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Nachfolgende Generationen dürfen nicht weggespart werden – Schuldenbremse ist Investitionsbremse für die Zukunft

In der Debatte um den Nachtragshaushalt im Landtag von Sachsen-Anhalt betont Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende:

„Nachtragshaushalt, Bundesverfassungsgericht, Schuldenbremse, Verfassungsbruch – das Ganze wurde bekanntermaßen nötig, weil das Bundesverfassungsgericht das haushaltspolitische Agieren der Bundesregierung für verfassungswidrig und nichtig erklärt hatte. Und das aus nachvollziehbaren Gründen. Trotz erklärter Notlagen dürfe eine Regierung nicht Kredite wahllos bzw. nach Gutdünken verschieben. Ein unmittelbarer Zusammenhang der geplanten Ausgaben mit der Bewältigung der jeweiligen Krise muss bestehen und ist von der Regierung nachvollziehbar darzulegen. Dass wir heute hier kurzfristig den Landtag einberufen haben und einen mit heißer Nadel gestrickten Nachtragshaushalt zuzüglich einer Notlage für das nahezu abgelaufene Haushaltsjahr 2023 beschließen sollen, erklärt einigermaßen deutlich, in welch prekärer Situation wir uns befinden.

Die Linke hat eine differenzierte Haltung zu den aktuellen Sachverhalten. Wir haben das Sondervermögen unterstützt und haben sogar mehr Geld darin für nötig erachtet – unter anderem für den massiven Investitionsstau in unseren Krankenhäusern, der zum einen durch die Profitlogik und zum anderen auch durch die Schuldenbremse überhaupt erst entstanden ist. Wir halten - wie viele renommierte Ökonomen - die Schuldenbremse, wie sie 2009 in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geschrieben wurde, für eine schädliche Einschränkung politischer Handlungsfreiheit, weil sie dringend notwendige Investitionen bremsen kann. Die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse für die Zukunft!

Während die Aufnahme von Staatskrediten immer wieder als Schuldenlast dargestellt wird, die wir „nachfolgenden Generationen“ hinterlassen würden, scheint es nicht weiter zu stören, dass wegen der unterlassenen Investitionen die Schulen verrotten, nicht genug Lehrer:innen ausgebildet werden, die gesundheitliche Versorgung gefährdet ist, die Bahn dem technischen Verfall ausgesetzt ist oder dringend notwendige Maßnahmen des Datennetzausbaus und der Digitalisierung verschoben und verbummelt werden.

Jede und jeder kann nicht zuletzt in den gerade zu Ende gehenden Haushaltsberatungen erkennen, dass wir uns auch als Linke sinnvollen Sparsamkeitsgrundsätzen nicht verwehren. Aber die willkürlich gezogene Schuldenbremse lehnen wir ab. Die Absurdität dieser Regelungen wird doch offensichtlich, wenn im letzten Jahr 100 Milliarden Euro, das sind übrigens 7 (!) Landeshaushalte von Sachsen-Anhalt, für das Sondervermögen Bundeswehr einfach aus der Regelung der Schuldenbremse herausgenommen wurden.

Wir haben kaum Geld für das Gesundheitssystem und die dort Beschäftigten, für das Bildungssystem, für Subventionen der ärmsten Menschen, um sich Essen und Heizung leisten zu können oder Kommunen um Geflüchtete vernünftig versorgen und unterbringen zu können, aber für Rheinmetall, Krauss-Maffey oder Heckler & Koch ziehen wir richtig die Spendierhosen an. Das gehört zu den Sachen, die CDU, SPD, FDP und die Grünen den Menschen nicht erklären können und die ich ihnen nicht erklären möchte. Unsere Ablehnung dieser Schuldenbremse im Bund ist eine Konstante, die Die Linke leider in den vergangenen 12 Jahre allein auf weiter Flur vertreten musste.

