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André Lüderitz zu TOP 06: Bibermanagement verbessern - für ein Zusammenleben von Mensch und Biber

Dem Elbebiber erging es nicht viel anders als dem Wolf, ebenfalls im 19. Jahrhundert war die Tierart von einer vollständigen Ausrottung bedroht. Im Jahre 1913 wurden noch ganze 188 Tiere im Bereich des heutigen Biosphärenreservats Mittelelbe gezählt. Nur eine radikale Unterschutzstellung der Biber in diesem Bereich hatte in den zurückliegenden 50 Jahren für eine Erholung der Population gesorgt. So konnte nicht nur das Aussterben des Elbebibers verhindert, sondern sogar eine Erfolgsgeschichte geschrieben werden. Inzwischen gibt es in Sachsen-Anhalt immer hin wieder  die 2.500 Exemplare, in Deutschland insgesamt um die 25.000. Sachsen-Anhalt ist neben Bayern und Brandenburg das biberreichste Bundesland.

Inzwischen spricht man vielerorts schon von einer Biberplage. Die Kosten für die Schadensbeseitig sind im ständigen Wachsen begriffen. Andererseits wissen wir auch, wo Biber ausreichenden Lebensraum finden, bestehen auch günstige Voraussetzungen für die Vielfalt des Lebens im und am Wasser. Dies ist wiederum die Voraussetzung dafür, dass das Gewässer ausreichend Selbstreinigungskraft erlangt, Er ist uns also ein hilfreicher Indikator für eine gesunde Umwelt.

Kaum bekannt ist auch die Tatsache, dass Sachsen-Anhalt noch vor Brandenburg höchste Verantwortung für den Fortbestand der autochthonen Unterart Castor fiber albicus in Deutschland und damit auch in der Welt trägt. Schließlich befinden sich 95 % des Weltbestandes dieser Unterart in Deutschland. In Bayern gibt es zwar mit 15.000 Tieren eine starke Population, die aber durch die Wiederansiedlung verschiedener und zum Teil nicht autochthoner Unterarten eine Mischpopulation mit diversen genetischen Differenzierungen darstellt und damit nicht vergleichbar ist mit dem genetischen Potenzial unserer Unterart. Ich denke auch das sollten wir unbedingt beachten, wenn  wir darangehen, die  so genannte Biberplage beseitigen zu wollen.

Dennoch stellt sich die Situation heute in der Tat so dar, dass inzwischen durch Biber verursachte Schäden an Flussläufen, an Hochwasserschutzeinrichtungen wie Deichen  oder von ihnen verursachte stauende Nässe auf landwirtschaftlichen Flächen beklagt werden. Einzelne Unterhaltungsverbände sprechen von 50 bis 90.000 EURO Schäden. Wie im Fiener Bruch oder Drömling. Gerade auch als Holzfäller ist der Biber inzwischen auch in betroffenen forstwirtschaftlichen Bereichen als Persona non grata verschrien.

Damit ist ungeachtet der Schutzwürdigkeit des Bibers ein Konfliktpotenzial entstanden, das es zu entschärfen gilt. In diesem Sinne meinen auch wir, dass ein Bibermanagement hier helfen kann und letztlich auch helfen muss, um das Zusammenleben von Bibern und Menschen zu managen.

Erfahrungen in Bayern besagen z. B., dass für die meisten Konfliktfälle in gemeinsamen Gesprächen zwischen Natur- und Artenschützer und betroffenen Ladwirten und anderen Geschädigten Lösungen gefunden werden konnten, wenn es bei Bedarf konkrete Ansprechpartner gab, die schnell und unkompliziert zu erreichen waren. Die sofortige Reaktion auf die Sorgen und Nöte der Geschädigten ist meist schon die halbe Konfliktlösung. Die Erfahrung, ernst genommen zu werden, erhöht die Akzeptanz und Toleranz im Zusammenleben mit dem Biber. Die Arbeit mit Biberbeauftragte und Biberberater vor Ort ist daher weiter auszubauen. Eigentlich haben wir ja diesbezüglich in unserer Region angestammte Erfahrungen, die selbst die Bayern zu schätzen wussten, wie ich in einer ausgewiesenen Fachzeitschrift lesen konnte.

