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Wulf Gallert zu TOP 28: Dienstwagenprivileg ökologisch und sozial gerecht reformieren

Möglicherweise ist der Sachverhalt um den es jetzt geht für diejenigen, die mit dem Thema noch nichts zu tun haben, nicht so leicht nachzuvollziehen. Für andere wiederum ist er ein sehr gut bekannter Sachverhalt, weil sie vielleicht persönlich in der einen oder anderen Form schon davon profitiert haben oder jemanden kennen, der das tut. Deswegen kurz eine Erklärung am Anfang zur Sache.

Bei dem sog. Dienstwagenprivileg geht es um folgenden Sachverhalt.

Ein Arbeitnehmer, der übrigens auch der leitende Geschäftsführer in einer Firma sein kann, bekommt einen Dienstwagen und gleichzeitig die Erlaubnis, diesen privat zu nutzen. Dafür muss der Arbeitnehmer im Normalfall 1 % des Listenpreises pro Monat als sog. geldwerten Vorteil zusätzlich zu seinem Einkommen versteuern. Der Arbeitgeber, der diesen Wagen zur Verfügung stellt und gleichzeitig für alle Kosten des Autos inklusive Sprit, Versicherungen und Reparaturen aufkommt, kann die entstehenden Kosten steuerlich geltend machen. Eigentliche Bedingung für dieses Geschäft ist, dass ein solches Fahrzeug überwiegend dienstlich genutzt wird. Aber selbst die Bundesregierung schätzt inzwischen ein, dass 30 - 40 % der als Dienstwagen zugelassenen Pkw diese Bedingungen gar nicht mehr erfüllen, sondern der privat genutzte Dienstwagen faktisch eine sehr kostengünstige Lohnersatzleistung ist.

Wir reden in diesem Bereich übrigens nicht von einem Nischensegment. In der BRD werden zurzeit 66 % aller Neuwagen als Dienstwagen zugelassen, davon sehr viele auch für die private Nutzung. In Sachsen-Anhalt sind es übrigens nur 50 %. Woher die Differenz kommt, wird jetzt gleich klar. Währenddessen Arbeitnehmer  mit einem Bruttogehalt unter 50.000 € im Jahr nur zwischen 2 (unter 30.000 €) und 10 % einen solchen Dienstwagen benutzen, sind es bei Menschen mit einem Einkommen zwischen 150.000 und 200.000 Euro etwa 60 %. Uns dürfte auch nicht überraschen, dass der Listenpreis eines Dienstwagens im unteren Einkommenssegment um 25.000 € liegt, währenddessen wir bei dem Personenkreis mit dem höchsten Anteil von privater Dienstwagennutzung über einen Listenpreis von etwa 65.000 € reden. Die übergroße Masse der Autos, um die es hier geht, ist nicht der Opel Corsa für die ambulante Pflegerin, sondern ist der A6 für den leitenden Angestellten. Dies ist auch dem Anteil von Zulassungen der Dienstwagen an der Gesamtzahl zugelassener Autos anzusehen. Im Oberklassebereich werden 80 % in Deutschland als Dienstwagen zugelassen, bei Porsche sind es übrigens 90 %. Nun könnte man auf die Idee kommen zu sagen, lass sie doch machen, es gibt ja immerhin einen rationalen Grund für dieses sog. Dienstwagenprivileg. Die Leute sind nicht gezwungen, sich noch ein zweites privates Auto anzuschaffen. Ein durchaus nachvollziehbares Motiv für dieses Dienstwagenprivileg.

Allerdings hat dieser Superdeal zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so wie er jetzt ausgestaltet ist, zwei große Nachteile, zum einen für die öffentlichen Kassen, die bundesweit etwa 5 Milliarden Euro durch diesen Deal verlieren und als zweites für das Klima, weil die Masse der Dienstwagen auch aufgrund der steuerlichen Vorteile deutlich größer sind, stärkere Motoren haben und deswegen deutlich mehr CO2 emittieren als ausschließlich privat genutzte Fahrzeuge. Deswegen muss dieses Dienstwagenprivileg radikal umgebaut werden, und zwar unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten.  

Bei diesem Anspruch steht, zumindest was die Überschrift anbelangt, die LINKE nicht allein. Sogar der CDU-Bundesvorstand hat dies seit kurzem in seiner Beschlusslage,  aber offensichtlich auf dem Weg ins Klimakabinett vergessen.

