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Studienreise in die USA

Reisebericht: Unsere Abgeordnete Monika Hohmann nahm als einzige Vertreterin des Landtags Sachsen-Anhalt an einer Reise der Partnerschaft der Parlamente teil

Gemeinsam mit Abgeordneten aus verschiedenen deutschen Landesparlamenten und der Schweiz nahm ich an einer Studienreise der Partnerschaft der Parlamente (PdP) teil. Vom 26. September bis zum 06. Oktober 2014 waren die Bundesstaaten Nevada und Kalifornien unsere Reiseziele. Die Vermittlung politischer Inhalte, der Meinungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort und der Vergleich von Politikmodellen standen im Mittelpunkt der Reise. Die Diskussionsschwerpunkte bildeten sowohl in Nevada als auch in Kalifornien die Politikfelder Klima, Energie, Umwelt, Landwirtschaft und Bildung.

Eine Station der Reise führte uns zum Lake Tahoe an der Grenze von Nevada nach California. Seit Jahren kümmert sich die Tahoe Regional Planning Agency um Umweltfragen dieses größten Gebirgssees Amerikas mit einer Tiefe bis zu 500m. Eine große Bedrohung ist der Befall von Zebramuscheln, die alles erfassen und Algen anlocken. Umfangreiche Maßnahmen, die ebenfalls von der Bundesregierung finanziell unterstützt werden, sollen die Wasserqualität in dieser ansonsten wüstenreichen Region bewahren.

Auf unserer Reise besuchten wir auch die Landtage in Carlson City, der Hauptstadt von Nevada und Sacramento, der Hauptstadt von Kalifornien. Obwohl die beiden Bundesstaaten dicht beieinander liegen, bestehen große Unterschiede in der Parlamentarierarbeit. So gibt es in Nevada ein Teilzeitparlament, in welchem die Abgeordneten maximal 12 Jahre tätig sind. Gesetze dürfen nur bei ungeraden Jahreszahlen eingebracht werden. Dafür hat man 120 Tage Zeit. Danach gehen die Abgeordneten wieder in ihre Heimatstädte zurück und kommen höchstens zu Ausschuss- oder dringenden Sondersitzungen zusammen. In Kalifornien gibt es hingegen ein Vollzeitparlament, in dem man maximal 24 Jahre tätig ist. Die Anzahl der Abgeordneten und Senatoren bemisst sich in beiden Bundesstaaten an der Einwohnerzahl. So ist ein Abgeordneter im Unterhaus in Nevada für 65.000 Einwohner zuständig, in Kalifornien dagegen für 500.000. Ein Senator in Nevada betreut 130.000 Einwohner, sein Kollege in Kalifornien ist für ca. 1 Millionen Menschen zuständig.

Bei einem Besuch der Universitäten in Nevada (Reno, 20.000 Studenten) und Kalifornien ( Berkeley, 35.000 Studenten) konnten wir uns von hervorragenden Studienbedingungen überzeugen. So gibt es z.B. in Reno für die Studierenden einen offenen Zugang zu 3D-Druckern für Gips und Kunststoffe, der bewegliche Teile kreiert. Zudem haben wir uns die Forschungen zu erdbebengeschützten Bauten angesehen, bei denen mit horizontalen und vertikalen Rüttelplatten die Auswirkungen von Erdbeben bis Stufe 9 auf Gebäude simuliert werden. Während der Neubau von erdbebensicheren Gebäuden heute problemlos gelingt, sind diese Forschungen auf die Sicherung und Nachrüstung älterer Gebäude ausgerichtet. In Berkeley prognostizierte ein Politikprofessor anlässlich der bevorstehenden Kongresswahlen und anhand der Wählertypen in den US- Staaten, wie sich die Stimmenverhältnisse wohl deutlich zugunsten der Republikaner verschieben werden.

Bei Gesprächen mit Bildungsverantwortlichen der Exekutive beider Landtage stellte sich heraus, dass es große Probleme mit Schulabbrechern gibt. Bundesweit sind es 22 % der Jugendlichen, die ohne Abschluss die Schule verlassen. Die Bundesregierung stellt als Gegenmaßnahme verschiedene Förderprogramme bereit. Einen weiteren Vorstoß plant der Bundesstaat Nevada mit der Einrichtung einer dualen Berufsausbildung nach deutschem Vorbild. Dazu soll es ein einjähriges Austauschprogramm mit Deutschland direkt im Anschluss an die Berufsausbildung geben. Zusammen mit der GIZ (bundeseigene Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) soll ein Pilotprojekt gestartet werden, an dem Sachsen-Anhalt bereits interessiert ist. Sachsen und Thüringen sollen ebenfalls über die IHK und Handwerkskammer beteiligt werden.

