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Katja Bahlmann zu TOP 12: Große Anfrage Seniorenpolitisches Programm "Aktiv und selbstbestimmt" - Altenhilfe und Pflege im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2020 - Eine Bestandsanalyse

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

was soll man sagen zu einem so hohem Maß an Gleichgültigkeit gegenüber der größten Bevölkerungs- und damit auch Wählergruppe in unserem Land?

Aber zur Sache:

Heute wollen wir die Auswertung unserer Großen Anfrage zur Umsetzung des seit 2008 existierenden seniorenpolitischen Programms der Landesregierung mit dem gut klingenden Namen „Aktiv und Selbstbestimmt – Altenhilfe und Pflege im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2020“ thematisieren. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Programm 2008 mit viel Enthusiasmus, noch unter Federführung von Ministerin Gerlinde Kuppe, verabschiedet worden ist und man meinte, damit sei dem Thema genüge getan. Doch mehr als ein „Schubladenfüller“ ist dieses 76-seitige Papier leider nicht geworden, schade eigentlich, es gab da viele Chancen für unser Land. Gerade einmal etwas mehr als ein Viertel der damals im Programm festgeschriebenen Maßnahmen wurden umgesetzt. Es wurden vermehrt nur diese umgesetzt, welche ohnehin vom Bund Finanzierung fanden und da, wo der Bund nicht finanzierte oder mitfinanzierte, wurde nichts getan. Der beste Beschluss ist eben nur so gut, wie diejenigen Personen, die ihn umsetzen sollen und auch gewillt sind danach zu handeln – und dieses Handeln vermisse ich, liebe Landesregierung. Wie ernst man schon damals das Thema Seniorenpolitik nahm zeigt, dass das Programm für 11 Jahre angelegt war – und zeitlich stark begrenzte Projekte mit dem Auslaufen in 2011 trotzdem darin Einfluss – suchte man damals Füllmaterial um schnell Ergebnisse präsentieren zu können? Falls sich jemand fragt was dazugehört – z.B. die Eltern-Kind-Zentren.

Im Konzept aufgenommen wurde 2008 auch das Seniortrainer-Projekt und die Antwort der Landesregierung hat mich schmunzeln lassen – das war 2006 vom Bund bereits schon für beendet erklärt worden! Was soll das, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Aber kommen wir nun zu einigen konkreten greifbaren Dingen aus diesem Programm, die ich kritisch beleuchten möchte – Ich beschränke mich auf sechs Sachverhalte – und vielleicht bekomme ich in den Ausführungen meiner Nachredner und Nachrednerinnen dazu eine Antwort, denn von der Landesregierung bekam ich diese nur sehr marginal:

Welchen Stellenwert und welche Bedeutung hat für Sie alle die Landesseniorenvertretung?

Meine Wertung zu dieser Frage lautet: – so wie Sie, liebe Landesregierung mit den Forderungen dieses Gremiums umgehen, kann es nur bedeuten, dass die Landesseniorenvertretung in Ihren Augen ein lästiges Übel ist und, dass man ältere Menschen in ihrem Engagement nicht ernst nehmen muss! Wenn es anders wäre, dann hätten Sie vielleicht von all den Seniorenforen aufgestellten Forderungen – es waren mehr als 21 – nicht nur auch wiederum lediglich ein Viertel umgesetzt. Und ein Großteil dessen, was Umsetzung fand, war jenes, was sich einfach durch Entscheidungen auf Bundesebene über Jahre hinweg von selbst erledigt hatte – z.B. die „medizinische und pflegerische Betreuung“ wurde durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff des Bundes neu geregelt, daher hatte es sich dann nach 10 Jahren endlich auch erübrigt darüber zu reden.

Vor der gesetzliche Regelung der Mitbestimmung für Seniorenvertretungen verschließt sich das Land bis heute – das haben die Abstimmungen zu den Änderungsvorschlägen zum Kommunalverfassungsgesetz klar gezeigt – hier hätten Sie die Chance gehabt, eine weitere Forderung aus den Forderungen der Seniorenkonferenzen umzusetzen – eine Mitwirkung der älteren Generation wird vom Land und der Koalition eben nicht gewollt – obwohl genau diese Forderung in Ihrem Koalitionsvertrag seit 2016 verankert ist – ich zitiere: „Seniorinnen und Senioren sollen über die Seniorenvertretungen an den gesellschaftlichen Entscheidungen mitwirken können, die sie betreffen.“ Zitat Ende! Es scheint sehr unglaubwürdig sich zu Mitwirkungsrechten seit Jahren zu bekennen und sie dann nicht umzusetzen – die Koalition wird sicher an der Umsetzung des Koaltionsvertrages auch gemessen werden!

Diese Abwehrhaltung kritisieren wir scharf!

