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"... dann sind personelle Konsequenzen unumgänglich"

Auf Antrag der Fraktion DIE LINKE fand im Landtag eine aktuelle Debatte zur Fördermittelaffäre in Wolmirstedt statt

Es gibt Landtagsdebatten, da möchte einem als Zuhörer Mimik und Gestik außer Kontrolle geraten. Was tun? Den Kopf schütteln? Die Hände vors Gesicht schlagen? Die Kinnlade runter klappen lassen oder vielleicht doch lieber Lachen? Nein, Letzteres kam wohl kaum infrage angesichts der Rede, die Verkehrsminister Webel dem Plenum zur jüngsten Landtagssitzung zumutete. Er selbst stand im Fokus der aktuellen Debatte, die die Fraktion DIE LINKE nach Veröffentlichung eines Berichts des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) über die Fördermittelaffäre um die Jahnsporthalle in Wolmirstedt beantragt hatte. War diese bereits vor einem Jahr Thema im Landtag, verdichten sich inzwischen die Hinweise, dass CDU-Parteienfilz für die öffentliche Förderung einer Sporthalle sorgte, die nicht im öffentlichen Interesse lag sondern einzig parteiinterner Begünstigung diente.(siehe Artikel Volksstimme)

Mittendrin statt nur dabei – in etwa so lässt sich auf Grundlage des OLAF-Berichts die Rolle von Thomas Webel als damaligen Landrat im Bördekreis und heutigen Verkehrsminister vermuten. Warum er von mehrfachen Hinweisen auf schwerste Mängel bei der Fördermittelvergabe für die Jahnsporthalle nichts gewusst haben will, ist das Mindeste, was er sich fragen lassen muss. Webel selbst sieht das natürlich anders. Vielleicht liegt es daran, dass er den Ernst der Lage nicht begreift, vielleicht hat er auch das Parlament kurz nach dem 11.11. mit einer Karnevalsgesellschaft und die Ministerbank mit dem Elferrat verwechselt. Was er hervorbrachte, war eine Büttenrede, die vom Niveau nicht mal in die Nähe dessen rückte, was angemessen gewesen wäre.

Tatsächlich ist Minister Webel nämlich völlig unschuldig und ein Opfer. Ein Opfer von Frank Thiel, der vorher mehr als deutlich die Ungereimtheiten um die Jahnsporthalle zur Sprache brachte. Ein Opfer der Opposition überhaupt, vor allem aber ein Opfer der bösen Journaille. Die beschäftigt nämlich üble Schmierfinken, die man erst mal an den Pressekodex erinnern muss. Das Medienbashing nahm ungefähr 90 Prozent seiner Rede ein. Warum er der angeblich so falschen Berichterstattung zum entsprechenden Zeitpunkt keine Gegendarstellung entgegensetzte, blieb in den Sternen. Schließlich drohte die intellektuelle Überforderung des Parlaments, als er zum fünften Mal betonte: „Fakten aus Akten statt Meinungen aus Zeitungen“. Die Fakten aus den Akten des OLAF-Berichts interessierten ihn zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht.

Irgendwann zum Schluss dann doch – allerdings in Form einer imaginären Handbewegung, die den Bericht ganz schnell vom Tisch räumte. Im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung sei man eben auch nicht unfehlbar – so einfach ist das. Helau! Nach dieser lächerlichen bis dreisten Rechtfertigungsarie blieb selbst manch altgedienter Parlamentarier irritiert zurück. Bleibt abzuwarten, wie lange es Minister Webel noch danach zumute ist, vor dem Parlament seinen persönlichen Fasching zu feiern. Dass er sich am selben Tag noch in der Volksstimme mit dem zweifelhaften Kompliment eines CDU-Kollegen zitieren ließ, macht die Sache nicht besser: „Der Webel könnte auch in Häftlingsklamotten und Handschellen in einer Zelle fotografiert werden - und würde trotzdem gewählt werden“. Was soll man dazu noch sagen?

Unserem wirtschaftspolitischen Sprecher Frank Thiel war es jedenfalls bitter ernst: „Über mögliche strafrechtliche Belange hat OLAF die Strafverfolgungsbehörden informiert. Wir sind gespannt, welche Reaktionen hier kommen werden. Wenn sich jedoch die Vorwürfe von unrechtmäßigem Handeln nach Anhörungen in unseren Ausschüssen bestätigen und zwar egal auf welcher Ebene (…) dann sind personelle Konsequenzen unumgänglich“, sagte er. Der rote Faden von Dessau über Magdeburg, Stendal, Bad Kösen und Wolmirstedt wird jedenfalls immer länger. „Manche meinen, sich alles erlauben zu können mit der Begründung es gehe doch schließlich ums Allgemeinwohl, aber die eigenen Interessen hat man dabei fest im Blick. Es ist an der Zeit, die Zuflüsse für solche Sümpfe auszutrocknen“, so Frank Thiel.