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Arbeit und Auskommen für die Menschen vor Ort

Unser agrarpolitischer Sprecher Hans-Jörg Krause über die Verwerfungen am Bodenmarkt, das gescheiterte Agrarstrukturgesetz der Landesregierung und alternative Lösungsansätze der Fraktion DIE LINKE

Der Entwurf eines Agrarstrukturgesetzes der Landesregierung schlug in den letzten Monaten hohe Wellen in Sachsen-Anhalt. Zwar gilt es durchaus, Verwerfungen auf dem Bodenmarkt einzudämmen, doch der Gesetzentwurf schoss deutlich am Ziel vorbei. Statt nichtlandwirtschaftliche Investoren, die landwirtschaftliche Flächen für sich als lukrative Geldanlagemöglichkeit entdeckt haben, vom Acker zu jagen, stellte er gewachsene und von einer breiten Dorfbevölkerung getragene und akzeptierte Betriebs- und Agrarstrukturen in Frage. Neben zahlreichen Verbänden, u.a. dem Bauernverband, dem Grundbesitzerverband und dem Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverband Sachsen-Anhalt stellte sich auch die Fraktion DIE LINKE mit mehreren parlamentarischen Initiativen auf die Seite der Kritiker des geplanten Agrarstrukturgesetzes und forderte in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause, das Vorhaben nicht weiter zu verfolgen. Der öffentliche wie politische Druck, der nicht zuletzt durch ein Gutachten des Verbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften der Bundesrepublik bestätigt wurde, zeigte offensichtlich Wirkung. Noch bevor der entsprechende Antrag der Fraktion DIE LINKE verhandelt wurde, nahm die Landesregierung ihren Gesetzentwurf zurück. Rückblickend sprachen wir darüber mit unserem agrarpolitischen Sprecher Hans-Jörg Krause.

Was ist das konkrete Problem am Bodenmarkt? Oder anders gefragt: Vor welchem Hintergrund plante die Landesregierung ihr Agrarstrukturgesetz?

Hans-Jörg Krause: Der Verkauf von Boden hat sich in den letzten Jahren zu einem lukrativen Geschäftsfeld entwickelt, mit dem nicht landwirtschaftliche Geldgeber und Investoren durch Verpachtung Erlöse und Rendite erzielen. Nach wie vor werden durch die Treuhandgesellschaft BVVG (Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH) ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Flächen in den ostdeutschen Bundesländern im Auftrag des Bundes privatisiert und meistbietend versteigert. Dadurch gelangt Boden vielfach in den Besitz von Spekulanten, die mit Landwirtschaft gar nichts zu tun haben und die an einer eigenen landwirtschaftlichen Nutzung ihres erworbenen Landes genauso wenig interessiert sind wie am Erhalt der Fruchtbarkeit des Bodens, an regionaler Entwicklung und an Daseinsvorsorge im ländlichen Raum. Für sie gilt, durch Weiterverpachtung Geld zu verdienen. Hier ansässige Landwirte können sich die hohen Pachten wiederum nicht mehr leisten, denn die Preise sind inzwischen so hoch, dass sie durch landwirtschaftliche Tätigkeit nicht mehr zu erwirtschaften sind. Die Preisspirale hat sich inzwischen derart in Gang gesetzt, dass die Bodenpreise in den letzten zehn Jahren um ein zweieinhalbfaches gestiegen sind. Auch bleibt das Geld nicht in der Region, da die Käufer meist ganz woanders sitzen und Bodeneigentum quasi aus dem ländlichen Raum herausgelöst wird.

Dieser geschilderten Problematik sollte also mit dem geplanten Agrarstrukturgesetz entgegengewirkt werden?

Hans-Jörg Krause: Zumindest konnte man den Landwirtschaftsminister Aikens zunächst so verstehen. In seiner Regierungserklärung in der Februarsitzung des Landtages machte er deutlich, dass er diese Entwicklung kritisch sieht und dass das Land in den Händen der Landwirte vor Ort bleiben muss.

Was war dann der Haken am Entwurf des Agrarstrukturgesetzes der Landesregierung?

Hans-Jörg Krause: Dazu muss man zunächst sagen, dass ein Agrarstrukturgesetz in Sachsen-Anhalt gar nicht nötig ist, um den geschilderten Entwicklungen auf dem Bodenmarkt zu Leibe zu rücken. Die notwendigen Regelungen, um derartige Preisexplosionen und Spekulationshandel zu verhindern, finden sich im bestehenden Grundstücksverkehrsgesetz, nur müsste dieses dazu auch voll ausgeschöpft werden. Durch die Herauslösung der BVVG aus dem Grundstücksverkehrsgesetz wurde Selbiges quasi unterlaufen. Der Entwurf des Agrarstrukturgesetzes wiederum wollte letztlich was ganz anderes, als es Landwirtschaftsminister Aikens in seiner Regierungserklärung vermuten ließ. Einerseits bot der Gesetzentwurf keine Regelungen, die der Bodenspekulation Einhalt hätten gebieten können, andererseits sah er eine Obergrenze von 2000 Hektar für die Größe landwirtschaftlicher Betriebe vor, was ganz klar ein Angriff auf die gegenwärtige Agrarstruktur, Weiterentwicklung und Wertschöpfung im ländlichen Raum gewesen wäre, die von den Menschen vor Ort so gewollt ist. Ein Agrarstrukturleitbild halten auch wir als Fraktion DIE LINKE für sinnvoll. Jedoch sollten nicht Größe und Hektarzahlen die entscheidenden Parameter sein sondern eine vernünftige regionale Agrarstruktur, die den Menschen im ländlichen Raum Arbeit, Einkommen und Auskommen gibt.

Bleibt aber zunächst das Problem der Bodenspekulation und der Explosion der Bodenmarktpreise. Welche Lösungen bietet die Fraktion DIE LINKE hier an?

Hans-Jörg Krause: Wir plädieren zunächst dafür, dass der Privatisierungsauftrag der BVVG nicht verlängert wird. Darüber hinaus muss der Kreis jener, die Boden erwerben dürfen, größer werden, um den Boden im Dorf bzw. in der ländlichen Struktur zu halten. Dass wie bislang Mitglieder und Beschäftigte in Genossenschaften nicht erwerbsberechtigt sind, wollen wir ändern. Bei 120 Prozent der regional üblichen Bodenpreise wollen wir zudem eine Preisobergrenze einführen. Der fiskalische Ansatz zur Bewertung des Bodens muss zurückgenommen werden, denn als wichtigstes Produktionsmittel in der Landwirtschaft muss er für diese immer verfügbar und finanzierbar sein.

Vielen Dank für das Gespräch!