Im Wesentlichen schlagen wir eine deutlich höhere Besteuerung von großen schweren Dienstwagen mit hoher CO2-Emmission sowohl auf der Arbeitgeber- als auch auf der Arbeitnehmerseite vor. Wer demnächst einen Porsche Caeynne mit 500 PS als Dienstwagen fahren will, soll es unseretwegen tun, aber dann reden wir bei den sog. geldwerten Vorteilen nicht mehr über 1 % des Listenpreises, sondern über das 2,5 – 3fache. Und wenn der Arbeitgeber meint, seinen Mitarbeitern einen solchen Dienstwagen zur Verfügung stellen zu müssen, kann er das gerne auch weiterhin tun, aber die steuerliche Absetzbarkeit für ihn fällt dann zukünftig weg. Einen entsprechenden Kommentar dazu hat der ehemalige SPD-Vorsitzende Gabriel schon 2008 in einem Spiegelinterview abgegeben, und das in einer von ihm bekannten Art und Weise. Seinetwegen sollen die Leute doch weiterhin dieses Viagra in Chrom fahren, aber bitte damit aufhören, das Benzin dafür auch noch von der Steuer abzusetzen.

Diese von uns vorgeschlagenen Modelle sind bisher auch vielfach diskutiert worden, allerdings findet sich davon in dem sog. Klimapaket der Bundesregierung faktisch nichts. Die vorgeschlagene Staffelung der Kfz-Steuer ist faktisch bedeutungslos.

Dafür gibt es jetzt aber eine andere Diskussion. Statt die wirklich CO2-armen Fahrzeuge für die ambulante Pflegekraft steuerlich zu entlasten und die großen CO2-Schleudern wirklich teuer zu machen, womit man den ÖPNV übrigens besser finanzieren könnte, will die Bundesregierung jetzt auch noch zusätzlich auf Geld verzichten. Und das Zauberwort heißt Elektromobilität, dass das bisherige Geschäft mit dem Dienstwagen noch attraktiver machen soll. Während jetzt schon Hybrid- und reine E-Fahrzeuge auf der Arbeitnehmerseite in ihrer steuerlichen Belastung halbiert werden, redet das Klimapaket von einem bestimmten Bereich der Pkw inzwischen von 0,25 % geldwerten Vorteil pro Monat bezogen auf den Listenpreis.

Und wieder werden es die teuren großen und schweren Fahrzeuge sein, die von diesem Bonus am meisten profitieren. Beim Plug-In-Hybride mit 450 PS-Benzinmotor, der unter Laborbedingungen 40, später einmal 60 oder 80 km mit Elektroenergie fahren kann, kommt man schon in den Genuss des steuerlichen Vorteils. Und natürlich wird auch erwartet, dass nach 100 km Fahrt der Dienstwagen  sofort wieder aufgeladen wird, um die darauf berechneten CO2-Werte einzuhalten. Was hier passiert, ist eine massenhafte Subvention der Autoindustrie bei ihrem längst verschlafenen Umstieg auf E-Mobilität zulasten des Steuerzahlers und der Umwelt. Denn diese Hybridfahrzeuge sind mitnichten CO2-ärmer als ein durchschnittlicher Golf mit Benzinmotor.  Solche großen schweren Autos verbrauchen, selbst wenn sie mit Strom fahren, sehr viel Energie. Strom übrigens, der in der BRD noch zu etwa 60 % aus fossiler Energie, primär Kohlekraftwerken mit einem Wirkungsgrad von 35 % stammt. Dieser Strom wird dann von Autos geladen, die übrigens aufgrund ihres höheren Gewichtes, verursacht durch die Batterien, umso ineffizienter werden, je größer ihre elektrobasierte Reichweite ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es nochmal zu erheblichen Energieverlusten beim schnellen Beladen ihrer Batterien kommt.

Solange also der Strom aus der Steckdose nicht ganz überwiegend aus der erneuerbaren Energie kommt, sind vor allem große und teure Elektrofahrzeuge ein teurer klimapolitischer Selbst betrug, finanziert mit Steuerzahlergeld, vor allem für die oberen 10 % der Gesellschaft.

Unsere Vorstellungen sehen anders aus. Die klare Verbesserung von Angeboten im ÖPNV, die Verteuerung der großen CO2-Schleudern, die Belohnung von CO2-armen Autos und der schnellstmögliche Umstieg auf erneuerbare Energie bei der Stromproduktion als Voraussetzung dafür, dass Elektroautos klimapolitisch sinnvoll werden.

Lassen Sie uns in diesem Sinne aktiv werden.

Lassen Sie uns verhindern, dass unter dem Deckmantel des Klimaschutzes eine weitere Umverteilung von unten nach oben stattfindet, an deren Ende eine höhere CO2-Emmisison als heute steht.