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Angelika Hunger zu TOP 03: Für eine faire und gerechte Lastenverteilung der Netzentgelte

Schon seit Jahren ist bekannt, dass die Netznutzungsentgelte in den Regionen der Bundesrepublik, die führend bei der Erzeugung regenerativer Energien sind, also im Osten und im Norden, um bis zu 50 % höher sind als im Rest des Landes. Eine Studie der TU Dresden gab gewissermaßen als Extremwerte an, dass die Entgelte in Düsseldorf bei 4,75 Cent pro Kilowattstunde und im Norden Brandenburgs bei 9,88 Cent pro Kilowattstunde liegen.

Die kürzlich erfolgte Ankündigung der Erhöhung der Netzentgelte um etwa 30 % durch 50 Hertz Transmission ist, denke ich, für uns alle keine Überraschung gewesen. Die Landesregierung erklärt ebenfalls seit Jahren, dass sie sich im Bund dafür einsetze, dass die Netzentgelte bundesweit angeglichen würden. Die Fraktionen hier haben das immer mitgetragen. Offensichtlich ist es im Bund bisher aber nicht mit wirklichem Erfolg passiert. Vielleicht war die Strategie falsch. Vielleicht war man zu halbherzig oder hat sich nicht mit anderen zusammengetan. Wenn sich jetzt die Wirtschaftsminister einig sind, dann ist das zumindest eine positive Entwicklung auf dieser Strecke.

Ich möchte nun auf Ihren konkreten Antrag eingehen, den Sie uns heute vorgelegt haben. Unter dem ersten Anstrich setzen Sie sich für die bundesweite Angleichung der Netzentgelte auf Übertragungsnetzebene ein. Herr Minister Möllring hat es schon gesagt, dieser Ansatz findet sich auch im Weißbuch der Bundesregierung. Es heißt dort: „In einem ersten Schritt soll daher ein einheitliches Entgelt für die Nutzung der Übertragungsnetze die Netzentgeltniveaus angleichen.“

Wir können also davon ausgehen, dass es eine Regelung in den Gesetzen geben wird, die jetzt für den Strommarkt vorbereitet werden, wenn auch sehr spät. Als ersten Schritt kann man dem auch zustimmen. Diesem Teil Ihres Antrages könnten wir also zustimmen. Unsere Vorstellungen gehen aber durchaus weiter. Wir halten auch die Umlage der Kosten für notwendig, die im Verteilnetz entstehen; denn mehr als 90 % der Erneuerbare-Energien-Anlagen speisen auf dieser Ebene ein und haben dort erhebliche Neu- und Umbaukosten verursacht. Eine Angleichung der Netzentgelte darf dann aber nicht dazu führen, dass der Netzumbau West noch einmal durch die neuen Bundesländer bezahlt wird.

Es müssen Möglichkeiten gefunden werden, unsere bereits erbrachten Vorleistungen in Rechnung zu stellen. Im Übrigen sollte man auch nicht vergessen, dass zur Angleichung bzw. Verringerung von Netzentgelten die ständige Überprüfung und Begrenzung der Befreiung von Netzentgeltzahlungen gehört. Auch das gehört zur sozial gerechten Energiewende. Um noch einmal auf die Ankündigung von 50 Hertz einzugehen: die 30 % kommen bei vielen Unternehmen hier im Land gar nicht an. Insofern, Herr Thomas, sind Ihre Tränen für die Unternehmen, die so stark belastet wären, sicherlich nur begrenzt zu verstehen.

Dem zweiten Anstrich Ihres Antrags, in dem Sie sich mit den vermiedenen Netzgelten auseinandersetzen, möchte ich so nicht zustimmen. Das Weißbuch fasst deren Abschaffung für Neuanlagen ins Auge. Das scheint mir die realistischere Lösung zu sein. Im Übrigen würde die Abschaffung für die EEG-Anlagen bedeuten, dass dieses Entgelt, das nicht die Anlagenbetreiber bekommen, nicht auf das EEG Konto eingezahlt würde. Damit könnte die EEG-Umlage steigen. Demgegenüber wären aber auch die Netznutzungskosten geringer. Welcher Effekt also letztlich erreicht würde, müsste man sich noch einmal genauer ansehen. Dass es für die KWK-Anlagen beibehalten wird, dafür würden wir uns allerdings auch einsetzen.

Ein kurzes Fazit: Am billigsten ist das Netz, das nicht gebaut werden muss. Wir werden uns auch weiter dafür einsetzen, einen Netzausbau nur in dem wirklich notwendigen Maß zuzulassen, mehr Möglichkeiten zur Nutzung des Stroms auf regionaler Ebene, zum Beispiel durch Speicherung oder stoffliche Umwandlung, zu nutzen und entsprechende Projekte im Land intensiver voranzutreiben.

Einen interessanten Ansatz hat dazu der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik mit seinem zellulären Konzept vorgestellt. Es geht von einer Versorgungsstruktur aus, bei der in jeder Zelle, zum Beispiel einer Kommune, Energieerzeugung und -verbrauch durch ein intelligentes Kommunikationssystem ausbalanciert werden. Es geht dabei nicht nur um die reine Stromversorgung, sondern gerade um die Verknüpfung von Speichern, Anwendungen der Mobilität und dem Wärmemarkt. Einen höheren Bedarf oder Überschuss gleichen diese Zellen zunächst mit benachbarten Zellen aus. Der VDE schätzt ein, dass der Bedarf für den überregionalen Stromtransport damit um etwa 45 % und damit natürlich auch der Leitungsausbau reduziert werden kann. Dieser Ansatz, der die Stärken der erneuerbaren Energien voll ausnutzt und damit auch neue zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft, scheint mir der innovativere Ansatz zu sein gegenüber einer zentralen Netzausbaustrategie.

Ich bitte also darum, dass wir über die beiden Anstriche getrennt abstimmen. Dem einen könnten wir zustimmen. Zu dem anderen würden wir uns der Stimme enthalten.