Überfüllte Praxen, lange Wartezeiten, Termine als Luxus – Gesundheitsversorgung vor dem Kollaps
Zur Situation der medizinischen Versorgung im Land Sachsen-Anhalt erklärt Nicole Anger, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Landtag:
„Die medizinische Versorgung in Sachsen-Anhalt gerät zunehmend ins Wanken. Ob Hautärzt:innen, Kinderärzt:innen oder Hausärzt:innen – der Mangel ist eklatant. Besonders betroffen sind die ländlichen Regionen wie Salzwedel, der Börde oder Anhalt-Bitterfeld. Die Fraktion Die Linke Sachsen-Anhalt warnt seit Jahren eindringlich vor den sozialen und gesundheitlichen Folgen und fordert ein entschlossenes Gegensteuern.
Die Landesregierung darf nicht länger zuschauen, wie die medizinische Versorgung auf dem Land kollabiert. Wenn wir nichts tun, stehen Menschen bald überall stundenlang Schlange wie in Bitterfeld-Wolfen bei der neuen Augenärztin. Das ist kein Einzelfall – das ist der Anfang einer flächendeckenden Unterversorgung.
Besonders dramatisch sind die Zahlen in mehreren Regionen:
• In der Börde liegt der Versorgungsgrad bei Kieferorthopäd:innen nur bei 39 Prozent, in Anhalt-Bitterfeld sogar bei 34,7 Prozent, im Saalekreis bei 54 Prozent.
• In Salzwedel gibt es überhaupt keinen Hautarzt, Augenärzt:innen sind dort nur zu 65 Prozent verfügbar.
• Die Börde verliert aktuell Kinderärzt:innen – 1,5 Stellen fehlen, der Versorgungsgrad liegt bei 82 Prozent.
Wir sehen hier das Ergebnis einer jahrelangen verfehlten Gesundheitsplanung. Das ist keine Naturkatastrophe, sondern politisches Versagen. Wo Kinder keinen Kinderarzt mehr finden, wo ältere Menschen keine Hausärztin mehr in erreichbarer Nähe haben, ist das ein Alarmsignal, das wir nicht länger ignorieren dürfen.
Bei den Hausärzt:innen wird die Lage zunehmend kritisch:
• In Dessau-Roßlau fehlen 15,
• in Salzwedel 13,5,
• in Wernigerode 14,5 Ärzt:innen.
Das Gesundheitsministerium selbst geht davon aus, dass bis 2035 rund 5.000 Ärztinnen und Ärzte im Land Sachsen-Anhalt benötigt werden. Pro Jahr wären das mindestens 420 bis 455 neue Fach- und Hausärzt:innen sowie 74 Zahnärzt:innen, um den Bedarf zu decken. Das derzeitige Tempo der Landesregierung ist jedoch viel zu langsam, die geplanten Schritte viel zu klein.
Wir brauchen keine kosmetischen Maßnahmen wie No-Show-Gebühren – wir brauchen eine echte Planung. Es braucht jetzt mehr Studienplätze, Landarztquoten und öffentliche Versorgungsstrukturen. Die Menschen haben ein Recht auf wohnortnahe Gesundheitsversorgung.
Die Fraktion Die Linke Sachsen-Anhalt fordert daher:
• Mehr Medizinstudienplätze im Land – mit einer festen Quote für Studierende, die sich zur Tätigkeit im ländlichen Raum verpflichten.
• Förderung von kommunalen und gemeinwohlorientierten Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), gerade in ländlichen Regionen.
• Bessere Arbeitsbedingungen und finanzielle Anreize bei Umbau von Praxen für Hausärzt:innen und Fachärzt:innen auf dem Land.
• Abkehr von der Kommerzialisierung – Gesundheit darf keine Ware sein.
Gesundheit ist Daseinsvorsorge. Jetzt ist höchste Zeit für klare Entscheidungen.
Magdeburg, 02. Mai 2025