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André Lüderitz zu TOP 05: Regierungserklärung des Ministers für Landwirtschaft und Umwelt Herrn Dr. Hermann Onko Aeikens zum Thema: „Nachhaltige Politik für eine liebens- und lebenswerte Heimat“

Beginnen möchte ich mit einem Rückblick auf die vorherige Legislatur. Sie, Herr Minister haben am 11.11.2010 eine Regierungserklärung abgegeben, damals unter dem Titel  „Die Umwelt unserer Heimat schützen“. Sie haben sich damals auf den Bereich der Umwelt in ihrem Bereich beschränkt und haben dies heute erweitert auf eine nachhaltige Politik. Aber im Wesentlichen sind  Sie sich treu geblieben, Sie wählten eine fast ähnliche Redestruktur. Eigentlich könnte ich ja dann auch meine alte Rede hervorholen. Das werde ich nicht machen, aber ich werde ich Sie, Herr Dr. Aeikens, an ihre Versprechungen aus 2010 erinnern. Das haben Sie in ihrer Rede wohl vergessen, ist ja auch über fünf Jahre her.

Ich zähle einfach mal aus, was sie in dieser Wahlperiode alles nicht umgesetzt haben:

  1. UNESCO-Anerkennung für das BiosRes Südharz, nicht umgesetzt.
  2. Entwicklung des Naturparks Drömling zum BiosRes, auch hier nicht erfüllt.
  3. Rechtliche Sicherung der Natura 2000 Gebiete, später dazu noch mehr, aber auch hier bleibt festzuhalten, dauert noch bis ca. 2019. Versprechen nicht gehalten.
  4. Flächenverbrauch reduzieren, Kompensationsmanagement einführen, auch hier bleibt festzustellen: nicht umgesetzt.
  5. Umweltbildung besser etablieren und verbindlich gestalten, auch da ist wenig Greifbares passiert.
  6. Sie wollten die biologische Vielfalt erhalten, zugegebenermaßen dies ist ein sehr anspruchsvolles Versprechen, und hier haben die dafür erforderlichen personellen Voraussetzungen in ihrem Bereich einfach gefehlt, um da wesentlich voranzukommen. Aber Sie haben dem PEK zugestimmt und es mitgetragen.


Es ist natürlich gerade im Natur-, Wasser-,  Umwelt- und Bodenschutz sehr schwierig, wenn Einwohnerzahlen für den Personalschlüssel zu Grunde gelegt werden.  Diese fachlichen Aufgaben brauchen einerseits eine durchgängige Finanzierung und andererseits werden die Personalanforderungen von der Fläche, den Flusskilometern oder den rechtlichen Kontrollvorgaben bestimmt. Da sieht es leider nicht ganz so gut, da war das Durchsteuern eher eine Slalomfahrt bei schlechter Sicht. Leider haben Sie dazu kein Wort verloren.

Bleibt also festzuhalten, mit dem Versprechen aus 2010 war es nicht so weit her, Zielstellung sechsmal  nicht erreicht. In einigen Punkten haben Sie heute zumindest eine Verlängerung beantragt.

Nun zu ihrer heutigen Regierungserklärung, die Überschrift ist schon einmal nicht verkehrt. Wir wollen alle mit einer nachhaltigen Politik dazu beitragen, dass unser Land liebens- und lebenswert bleibt sowie noch lebenswerter wird. Diesen Wunsch haben Sie auch so geäußert, nur leider haben Sie, Herr Dr. Aeikens, eine andere Sichtweise, was sich hinter einer nachhaltigen Politik verbürgt. Ihre Sichtweise kann man in dieser bunten Broschüre nachlesen. Nun kommt ja der Begriff Nachhaltigkeit auch nicht im Titel vor, aber trotzdem denke ich war dieses Heft genau unter diesem Aspekt geschrieben. Was hat diese LR alles dem Land Gutes getan und es kann nur mit uns so positiv weitergehen.

