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Kerstin Eisenreich zu TOP 3: Aktuelle Debatte Atomkraft? Nein Danke!

Sehr geehrte Damen und Herren,

immer wieder flammt in der Debatte um die notwendige drastische Reduzierung von Treibhausgasemissionen zur Erreichung der Klimaschutzziele die Atomkraft als vermeintlicher Heilsbringer auf. Da reihte sich denn auch der Wirtschaftsminister des Landes mit seiner Forderung nach einer Debatte zur Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke in Deutschland ein. Angeführt werden dabei Argumente, dass Atomstrom vermeintlich CO2-neutral seien und der erzeugte Strom besonders günstig.

Auch die schwärmerischen Reden des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die suggerieren, dass der Ausbau der Atomkraft nachhaltig sei und zum Erreichen der Klimaziele unverzichtbar, haben ihre Tücken. Zwar entsteht bei der Stromerzeugung selbst kein CO2. Aber zur Wahrheit gehört dazu, dass der komplette Lebensweg betrachtet werden muss. Und der ist keineswegs CO2-frei. Insbesondere in Deutschland, wo die Energie für vorgelagerte Prozesse, z.B.  Uranabbau und Brennelementherstellung immer noch im Wesentlichen auch fossilen Brennstoffen, entstehen CO2-Emissionen. Diese entstehen auch beim Kraftwerksbau und -rückbau usw. Erneuerbare Energien erzeugen allerdings ebenso wenig und nach neuesten Berechnungen sogar weniger Treibhausgase als Kernenergie.

Dann wär da auch der Mythos, dass Strom aus Atomkraft günstig sei. Nun ja, wenn man bedenkt, wie stark Atomstrom subventioniert wird, verwundert das nicht. Aber tatsächlich ist der Atomstrom im Europa der teuerste überhaupt, wie das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme festgestellt hat.

Beispielhaft steht hierfür der Hochtemperaturreaktor EPR im normannischen Flamanville. Dieser Meiler kostet inzwischen 19 Milliarden Euro und ist damit dreimal so teuer wie ursprünglich gedacht. Und er wird nun statt 2012 erst 2023 ans Netz gehen. Allerdings wird der dort produzierte Strom doppelt so teuer, wie der derzeit produzierte Atomstrom. Damit ist er vor allem teurer als Strom aus Erneuerbaren. Die sicherheitstechnischen Anforderungen an den Neubau von Kernkraftwerken führen zu diesen erheblichen Investitionskosten, die sich nur über sehr, sehr lange Zeiträume überhaupt wirtschaftlich abbilden lassen. Darüber können die nun in Frankreich propagierten Kleinkraftwerke nicht hinwegtäuschen, die müssen im Übrigen dann alle auch extra polizeilich bewacht werden, produzieren Atommüll und sind schwerer aufzubauen als Erneuerbare. Das zeigt sich an sehr langen Planungszeiträumen.

Dann bleibt natürlich die bisher ungelöste Frage, wohin mit den radioaktiven Abfällen. Trotz einer fast 70-jährigen Geschichte der Kraftwerke, haben wir dieses Problem bisher nicht lösen können und die gegenwärtigen Prozesse zur Endlagersuche in Deutschland verdeutlichen dies. Völlig verständlich möchte eigentlich niemand diesen Abfall vor der eigenen Haustür haben. Und darüber haben wir hier im Hause schon mehrfach debattiert. Vor diesem Hintergrund ist doch die Diskussion um eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke in Deutschland geradezu absurd. Hinzu kommt, dass die Kosten für die Endlagerung inzwischen vollständig auf die Allgemeinheit abgewälzt wurden, während sich die Betreiber gegen eine geringe Einmalzahlung hier aus der Verantwortung entlassen wurden.

Und dann wäre da noch die Sicherheit der Atomkraftwerke, insbesondere im Falle von Naturkatastrophen oder auch Terrorangriffen, aber auch durch menschliches Fehlverhalten. Ist denn das menschliche Gedächtnis so kurz, dass Fukushima oder Tschernobyl schon wieder vergessen sind? Dabei sind diese beiden doch nur die Spitze eines Eisberges zahlreicher Zwischenfälle mit erheblichen Kontaminationen.

Im Übrigen fordert die CDU gerade immer wieder, dass das mit dem Kohleausstiegsgesetz festgelegte Datum von 2038 eingehalten werde, um der Wirtschaft Planungssicherheit zu geben. Das ist interessant, weil Sie den gesetzlich für 2022 festgelegten Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland nun wiederum in Frage stellen. Selbst die Betreiberkonzerne haben das doch inzwischen akzeptiert. Da kommen Sie mit einer Rolle rückwärts. Soviel zur Planungssicherheit.

Die aktuelle Erderwärmung führt inzwischen zu weiteren Problemen beim Betrieb von Kernkraftwerken. So können die Flüsse, die zur Kühlung der Kraftwerke genutzt werden, ihre Kühlfunktion in den heißen Sommern nicht mehr ausreichend wahrnehmen, weil sie zu warm werden. Die Dürre vergangener Jahre hat in den Flüssen Niedrigwasser verursacht. Auch diese verursachte Probleme bei der Kühlung der Kraftwerke. Und dieses Problem wird sich in Zukunft weiter zuspitzen, denn die Konkurrenz um Wasser und seine Nutzung hat schon zugenommen. 

Der Fokus auf Atomkraft ist und bleibt ein Irrweg und blendet aus, dass wir die Energiewende mit erneuerbaren vorantreiben müssen. Daran führt kein Weg vorbei. Deren Kosten verringern sich immer weiter. Das gilt auch für die Speichertechnologien. Hinzu kommt, dass diese durch die Sektorkopplung wesentlich effizienter werden, wenn wir sie denn nun endlich mal konsequent umsetzen würden. Ja, wir benötigen momentan Übergangstechnologien zur Absicherung der Grundlast. Aber Atomkraftwerke sind wenig flexibel und harmonieren nicht mit den erneuerbaren aus Wind und Sonne. Das schaffen Gaskraftwerke deutlich besser, bei denen der noch fossile Energieträger Erdgas zunehmend und stetig durch erneuerbar hergestellte synthetische Energieträger ersetzt werden kann und muss.

Aus unserer Sicht liegen keinerlei vernünftige Gründe zu einer Rückkehr zur Atomkraft vor. Deshalb sagen auch wir: Atomkraft – nein danke!