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Stefan Gebhardt zu TOP 3: Aktuelle Debatte "Medienvielfalt in Sachsen-Anhalt - für demokratische Willensbildung unverzichtbar"

Anrede

Bereits im vergangenen Jahr kündigte die Kölner DuMont Gruppe an, ihre Zeitungsaktivitäten auf den Prüfstand zu stellen und sich ggf. von ihnen zu trennen. Am 15. Januar wurde nun bekannt, dass eine Entscheidung gefallen ist und die Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung an die Bauer Media Group verkauft werden soll. Also an das Verlagshaus, das die zweite große Tageszeitung in Sachsen-Anhalt, die Volksstimme, herausgibt.

Damit wird die Bauer Media Group zum größten Zeitungsverleger in Sachsen-Anhalt. Der Kauf muss nur noch vom Bundeskartellamt genehmigt werden. Soweit die Ausgangslage.

Nun sollte zunächst jeder in Sachsen-Anhalt erleichtert sein, dass es mit der Mitteldeutschen Zeitung weitergeht und sich ein Verlag gefunden hat. Es ist auch kein Geheimnis, dass die wirtschaftlichen Probleme der Tageszeitungen, nicht nur in Sachsen-Anhalt, seit Jahren wachsen. Die großen Medienkonzerne müssen sich verändern, um konkurrenzfähig zu bleiben. Aufgrund des Drucks  der Entwicklungen im social media Bereich, fügen die Verlagshäuser ihrem Portfolio neue Sparten und Geschäftsfelder hinzu, die nicht ausschließlich etwas mit Journalismus zu tun haben.

Personalabbau in den regionalen Zeitungshäusern ist die Folge dieser Entwicklung. Und dieser Abbau findet eben auch in den Redaktionen statt, also an den Stellen, wo der langjährige Redakteur mit seiner Lokalkompetenz relevante Themen aus dem Lebensumfeld der Leserschaft generiert.

Bedeutet die Zusammenlegung beider Tageszeitungen unter einem Verlagshaus also den Erhalt des Lokaljournalismus in Sachsen-Anhalt, ist dies zu begrüßen. Entsprechend positiv lautet auch die Botschaft der beiden Verlagshäuser

Die Bauer Media Group spricht von Synergieeffekten und einer guten Ausgangslage zum Erhalt des regionalen Journalismus in Mitteldeutschland. Und auch der verkaufende DuMont Verbund unterstreicht die Vorteile eines starken Verbundes mit der Mediengruppe Magdeburg als richtigen und zukunftsfähigen Ansatz. Soweit die öffentlichen Verlautbarungen.

Die  Redakteure fragen sich allerdings zu Recht, was diese Entwicklung mittel- und langfristig bedeutet? Dass die rund 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der gesamten Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung übernommen werden und sämtliche Vereinbarungen bestehen bleiben sollen, ist eine reine Ankündigung, deren Bestand abzuwarten ist.

Und die Politik sollte sich fragen:  Was bedeutet der Verkauf für die publizistische Medienvielfalt in Sachsen-Anhalt? Fakt ist: die MZ und die Volksstimme sind ähnlich groß – Die Mitteldeutsche Zeitung bringt derzeit 17 Lokalausgaben mit einer Auflage von über 150.000 Exemplaren täglich heraus und darüber hinaus auch das Newsportal mz.de, die Anzeigenblätter Wochen Spiegel und Super Sonntag und den regionalen TV Sender TV Halle. Die Auflage der Volksstimme ist mit 18 Lokalausgaben und rund 150.000 Exemplaren täglich ähnlich hoch.

Anrede

Eins muss klar sein: Mit Zustimmung des Bundeskartellamtes wird die Bauer Media Group das Monopol auf dem Zeitungsmarkt in Sachsen-Anhalt übernehmen. Und mit dieser Zusammenführung und der damit verbundenen Medienkonzentration verändert sich unweigerlich auch die Struktur des Medienmarktes in Sachsen-Anhalt.

Es ist nicht neu, dass wirtschaftliche Ursachen, wie sie beim Verkauf der Mitteldeutschen Zeitung an den Bauer-Verlag entscheidend sind, starken Einfluss auf die inhaltliche Vielfalt der Berichterstattung haben.  Der Trend zu Zentralredaktionen, wie bei den Medienhäusern Funke oder Madsack haben in den letzten Monaten und Jahren stark zugenommen.

