Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Hendrik Lange zu TOP 12: Gigabit-Anschlüsse überall im Land ermöglichen

Anrede,

am 21.8. berichtete die Volksstimme über die Übergabe eines Fördermittelbescheids des Bundes durch den Staatssekretär Bomba für den Zweckverband Breitband Altmark (ZBA). Beachtliche 40 Mio. € stellt der Bund für die Versorgung der Altmark mit schnellem Internet zur Verfügung. Natürlich war auch der Ministerpräsident anwesend, um – na sagen wir‘s mal so – die Übergabe gebührend zu begehen. (Andere sagen um vom Glanz ein paar Strahlen abzubekommen – schließlich war ja Wahlkampf.)

Am 14.9. reiste dann Minister Willingmann mit dem Fördermittelbescheid des Landes (immerhin 23 Mio €) in die Altmark. Nun diese Form des Tourismus mit Fördermittelbescheiden vor der Wahl ist das Privileg der Regierung und ich will es nicht weiter bewerten. Aber am 26. Und 27. Oktober erfolgten dann die Berichte über die Klage gegen den Fördermittelbescheid des Landes und das Zusammenbrechen des Förderkonstruktes. Was ist passiert?

Die Investitionsbank, die für die Verwaltung der Fördermittel verantwortlich ist, hat Bedingungen in den Bescheid formuliert, die seitens des Zweckverbandes nicht erfüllbar sind und die Wirtschaftlichkeit völlig in Frage stellen würden. Angebliche EU-Vorgaben würden das nötig machen – so das Ministerium. Es stellt sich aber raus, dass Sachsen-Anhalt die Regeln sehr strikt auslegt. Demnach würde die Markterhebung von 2016 nicht mehr gelten und es müsste erneut eine erfolgen für den Zeitpunkt des Fördermittelbescheids – obwohl der ZBA die Dauer der Antragsbearbeitung nicht beeinflussen kann. Und was noch viel bedrohlicher und absurder ist: Die fortlaufenden Erschließung durch private Internetbetreiber soll berücksichtigt werden. Damit ist die betriebswirtschaftliche Grundlage des ZBA permanent in Frage gestellt und der Rosinenpickerei besonders durch die Telekom Tür und Tor geöffnet.

Ich wähle dieses aktuelle Beispiel nicht, um den Minister bloßzustellen. Zumal er das Problem erkannt hat und Lösungen gesucht werden. Gleichwohl dient das Beispiel dafür, was oftmals falsch läuft, bei der Förderung des Breitbandausbaus. Denn beim Stichwort Rosinenpickerei fällt schon auf, dass private Unternehmen wie die Telekom von den auferlegten Förderbedingungen profitieren und kommunale Unternehmungen das Nachsehen haben. Denn was passiert? Damit sich die Erschließung der weißen Flecken im dünn besiedelten Bereich rechnet, stellt man eine Mischkalkulation an, die wirtschaftlichere Gebiete mit weniger wirtschaftlichen Gebieten verrechnet. Will ein Zweckverband wirtschaftlichere Gebiete erschließen kommt die Telekom, die bislang wenig Interesse gezeigt hat, daher und schließt diese Gebiete zügig an ihr Netz an. Das geschieht dann allerdings nicht mit der besten und zukunftsträchtigen Technik – dem Glasfaserkabel – sondern fast immer mit Vectoring und der Nutzung der alten abgeschriebenen Kupferkabel. Unter diesen Förderbedingungen wäre die Erschließung erfolgt und der Zweckverband bekommt keine Förderung mehr. Die Telekom kann ihre alte Technik etwas aufgemuffelt weiter nutzen und ist einen Konkurrenten los.

Wer solche Förderbedingungen formuliert setzt sich dem Verdacht des Lobbyismus aus!

Das Paradigma Privat vor Staat ist bei der Erschließung mit zukunftsträchtiger Infrastruktur ein Problem. Denn es handelt sich bei der Breitbandversorgung nicht um ein Luxusgut Internet, sondern mittlerweile um Daseinsvorsorge. Sie darf deshalb nicht nur nach wirtschaftlichen Renditeerwägungen punktuell erfolgen. Ziel der Förderpolitik des Landes muss es sein, durchgängige Glasfaseranschlüsse bis zu jedem Haus umzusetzen. In anderen Ländern der EU werden die Fördermittel übrigens gezielt den Kommunen zur Verfügung gestellt, damit diese Gigabitanschlüsse garantieren. Denn Kommunen, ihre Stadtwerke oder Zweckverbände müssen nicht mit kurzfristigen Renditeerwartungen Aktionäre befriedigen. (Übrigens möchte Bochum erste Gigabitcity werden und arbeitet mit einem Kabelnetzbetreiber zusammen – so kann es auch gehen) Ein so wichtiges Infrastrukturinvestment kann sich langfristig rechnen – und ja – eine Glasfaserinfrastruktur ist teurer.