Wir als Linke sagen deutlich: nachfolgende Generationen dürfen nicht weggespart werden! Es kann nicht nur um die punktuell zweifelsohne erforderliche finanzielle Unterstützung der Wirtschaft gehen. Es geht um das hier und jetzt junger Menschen, letztlich um nicht weniger als den sozialen Frieden in unserem Land. Die Bundesregierung hätte noch in diesem Jahr einen soliden Bundeshaushalt auf den Weg bringen müssen, der die Gesellschaft zum Besseren gestaltet und soziale Sicherheit bietet. Wir brauchen dringend eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen auch verdient. Was glauben Sie eigentlich, was der Grund dafür ist, dass sich kürzlich in unserem Land eine Landesarmutskonferenz gegründet hat.

Was glauben Sie eigentlich, warum dem Netzwerk gegen Kinderarmut immer mehr gesellschaftliche Akteure beitreten: zuletzt der Landesverband der Freien Berufe. Sie haben begriffen welche Gefahr diese Armut in unserem Land für den sozialen Frieden ist. Nicht diese Netzwerke sind Armutszeugnisse für unser Land, sondern die Zahl der Kinder, Jugendlichen, Heranwachsenden, Familien und Rentnerinnen sind der Skandal. Jedes vierte Kind und jeder dritte junge Erwachsene ist armutsgefährdet! Das ist völlig inakzeptabel!

Wir brauchen ein Umdenken in der Haushalts- und vor allem Steuerpolitik! Noch vor einem Dreivierteljahr hat die CDU über eine Einkommenssteuererhöhung bei Spitzenverdienern diskutiert. Das ist der richtige Weg! Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass die CDU nur auf die Ärmsten in unserem Land schaut und diese schlechter stellen will?

Wer verdient daran? Die vermögendsten Familien in unserem Land, denen Aldi, Lidl und Kaufland gehören. Warum sollten die von den vielen Milliarden nicht mehr abgeben, um tatsächlich auch etwas für den dringend erforderlichen sozialen Frieden zu tun? Wenn Sie als Landesregierung sinnvolle Vorstöße zur Sicherheit der Menschen in Sachsen-Anhalt unternehmen, werden Sie uns immer an Ihrer Seite haben. Vielleicht aber muss die CDU Sachsen-Anhalt überhaupt erst einmal eine Position für sich entwickeln.

Während der Ministerpräsident sich eindeutig für eine solche Reform ausgesprochen hat, scheint der Landesvorsitzende und amtierende Wirtschaftsminister eher ein Fähnchen im Winde zu sein. Mal springt er hierhin und stimmt Merz zu, mal applaudiert er dem Kanzler, weil der die Intel-Ansiedlung als gesichert erklärt. Die unmittelbaren Folgen der Haushaltskrise schwappen direkt nach Magdeburg und das Umland. Wie Sie alle wissen, sollten die Subventionen für Intel, damit die ihre Chipfabrik in unserem schönen Land bauen, direkt aus dem jetzt zusammengestrichenen Klima- und Transformationsfonds kommen.

Vor allem hätten wir gern eine verbriefte Zusage, denn ein Telefonat auch mit dem Kanzler ist unzureichend, weil rechtlich nicht verbindlich! Wenn diese Ansiedlung plötzlich zur Disposition der Kanzlerträume von Friedrich Merz stünde, wäre das ein fatales Signal an die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Wir werden uns zum Beschluss zur Notlage heute enthalten. Es ist Ihre Verantwortung und Sie stärken in uns nicht die Hoffnung durch Ihr Agieren auf Bundesebene, die Haushaltslage in unserem Land tatsächlich nachhaltig zu verbessern. Wir bedauern das sehr. Für die Menschen in Sachsen-Anhalt. Zum Nachtragshaushalt kann ich nur sagen: Kehren Sie endlich zu Haushaltsklarheit und Wahrheit zurück, verletzen Sie nicht die Verfassung, kehren Sie zu soliden, parlamentarischen Verfahren zurück. Dann können Sie mit unserer konstruktiven Kritik und Unterstützung in dieser Krisensituation rechnen. Für die Menschen in Sachsen-Anhalt.“

 

Magdeburg, 11. Dezember 2023