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Kerstin Eisenreich zu TOP 5: Niemand soll frieren!

Sehr egeehrte Damen und Herren,

niemand soll frieren. Energiepreise jetzt deckeln, Mehrwertsteuer senken!

Seit Monaten treibt vor allem die gesteigerte Weltmarktnachfrage auch bei uns die Preise vor allem für (Flüssig)Gas und Öl in die Höhe. Die Preise für Energie, Heiz- und Kraftstoffe haben das Niveau vor der Corona-Krise längst erreicht und wesentlich überschritten. Machtvolle Kartelle und Globalplayer nutzen zudem die hohe Nachfrage zur Profitmaximierung.

Diese Preisspirale gefährdet alle, die für niedrige Löhne schuften, unter Armut leiden, wegen Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit Einkommensverluste erleiden oder aus anderen Gründen jeden Euro zweimal umdrehen müssen. All diese Menschen können die hohen Energiepreise nicht mehr verkraften. Energie droht zum Luxusgut zu werden. In der nun anstehenden kalten Jahreszeit hat das zur Folge, dass Menschen frierend zuhause sitzen müssen. Über diesen Befund haben wir am Beispiel der Gaspreise auf der Landtagssitzung im Oktober debattiert. Aber diese Feststellung muss nun dringend zu politischem Handeln auf allen Ebenen werden! Das hat im Übrigen auch die Europäische Kommission erkannt und die sogenannte Toolbox geöffnet, mit der die Mitgliedsstaaten die Energiepreise senken können.

Ja, in der jetzigen Situation ist es unbedingt notwendig, die Energiepreise zu deckeln! Andere Länder haben es vorgemacht, zum Beispiel Frankreich, Italien oder Spanien. Aber in der Bundesrepublik ist bisher dazu nichts passiert.

Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass alle Haushalte einen bezahlbaren Zugang zur Energieversorgung haben und dass Menschen, die in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sind, mobil bleiben und nicht frieren müssen. Deshalb fordert die Fraktion DIE LINKE mit dem vorliegenden Antrag und konkreten Maßnahmen die Landesregierung zu entschlossenem Handeln bei der spürbaren und unverzüglichen Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf. Die Menschen müssen vor Energiearmut geschützt werden.

Diese Energiearmut hat sich in vielen Haushalten seit Jahren verfestigt und sie spitzt sich durch die enormen Preissteigerungen weiter zu. Und mit Verlaub: Appelle zum Sparen von Energie sind für diese Menschen der blanke Hohn. Wer Grundsicherungsleistungen bezieht, muss sich schon lange massiv bei Energie und Mobilität einschränken, weil die Regelsätze längst nicht den Bedarf decken. Diese Kosten müssen beim Lebensunterhalt berücksichtigt werden. Deshalb müssen die Regelsätze auf Bundesebene endlich entsprechend angehoben werden.

Einen Großteil der Kosten für die Haushalte machen Strom- und Mehrwertsteuer aus, haben aber keinerlei gezielte Steuerungswirkung hinsichtlich des Klimaschutzes. Deshalb soll die Landesregierung im Bund darauf hinwirken, dass der Mehrwertsteuersatz auf Energie-, Heiz-, Brenn- und Kraftstoffpreise für private Haushalte schnellstmöglich auf sieben Prozent abgesenkt wird. Immerhin hat der Staat mit dem bisherigen Steuersatz stark von den steigenden Preisen profitiert. Deshalb wäre die Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent finanzierbar, sozial und gerecht. Heizen und Tanken müssen bezahlbar bleiben!

Auch die Stromsteuer muss endlich auf das von der EU zugelassene Niveau abgesenkt werden. Mit der Reduzierung von derzeit 2,05 Cent pro Kilowattstunde auf 0,1 Cent pro Kilowattstunde könnten Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar entlastet werden. Dies fordert die Linke übrigens seit Jahren, auch hier im hohen Haus haben wir diese Forderung mehrfach gestellt. Als Teil eines Maßnahmepaketes „Sozial gerechter Umbau der Energieversorgung“ soll dies auf der Bundesebene umgesetzt werden. Dies erfordert den entsprechenden Einsatz der Landesregierung.

In diesem Rahmen fordern wir daher auch ein gesetzliches Verbot von Strom- und Gassperren. Auch diese Forderung haben wir hier bereits gestellt. Von einem solchen Verbot werden besonders schutzbedürftige Personengruppen wie Familien mit Kindern, chronisch Kranke, Menschen mit Behinderung, Senioren und pflegebedürftige Menschen profitieren. Parallel dazu fordern wir die Landesregierung auf, sich für eine Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung einzusetzen. Damit sollen Energiedienstleister verpflichtet werden, die Sozialbehörden bei Zahlungsunfähigkeit privater Haushalte zu unterrichten. Hilfe für die Betroffenen zur Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit bzw. Vermeidung der Überschuldung kann doch nur dann angeboten werden, wenn die Behörden Kenntnis von einer solchen Notsituation haben.