Forderung der Landesseniorenvertretung ist seit Jahren die Einrichtung eines Landesseniorenbeauftragten! Diese Forderung wurde sogar mit dem Beschluss des Landtages Drs.: 2/9/320 untersetzt, das war im Jahr 1994. Meine Frage an Sie alle – wann fand dieser Beschluss des Landtages Umsetzung? Ich löse auf: bis heute nicht umgesetzt! Wir fordern Sie daher zur sofortigen Umsetzung dieses Beschlusses auf, liebe Koalition und liebe Landesregierung. Nehmen Sie dies bitte als Arbeitsauftrag für die nächsten Wochen gleich heute mit!

Was tun Sie für von Gewalt und Stalking betroffenen ältere Menschen?

Die Antwort aus der Großen Anfrage – Zitat: „Es sind keine Maßnahmen durchgeführt worden!“ Zitat Ende! Sie haben also nichts getan, obwohl die häusliche Gewalt gegen ältere Menschen seit 2014 zugenommen hat. Lediglich ein Flyer wurde im Jahr 2018 entwickelt. Welche Reichweite haben Sie mit diesem Instrument erzielt? Das ist zu wenig, was in diesem Bereich getan wird – wir fordern Sie auf auch hier Wirksam zu werden, tun Sie etwas – zusammen mit Innenministerium und Sozialministerium sollte doch ein Interventionsprogramm möglich sein!

Wo ist das erarbeitet Geriatriekonzept?

Bereits im Rahmen des 1. Seniorenforums am 21. April 1999 wurden die Forderungen nach einer besseren Koordination und dem Ausbau der geriatrischen Versorgung in Sachsen-Anhalt gefordert. Diese Forderung fand auch Einfluss im Maßnahmenkatalog zum seniorenpolitischen Programm, denn hier steht – Zitat: „Eine Projektgruppe erarbeitet ein neues Geriatriekonzept. Kernpunkte des Konzeptes sind unter anderem die Entwicklung bedarfsgerechter geriatrischer Betreuungsangebote und die Verbesserung der geriatrischen Akutbehandlung und Rehabilitation...“ Zitat Ende! Die Antwort auf die Frage ob, ein solches Konzept durch die Projektgruppe erarbeitet wurde lautete kurz – NEIN!

Der Grund der Landesregierung für die Nichterarbeitung ist für uns keinesfalls hinnehmbar – man wolle neue Erkenntnisse und bundespolitische Entwicklungen mit in das Konzept einfließen lassen, die noch abgewartet werden müssen – Wie lange wollen Sie denn noch warten? Wir sind doch ein Arbeitsparlament und sollen Rahmenbedingungen für die Menschen schaffen, die uns zur Wahl die Stimme gegeben haben. Sie haben uns vertraut, dass wir Lösungen schaffen! Untätigkeit ist hier fehl am Platz, meine Damen und Herren Abgeordnete – wir fordern Sie auf: setzen Sie noch bis zum Ende der Laufzeit des Programms 2020 die Forderung nach einem Geriatriekonzept für Sachsen-Anhalt um, denn sonst wären auch die bereits eingesetzten finanziellen Mittel für die bereits erstellte Studie, welche Grundlage für dieses Konzept sein soll, „verbrannte Scheine“ und wie wollen Sie das den Bürgerinnen und Bürgern erklären – sinnlos verschwendetes, hart verdientes Steuergeld der Menschen in diesem Land!

Wie sieht es mit der weiteren Förderung des Verbraucherschutzes aus?

Klares Ziel war hier – Stärkung des Verbraucherschutzes mit der Förderung der Verbraucherzentralen Sachsen-Anhalts. Wir haben nachgefragt – die Antwort war – Zitat: ...seit 2013 hat sich das Netz der Beratungsstellen nicht wesentlich verändert...Zitat Ende! Das seit 6 Jahren keine Veränderung zu verzeichnen ist – das hat doch nichts mit Stärkung des Verbraucherschutzes zu tun – auch hier ist Handlungsbedarf zu sehen!

Wie sieht es mit der Umsetzung der Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr aus?

...haben wir gefragt! Die Antwort hat mich sehr verwundert – Zitat: ….hierzu wird auf den Wortlaut von § 8 Abs.3 Personenbeförderungsgesetz verwiesen, wonach bei Aufstellung des Nahverkehrsplanes das „Ziel zu berücksichtigen“ ist, bis zum 01. Januar 2022 „für die Nutzung des ÖPNV eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen.“ Damit wird nach Einschätzung der Ad-hoc-Arbeitsgruppe und der Landesregierung die Verpflichtung ausgesprochen, im Rahmen der Nahverkehrsplanung und bei den nachfolgenden Umsetzungsmaßnahmen das Ziel zu verfolgen, bis 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Dies bedeutet nicht, dass die Aufgabenträgen die bestehenden Barrieren bis zu diesem Zeitpunkt auch vollständig beseitigt haben müssen. Der Gesetzgeber hat lediglich die Erwartung, dass dieses Ziel im Rahmen der Planung und üblichen Modernisierungszyklen bereits bis 2022 zu erreichen ist.“ - Zitat Ende!