Einiges hier aufgeschriebenes ist schon etwas eigentümlich. Was z.B. der Abschnitt „Regionale Mobilität gestärkt“ auf S. 31 mit nachhaltigen oder gar ökologischen Politikansätzen zu tun. Danach findet Verkehr im ländlichen Raum nur auf Autobahnen und Straßen statt, in erster Linie als Individualverkehr, schon gar nicht gibt es etwas Konkretes zur Ausgestaltung des ÖPNV, der wird wohl eher weniger. Ist auch nicht erforderlich, denn man kann den schönen Satz lesen: „Gleichzeitig bleibt die ältere Generation länger mobil durch die Nutzung des eigenen PKW.“  

Da kann man dann das Engagement des Landes noch weiter zurückschrauben. Irgendwie ist in ihren Hause, Herr Webel, die Definition einer nachhaltigen Politik nicht angekommen. Die besteht immer noch aus drei Säulen, der ökonomischen, ökologischen und sozialen Säule, so wie es Dr. Aeikens gesagt hat. Von den beide letzteren finden wir in diesem Heft sehr wenig, zuweilen gar nichts, obwohl Sie, Herr Minister, dies doch umfänglich ausgeführt haben.

Da wir gerade bei dem Begriff der Nachhaltigkeit sind und viele wissen dürften, dass es sehr unterschiedliche Definitionen gibt, möchte will ich hier noch einmal zwei unterschiedliche Sichtweisen benennen. Einmal die Begrifflichkeit wie sie bei den Vereinten Nationen schon seit 1987 verwandt wird und auch der Minister heute dargelegt hat: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährt, das künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen als gegenwärtig lebende.“ Eine Definition, die in erster Linie nur auf die Generationengerechtigkeit abstellt. Dies ist mir zugegebenermaßen etwas zu kurz gefasst und zu weit weg von der Ursprungsaussage von Carlowitz. Als Umweltpolitiker nehme ich  lieber Bezug bei Daly (Weltbank,2001), der folgende drei Schlüsse zog:

  1. Das Niveau der Abbaurate erneuerbarer Ressourcen, darf ihre Regenerationsrate nicht übersteigen.
  2. Das Niveau der Emissionen darf nicht höher liegen als die Assimilationskapazität.
  3. Der Verbrauch nicht regenerierbarer Ressourcen muss durch eine entsprechende Erhöhung des Bestandes an regenerierbarer Ressourcen kompensiert werden.


Gehen wir von diesen Grundsätzen aus, wird sehr deutlich es gibt noch viel zu tun in Sachsen-Anhalt. Da fallen einen viele Stichworte ein, Flächen- und Ressourcenverbrauch habe ich schon genannt, aber auch bei den Emissionen liegen wir über der Assimilationsrate, hier vor allem im verkehrlichen Bereich aber auch in der Wohnungswirtschaft.  Davon war heute wieder nichts von Ihnen zu hören, aber das ist ja auch  der Bereich von Minister Webel.  Sie haben sich heute auf ihren unmittelbaren Verantwortungsbereich bezogen. So möchte ich mich nun auch unmittelbar ihrem Hause zu wenden.

Zuerst einmal bleibt festzustellen, in ihrem Haus und vor allem in den vielen nachgeordneten Bereichen wird trotz zunehmender personeller Anspannung eine gute Arbeit geleistet. Dafür  gebührt den Kolleginnen und Kollegen unser aller Dank. Aber in den Worten personelle Anspannung widerspiegelt sich auch die Crux, die oftmals vorherrscht. Nicht alle Aufgaben können so wie es möglich und erforderlich wäre umgesetzt werden. Ich möchte einige wenige dieser Probleme benennen.