Gegen Energiearmut und zur Sicherung der Grundversorgung mit Energie muss auch die Tarifstruktur bei Strom und Gas zwingend geändert werden. Dass dies der Markt nicht regelt, habe ich schon auf der letzten Landtagssitzung festgestellt. Alle Energieversorgungsunternehmen sollen eine Tarifstruktur anbieten müssen, die sozial gerechte und ökologische Anreize bietet. Dazu schlagen wir vor, dass als Sockel ein an der jeweiligen Haushaltsgröße orientiertes festes möglichst kostenfreies Grundkontingent angeboten wird, dass eine angemessene Grundversorgung garantiert. Doch anders als die bisher gängige Praxis bei den Tarifen, die besagt, dass die Preise mit zunehmendem Verbrauch immer günstiger werden, soll das System vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werden. Mit zunehmendem Verbrauch sollen die Tarife steigen. Diese Idee teilt im Übrigen auch der Paritätische Gesamtverband. Denn wie ungerecht das jetzige System ist, verdeutlichte eine Zeitungsmeldung vor Kurzem, in der Envia-M Preissteigerungen für Kunden ankündigte, die aufgrund der erhöhten Beschaffungskosten notwendig würden. Während sich jedoch die Stromrechnung für Haushalte erhöhe, würden bei Gewerbekunden mit einem höheren Verbrauch die Preise sogar sinken. Das ist doch auf gar keinen Fall gerecht! Und das schafft eben auch keine Anreize, sich um Energieeffizienz oder -einsparung zu bemühen. Und da stellt sich im Übrigen auch wieder die Frage: Wer bezahlt hier eigentlich die Krise? Es sind die Menschen mit geringen bis mittleren Einkommen! Das muss sich ändern!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen

im Jahr 2007 wurde der Strommarkt liberalisiert und die staatliche Strompreisaufsicht abgeschafft, mit dramatischen Folgen für die Haushalte, die sich in zunehmender Energiearmut zeigen. Deshalb fordern wir, dass die staatliche Strompreisaufsicht wieder eingeführt wird, um Marktmachtmissbrauch, Manipulationen am Strommarkt sowie anderweitige, leistungslos erzielte und preistreibende Extraprofite und damit den unbegründeten willkürlichen Anstieg der Strompreise zu verhindern. Verbraucherstrompreise müssen künftig durch die Landeskartellbehörden genehmigt werden. Ein Strompreisbeirat aus Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, Verbraucher-, Umwelt- und Sozialverbänden soll in diese Kontrolle einbezogen werden.

Energie ist eine Ressource und endlich. Deshalb führt auch an der Energieeinsparung kein Weg vorbei – nicht nur für private Haushalte sondern die gesamte Wirtschaft und Industrie. Um den privaten Haushalten hierbei unter die Arme zu greifen, sollen die Beratungsangebote zum sparsamen Umgang mit  Energie aus unserer Sicht für alle kostenlos zur Verfügung stehen. Das rechnet sich letztendlich nicht nur für die Verbraucherinnen und Verbraucher sondern eben für alle. Die von der Energieberatung unterbreiteten Vorschläge zur Energieeinsparung machen schließlich Investitionen der Verbraucherinnen und Verbraucher erforderlich, die sich allerdings nicht alle in gleichem Maße leisten können, vor allem wenn es um größere Anschaffungen geht. Deshalb setzt hier auch unsere Forderung an, dass Menschen, die Hartz IV, Sozialhilfe, Wohngeld oder Kinderzuschlag beziehen, Zuschüsse bekommen, wenn sie energieintensive Altgeräte gegen energiesparende Haushaltsgeräte austauschen. Das soll auch für Haushaltsinstallationen gelten.

Die aktuellen Verwerfungen des Marktes mit der Explosion der Energiepreise gefährden die energetische Grundversorgung zahlreicher Menschen in unserem Land und damit deren gesellschaftliche Teilhabe. Deshalb sind aus unserer Sicht für die Verbraucherinnen und Verbraucher gerade jetzt staatliche Garantien und unverzügliche Maßnahmen notwendig, damit sie im Winter nicht zu Hause frieren und im Dunkeln sitzen, weil Energie für sie unbezahlbar geworden ist.

Lassen Sie die Menschen nicht die Zeche für eine verfehlte Energiepolitik zahlen, die immer noch zu stark auf fossile Energieträger setzt und damit Abhängigkeiten schafft, statt den Ausbau der Erneuerbaren Energien konsequent voranzutreiben, eine Energiepolitik, die den hohen Verbrauch von Energie begünstigt und geringen Verbrauch mit höheren Tarifpreisen bestraft. Das ist sozial ungerecht und ökologisch unsinnig und muss dringend geändert werden. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.