Warum jetzt Glasfaser bis zu jedem Haus – und dann noch durchgängig? Das ist doch teuer und so ein muckeliger 50 Mbit Anschluss tut‘s doch auch erstmal oder? Ich gebe zu, als ich von meinem UMTS-Stick (der auch noch im Datenvolumen begrenzt war) auf den 16 Mbit/s Kabelanschluss – mit echter Flat – gewechselt habe, erschloss sich eine neue Welt. Und viele Nutzer werden sagen, dass sie mit diesen Bandbreiten gut leben können. In meinem 2 Personen Haushalt können wir bequem Videos unabhängig gucken oder Spiele spielen. Für größere Familien wäre das vielleicht enger, aber 50 Mbit/s das ist schon meist ok – wenn ich mich relativ passiv im Netz bewege. Sobald aber jemand aktiv das Internet gestalten will und hohe Datenmengen Uploaden möchte, dauert es lange – oft seeehr lange. Und da beginnt ein echtes Problem besonders für die Wirtschaft, aber auch für öffentliche Institutionen wie Schulen. Wirtschaftsunternehmen, die in Zeiten von Industrie 4.0 auf schnelle Internetverbindungen angewiesen sind, geraten bei dieser Bandbreite schnell an Grenzen, die unnötig sind.

Deswegen sprechen wir in unserem Antrag davon, dass wir symmetrische Bandbreiten ermöglichen wollen. Sprich, die gleiche Geschwindigkeit, mit der ich Daten aus dem Internet empfangen kann soll auch für den Transport meiner Daten ins Netz möglich sein. Und da die Geschwindigkeit gleichbleibender und komfortabel höher ist, wenn man sich 1 Gbit/s teilt als bei 50 MBit/s, setzt meine Fraktion auf dieses Ausbauziel. (Übrigens werden unsere Ausbauziele mit einer Schnecke in der Werbung anderer Länder symbolisiert.)

Wirtschaft Ok. Aber warum die privaten Haushalte jetzt mit 1 Gbit/s ausstatten? Nun ja. Betrachten wir die Evolution der Computer in den letzten 25 Jahren sehen wir, dass Speicher und Prozessorleistung immer größer werden – die Anwendungen aber auch komplexer und diese Leistungen immer wieder ausschöpfen. Selbst wenn die derzeitigen Bandbreiten für derzeitige Anwendungen ausreichend sind, ist der Gigabitanschluss die bessere Garantie dafür, dass zukünftige Innovationen nicht am zu langsamen Internetzugang scheitern bzw. unzugänglich sind.

Wir sprechen von Infrastruktur! Die kann man nicht einfach schnell mal nach Bedarf aufbauen. Vielmehr brauchen wir planvolles weitsichtiges Handeln mit einer echten Zukunftsperspektive. Deswegen möchten wir auch nur noch die durchgehende Glasfasertechnologie fördern. Denn es nutzt nix, wenn das Haus oder die Schule zwar an einem Glasfaseranschluss liegt, das Kabel aber zu einem Verteiler auf Kupferstandard führt.

Ja, die schlechte Nachricht ist, das ist teuer. Aber wenn wir über langfristige Entwicklungsperspektiven sprechen, dann ist auch klar, dass diese Investitionen eh irgendwann getätigt werden müssen. Umso klüger ist es doch, gleich den zukunftsträchtigen Standard zu wählen als schrittweise immer wieder neu investieren zu müssen. In diesem Sinne lassen Sie uns gleich auf den Ausbau großer Bandbreiten setzen (übrigens war das eine der wenigen Einigungen die Jamaika hatte). Lassen Sie uns nur noch Fördermittel ausgeben, wenn Anschlüsse mit 1 Gigabit Bandbreite und synchrone Up- und Downstreamgeschwindigkeiten möglich sind. Das bringt unser Land voran und schafft eine zukunftsfähige Internetversorgung.