So kann man Gesetzgebung der EU selbstverständlich auch auslegen, das ist doch nicht ihr Ernst und das geht so nicht – wir können uns doch nicht jedes Mal mit Ausreden aus der Affäre ziehen, wenn es anstrengend wird! Auch hier fordern wir ganz klar – Umsetzung der Barrierefreiheit im ÖPNV – die Verhandlungen zum Haushalt bieten doch die Chance Gelder genau dahin umzulenken um diese klare Forderung umzusetzen!

 Welche Strategien verfolgt das Land im Rahmen der Seniorenpolitik, um die Problemlagen Altersarmut, demographischer Wandel und Teilhabe in der Gesellschaft für Seniorinnen und Senioren in Sachsen-Anhalt zu gewährleisten?

...haben wir gefragt! Die Antwort war für mich selbst erschütternd und ich zitiere: „Die Landesregierung kann keine eigene Einkommenspolitik für Ältere betreiben...“- Zitat Ende! Nur der Dialog darüber, das ist uns als LINKE zu wenig! Zumal ihr Koalitionsvertrag etwas anderes sagt – ich zitiere auch hier: „ Mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit müssen die Unterschiede im Rentenrecht endlich abgeschafft und noch bestehende Ungerechtigkeiten gegenüber Ost-Rentnern beseitigt werden.“ Zitat Ende – wie wollen Sie dies denn tun, wenn Sie keine eigenen Strategien verfolgen wollen, frage ich? Und auch hier kann ich sagen, dass die Untätigkeit der Landesregierung und der Koalition unerträglich für uns ist. Es gab in den letzten Monaten genug Anträge unserer Fraktion, die einen ersten Schritt signalisiert hätten Rentenungerechtigkeit abzubauen – was haben Sie getan, Anträge abgelehnt oder in den Ausschuss verwiesen. Und wenn die Anträge, dann im Sozialausschuss behandelt werden sollen, kommt aus den Reihen der Koalition der Antrag auf Verschiebung des Themas auf eine der folgenden Sitzungen, mit der Begründung, man wolle Abwarten was der Bund in Sachen Grundrente regelt – und genau das wollten wir ja mit unseren Anträgen, dass aus dem Land Sachsen-Anhalt an die Bundesebene ein klares Signal der Forderung nach Abbau der Rentenungerechtigkeit ergeht und was wird getan – NICHTS!!! Das kann nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete – Wie ernst nehmen Sie denn das Thema Altersarmut in Sachsen-Anhalt?

Ganz spontan würden mir Maßnahmen einfallen, die eine finanzielle Entlastung vieler Seniorinnen und Senioren bringen könnten – Seniorentickets landesweit oder Investitionen in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zum Beispiel.

Aber ich möchte nicht nur kritisieren, sondern es gab in den Antworten auch positives zu berichten, so die Entwicklung der Hospizarbeit und auch die Ablösung des Bundesheimgesetzes wurde umgesetzt. Naja, immerhin!!!

FAZIT unsererseits:

Die Landesregierung Sachsen-Anhalt betreibt eine unzureichende Politik für Seniorinnen und Senioren – dies will DIE LINKE ändern und wird als Fortschreibung bzw. Alternative zu dem bisherigen seniorenpolitischen Programm - da sie auch hier sagten, dass sie noch nicht wissen, wie es damit weitergehen soll - einen seniorenpolitischen Maßnahmeplan in den Landtag einbringen. Andere Bundesländer zeigen uns ganz deutlich, wie umfangreich die Möglichkeiten zur Ausgestaltung einer nachhaltigen Seniorenpolitik sein können. Dem müssen wir uns anschließen, um der älteren Generation die Wertschätzung entgegenzubringen, die es braucht, um die Lebensleistung dieser Menschen zu honorieren und ein würdevolles Leben im Alter in Mitten der Gesellschaft zu garantieren!

Liebe Frau Ministerin Grimm-Benne, ich hoffe, Sie nehmen die harsche Kritik nicht persönlich, denn ich muss sagen – man kann immer nur das umsetzen, wofür man auch die finanziellen Mittel zur Verfügung bekommt! Und hier sehe ich das Manko nicht bei Ihnen, sondern ganz klar beim Finanzministerium, welches dem Sozialen in diesem Land ganz klar eine unzureichende Bedeutung beimisst!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!