Nachricht, nicht nur Sportvereine oder Feuerwehrvereine, sondern für alle gemeinnützigen Vereine und Gesellschaften, vom Heimatverein, über die Volkssolidarität, den Mietertreff oder das Mehrgenerationenhaus.

Gerade im ländlichen Raum sind nach Ansicht unserer Fraktion  namentlich Vereine die noch verbliebene Stütze des geselligen Lebens, weil eine dauerhafte Einrichtung eines gastronomischen Betriebes aufgrund mangelnden stetigen Zuspruchs nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. Es ist ein gutes Signal, dass sich die anderen Fraktionen in intensiven Gesprächen auch offen gegenüber unseren Argumenten gezeigt haben.
Die Debatte um Begrifflichkeiten in einigen mitberatenden Ausschüssen ließ uns aufhorchen, nicht jedoch daran hindern, eine zügige Beratung fortzusetzen.

Selbstverständlich sind die Hinweise in Bezug auf die sogenannte "Schwarzgastronomie" ernst zu nehmen. Aber sobald die Bedingungen für einen gewerbsmäßigen Betrieb erreicht werden, gelten die Bestimmungen wie für alle anderen Gewerbebetriebe. Und nicht umsonst wird das Thema "Abschöpfung von Kaufkraft" angesprochen.
Das Kneipensterben im ländlichen Raum und nicht nur dort hat nicht weniger mit den Vereinsaktivitäten.  Abwanderung aus dem ländlichen Raum und die jahrelang propagierte Niedriglohnpolitik als Standortvorteil haben entscheidend dazu beigetragen, dass solche existenziellen Probleme der Gastronomen entstanden sind. Gerade deshalb ist es im ländlichen Raum sinnvoll, eine Kooperation zwischen örtlichen Gastronomen und Vereinen anzuregen, anstatt auf Konfrontation zu setzen.

In den letzten Tagen haben uns Stellungnahmen der IHK erreicht, da wird darauf verwiesen, dass im § 21 BGB gesagt wird, dass Vereine grundsätzlich nicht wirtschaftlich tätig zu sein haben. Allerdings  gestattet der Gesetzgeber allen Vereinen über das Nebenzweckprivileg, Mittel zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Zwecke durch wirtschaftliche Tätigkeit zu beschaffen. Diese Bedingung, dass wirtschaftliche Betätigung hinter dem Hauptzweck zurücksteht, sollten wohl die meisten Vereine bei uns erfüllen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird gesellige Vereinsarbeit ohne unnötigen Mehraufwand auch künftig möglich. Gerade auch deshalb, weil Vereine in der überwiegenden Zahl nicht vordergründig auf privaten Gewinn aus sind, sondern darauf,  das gesellschaftliche Leben aufrecht zu erhalten. Ich werbe um Zustimmung zur Beschlussempfehlung.