Während unseres Aufenthaltes haben wir noch weitere Einrichtungen besucht. In einem Forschungsinstitut in Reno haben wir uns im Eiskernlabor mit der Eiskernbohrung und entsprechenden Forschungsergebnissen beschäftigt. Ein anderes Versuchslabor zeigte uns die Möglichkeiten der Brandbekämpfung durch Simulation von Bränden anhand einer virtuellen Darstellung von Wäldern. Auf dem privat betriebenen Reno-Stead-Flughafen ging es um unbemannte Flugkörper zur zivilen Nutzung. Nevada ist eines von sechs Forschungsgebieten zu diesem Thema in den USA. Zivile Anwendungsmöglichkeiten sind u. a. Landkartenvermessung und Vegetationserfassung, Waldschutz, Flusskartierung, Tier- und Populationsidentifizierungen, Landwirtschaftseinsätze, Suche und Hilfe bei Hochwasser oder auch Echtzeitaufnahmen bei Katastrophen in unwegsamen Gebieten.

Zum Schluss noch einige Informationen zum Klimaschutz: In Kalifornien werden strengere Auflagen zum Umweltschutz beispielsweise bei Firmenansiedlungen gegeben als in Nevada. In Kalifornien sollen bis 2020 1,5 Millionen Autos elektrobetrieben fahren. Weitere Maßnahmen zum Stopp des Klimawandels wurden im Klimaschutzgesetz AB 32 in Kalifornien verabschiedet. Hier geht es auch um die Regulierung des Grundwassers. Beide Bundesstaaten haben erhebliche Probleme mit dem Klimawandel und gehen unterschiedlich dagegen vor. Kalifornien, auf Grund seiner Einwohnerzahl von knapp 40 Millionen, ist bei der Ergreifung von Maßnahmen viel resoluter. Das beweist ihr Gesetz AB 32. So weigerte sich die Firma Tesla, die geforderten Auflagen in Kalifornien umzusetzen. Stattdessen ging sie nach Nevada und baut nun dort in Reno ihren Betriebsstandort auf. Außerdem braucht die Firma hier keine Steuern zu bezahlen. Tesla baut die Batterien für Elektroautos und möchte ca. 6000 Beschäftigte einstellen.

Insgesamt war die Studienreise sehr interessant und gut organisiert. Wir erhielten einen umfänglichen Einblick in sehr viele Politikfelder. Auch der Empfang unserer kleinen Delegation im Rathaus von San Francisco zu Ehren des Tages der Deutschen Einheit ist erwähnenswert. Seit 14 Jahren wird die deutsche Fahne zum Nationalfeiertag am 3. Oktober auf dem Balkon des Rathauses in San Francisco gehisst. Zu diesem Anlass erhielt in einer kleinen Feierstunde der neue deutsche Generalkonsul sein Zulassungsschreiben durch den stellv. Bürgermeister. Leider ging die zwar anstrengende, aber sehr schöne Zeit viel zu schnell vorbei. Ich bin gespannt, wie das Projekt zur dualen Ausbildung zwischen Nevada und Sachsen-Anhalt gelingt. Die Kontakte sind geknüpft.

Partnerschaft der Parlamente (PdP) wurde zum Abschluss einer Studienfahrt deutscher Landtagsabgeordneter nach San Francisco 1983 gegründet und hat zur Zeit rund 340 Mitglieder aus Deutschland, Österreich, den USA und der Schweiz. Die Mitgliedschaft setzt sich annähernd zu gleichen Teilen aus Parlamentariern und Nichtparlamentariern zusammen. Die PdP arbeitet eng mit der National Conference of State Legislatures (NCSL) in den USA zusammen. Bei der NCSL handelt es sich um den wichtigsten Dachverband der amerikanischen Landtage, in dem ca. 7.500 Abgeordnete und 20.000 Mitarbeiter der Parlamente organisiert sind.


Monika Hohmann