Eine wesentliche Aufgabe des Bibermanagements ist es, bei Konflikten zwischen Mensch und Biber zu vermitteln und zu beraten und nach Lösungen zu suchen. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass es auch um finanzielle Hilfen bzw. Ausgleichsleistungen für die Geschädigten und insbesondere für Landwirte und die Unterhalter von Gewässern gehen muss. Mitunter ist es auch nur fehlendes Wissen, das Konflikte verursacht oder verschärft. Auch Beratung und Wissensvermittlung kostet Geld und bedarf Personal.

Ich glaube, Informationsmaterial zum Biber, wie sie im 1. Punkt Ihres Antrages hervorheben - vielleicht noch in Form von Hochglanzbroschüren - haben wir inzwischen ausreichend. Was wir immer wieder feststellen ist, dass die Arbeit der Behörden vor Ort verbessert werden muss.

Im Rahmen des Bibermanagement muss es auch legitim sein als „Ultima Ratio“ in unserer Kulturlandschaft den Biber an einzelnen sensiblen Konfliktpunkten zu entfernen. Wir sind aber der Meinung, dass Eingriffe in den Bestand nicht aus der Hüfte geschehen dürfen. In einem qualifizierten Managementplan sind darum sensible bzw. gefährdete Gewässerabschnitte auszuweisen, in denen Eingriffe in Ausnahmefällen auch ohne Einzelerlaubnis möglich sind. Wenn nicht ausdrücklich Gefahr in Verzug ist, sollte dabei wenigstens eine Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde erfolgen.

Allerdings erwarten wir, dass die Behörden schnell und flexibel reagieren und angesichts der regional sehr hohen Biberbestände und des konkreten Falls im hohen Maße kooperativ sind. Ein Landwirt oder Unterhaltungsverband, der die Erfahrung gemacht hat, dass er einen Biberdamm in letzter Konsequenz (und am besten mit behördlicher Genehmigung) abtragen oder entfernen darf, bevor der Wasserabfluss beeinträchtigt wird und man seinen Acker unter Wasser sieht, steht dem Biber ohne Zweifel gelassener gegenüber als ein Landwirt, der glaubt, dem Biber ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Ich bin mir sicher, mit einer solchen Erfahrung wird dann hier und da ggf. auch auf einen tatsächlichen Eingriff verzichtet.

Eine weitere Überlegung ist die, dass wir Präventivmaßnahmen mit Blick auf die gesamte EU bedenken. Nicht nur allein um Fördermöglichkeiten in der neuen EU-Förderperiode auszuschöpfen, sondern zur Entspannung unserer Biberbestände, indem wir unsere Population gleichzeitig ausdünnen und durch eine Verbreitung in anderen Regionen Europas nachhaltig sichern. Denn was wollen Sie, meine Damen und Herren der Koalition, sonst mit den eingefangenen Nagern machen?

Der Volksstimme von heute nach zu urteilen, wollen Sie dem Biber an den Kragen oder an den Pelz.  Da wäre doch zunächst der Export ein denkbares Projekt im Rahmen eines Artenschutzprogrammes. Die Tötung wäre doch wirklich das letzte Mittel.

Kurzum: Die Betroffenen aus der Land-, Forst-, Wasser-, und Fischereiwirtschaft und sonstige mit dem Problem berührte Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Verfechter des Natur- und Artenschutzes, erwarten von der Politik, dass sie Rahmenbedingungen für ein akzeptables Bibermanagement anbieten, dass neben Aufklärung und Beratung auch ganz klare Regeln für Ausgleichsleistungen im Schadensfall sowie für einen notwendigen Eingriff in den Bestand beinhaltet.
In diesem Sinne freue ich mich auf eine angeregte Diskussion im Ausschuss.