Beginnen möchte ich mit der Umsetzung von Natura 2000. Da wurden in der letzten Förderperiode erst einmal über 15 Mio. Euro aus diesem Bereich um geschaufelt. Nach dem nun Brüssel mit Vertragsverletzungsverfahren gedroht hat, ist 2015 etwas Bewegung in das Umsetzungsverfahren gekommen, wie Sie es geschildert haben. Personelle Verstärkung im Landesverwaltungsamt, mehr finanzielle Mittel, Konzentration auf eine VO (die ich nach wie vor kritisch sehe). Aber man muss feststellen, Sachsen-Anhalt hat gemeinsam mit Niedersachsen und Thüringen aus Sicht von Brüssel die rote Laterne bei der Umsetzung. In Thüringen geht nun deutlich schneller voran, da war aber ein Regierungswechsel erforderlich. Es wäre bei uns wohl auch hilfreich, denn auch die Managementplanung, die begleitend erforderlich ist, erfolgt nur sehr schleppend. Übrigens ein Thema das nunmehr in die dritte Wahlperiode geschleppt wird.

Nicht viel besser sieht es bei den ELER-Richtlinien aus, voll Stolz, Herr Minister, haben Sie im letzten Ausschuss berichtet, dass Sie die Mittel der letzten Förderperiode zu 98 % ausgeschöpft haben und in der jetzigen Förderperiode sogar etwas mehr Mittel zur Verfügung stehen. Aber das kaum eine Richtlinie für die neue Förderperiode vor allem im Natur- und Umweltschutz in Anspruch genommen werden kann, dazu kein Wort. Nur Absichtserklärungen. Das Fehlen dieser Richtlinien führt unweigerlich dazu, dass viele Maßnahmen vor Ort Stückwerk bleiben oder 2016 einfach ausfallen werden. Das hat mit nachhaltiger Politik nichts zu tun. Da hilft auch kein Dank an die ehrenamtlich engagierten Natur- und Umweltschützer, fehlende Projektmittel führen eher zu Frust und Resignation. Das wollen Sie ja wohl auch nicht.

Sie loben sich für die erfolgreiche Arbeit im wasserwirtschaftlichen Bereich, ja hier ging es aufwärts. Es brauchte leider ein Hochwasser, um insbesondere im LHW die erforderlichen personellen und über ein überarbeitetes Hochwasserschutzkonzept die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Aber im Rückspiegel betrachtet bleibt festzuhalten, die personelle Verstärkung ist nur befristet. Hier braucht es eine Entfristung. Und das HWSK wurde erst 2014 erhöht, zum alten um mehr als 80 Mio. Euro, und wenn ich 2011-13 rausrechne sogar um mehr als 150 Mio. Euro. Das ist auch gut so, und ich hoffe, dieses Vorgehen halten wir auch in der 7. Wahlperiode so durch. Es wäre meine eindringliche Bitte.

Wie auch schon 2010 haben Sie wieder die Arbeit der LAF gelobt, dem kann ich mich nur anschließen. Dies nicht nur für die eigentliche Tätigkeit bei der Altlastenfreistellung und Revitalisierung, sondern genauso für die Arbeit und Betreuung der Kommunen bei der Vernässungsproblematik und der Deponien Vehlitz und Möckern. Leider wird dieses Engagement   bei den ökologischen Großprojekten und der Altlastenflächensanierung zu wenig in einigen anderen Häusern anerkannt oder in Anspruch genommen, zu oft werden für Investitionen bei Industrie- und Gewerbeansiedlungen einfach landwirtschaftliche Flächen beansprucht. So richtig kommen wir bei einem wirkungsvollen Flächenmanagement nicht voran. Dies lässt sich auch nahtlos feststellen für den Klimaschutz, vielfach diskutiert bleibt es bei unserer Meinung, viel Papier und Konzepte, wenig abrechenbare Ziele und das Fehlen von einigen Bereichen wie z. B. den Verkehrsbereich oder Gebäudemanagement.

Es ließen sich noch eine Vielzahl von anderen Bereichen aufzählen, Tierschutz und Wald sind heute noch an anderer Stelle dran. Eins muss ich noch loswerden, ihre Ausführungen zu den Neophyten. Die mögen ja interessant sein, für alle die nicht im letzten Umweltausschuss anwesend waren. Aber die dort formulierten Erfordernisse sind immer noch nicht in Ihrem Haus angekommen. Wir brauchen dafür handlungsfähige Strukturen, die dies leisten können.