Analysen dieses Trends zeigen deutlich, dass die Vielfalt der Berichterstattung unter dieser Konzentration leidet! Die Gefahr von Standardisierungen, Imitationen, Angebotsausdünnung und inhaltlicher Homogenisierung, der Verlust von Alternativen und eine zunehmende Dominanz gehen weit über ökonomische Folgen hinaus. Im gesellschaftlichen wie im privaten Leben sind Medien als sinnstiftende, meinungsbildende und kontrollierende Instanz von besonderer Bedeutung.

Eine vielfältige Medienlandschaft ist zwar kein Garant, aber doch Grundvoraussetzung für eine Berichterstattung, die den Bürgerinnen und Bürgern ein breites Themenspektrum bieten und eine Vielfalt an Meinungen zur Verfügung stellt. Sachsen-Anhalt ist mit zwei regionalen Tageszeitungen, die weitgehend getrennte Verbreitungsgebiete vorweisen, im Print Medienmarkt ohnehin nicht besonders breit aufgestellt.

Die Übernahme der Mitteldeutschen Zeitung durch die Bauer Media Group und dem damit einhergehenden Verlust gesunder Konkurrenz bedeutet ganz klar auch eine Gefahr für die vielfältige journalistische Berichterstattung. Und ich gehe davon aus, dass wir uns hier einig sind: Medienvielfalt und damit auch publizistische Vielfalt ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht nur wünschenswert sondern unbedingt schützenswert!

Unverzichtbar für ein vielfältiges Informationsangebot sind Nachrichten über aktuelle Themen in unserer unmittelbaren Umgebung. Und das gerade in einer globalisierten Welt und zunehmender Komplexität der Themenfelder.

Wie wichtig Tageszeitungen nach wie vor an dieser Stelle sind, zeigt der Vielfaltsbericht der Medienanstalten aus dem Jahr 2018. Er analysiert und beleuchtet die zahlreichen Facetten der Medienvielfalt. Der Bericht stellt fest, dass Tageszeitungen unter allen Medien den höchsten informierenden Nutzungsanteil aufweisen. 88 % derjenigen, die eine Tageszeitung lesen, nehmen auch Informationen über das Zeitgeschehen war. Tageszeitungen sind damit das wichtigste lokale Informationsmedium. Bei einer Auflage der Mitteldeutschen Zeitung und der Volksstimme zusammen von insgesamt 300.000  Exemplaren täglich kann man davon ausgehen, dass mindestens doppelt so viele Menschen, diese wahrnehmen.

Das sind mindestens 600.000 Menschen, die täglich meinungsrelevante Inhalte über die Tageszeitungen in Sachsen-Anhalt wahrnehmen. Diese Menschen erwarten journalistische Qualität. Und die Fraktion DIE LINKE erwartet, dass die Bauer Media Group ihrer Verantwortung für die Medienlandschaft in Sachsen-Anhalt gerecht wird. Keinesfalls dürfen die Volksstimme und die Mitteldeutsche Zeitung unter einer gemeinsamen Mantelredaktion zusammengefasst werden. Die publizistische Unabhängigkeit sowohl der Mitteldeutschen Zeitung als auch der Volksstimme muss gewahrt bleiben.

Anrede

Wir haben uns bewusst für eine Aktuelle Debatte und gegen einen Antrag zu diesem Thema entschlossen. Die Entscheidung, ob der Verkauf rechtskräftig wird, liegt beim Bundeskartellamt. Ein Beschluss aus dem politischen Raum ist hier wenig hilfreich.

Notwendig ist aus unserer Sicht  aber ein Signal aus der Politik. Ein Signal für die Bedeutung der publizistischen Meinungsvielfalt für eine demokratische Gesellschaft. Und ein Signal für die Bedeutung einer objektiven und neutralen Berichterstattung, eines unabhängigen Journalismus, der auf Basis von solider journalistischer Sorgfalt arbeitet.

Anrede

Nicht selten ärgern wir uns über die eine oder andere Berichterstattung, wir freuen uns aber auch, wenn wir mit unseren Themen in den Tageszeitungen Platz finden. Und manche Dinge weiß man eben erst dann richtig zu schätzen, wenn es sie nicht mehr gibt.