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Eva von Angern zu TOP 7: Sachsen-Anhalt: Für eine Kultur, in der Vielfalt Normalität und Stärke ist

Meine Fraktion war seit jeher eine Verfechterin von Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt. Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund der geschlechtlichen Identität war und ist für uns in keinem Fall akzeptabel und hinnehmbar, sie wird von uns auch künftig nicht geduldet. Wir werden uns auch in dieser Wahlperiode dafür einsetzen, einen umfassenden Prozess der Auseinandersetzung um Homophobie und Transphobie  in der Gesellschaft zu initiieren und einen positiven Wandel hin zu Akzeptanz und Respekt vor sexueller Vielfalt zu erwirken. Das ist aus unserer Sicht der einzig richtige Weg zu einer von Vielfalt geprägten solidarischen und toleranten Gesellschaft.  

Meine Fraktion greift mit dem vorliegenden Antrag einen Beschluss der letzten Wahlperiode auf, der alle Stimmen des Landtages hinter sich vereinte. Das ist nicht etwa Normalität hier in diesem hohen Haus. Es ist hingegen durchaus als besonderes Ereignis zu bezeichnen. Doch die Abgeordneten der 6. Wahlperiode einte der Gedanke, den wir heute als Titel unseres Antrages verwendet haben. Wir stehen für ein Sachsen-Anhalt, wo Vielfalt Normalität und Stärke ist. „Wir stehen für eine Kultur der Toleranz, in der Vielfalt eine Stärke und Normalität ist.“

Und ich sage es auch heute noch einmal ausdrücklich: Menschen unabhängig von ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität zu akzeptieren, ist ein Gewinn, ist ein absoluter Zugewinn für unsere Gesellschaft. Jegliche Vielfalt ist ein Wert und eine Bereicherung für unser gesellschaftliches Zusammenleben.

Insofern war der Beschluss zum Aktionsplan „Für Akzeptanz von Lesben und Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen und gegen Homo- und Transphobie“ nur konsequent. Und wer meint, es handelt sich hier nur um ein „Randthema“, der irrt gewaltig bzw. versucht vorsätzlich, es zu einem Randthema zu deklarieren. „Schwuchtel und schwule Sau“ sind nicht nur immer noch häufig verwendete Schimpfworte, die im Übrigen auch für tiefe Verletzungen sorgen können. Es ist auch eine Frage, die sich jede Gesellschaft stellen muss: wie gehe ich mit Menschen um, die nicht so sind wie ich?
Dabei verwende ich ausdrücklich nicht die Begrifflichkeiten „normal“ und „unnormal“.
Denn genau darin liegt das Problem begründet. Es gibt leider noch immer Menschen, die Lebensweisen, Lebensvorstellungen, Lebensauffassungen bewusst aussortieren, einteilen, differenzieren, diffamieren, kritisieren, mit Unverständnis reagieren, wenn diese nicht in ihr ausdrücklich durch sie selbst bestimmtes bzw. selbst gemachtes Lebensbild passen. Sie wollen damit letztendlich bestimmen, wer dazu gehört und wer nicht. Und sie wollen damit vor allem ausgrenzen. Genau das untergräbt eine offene, eine tolerante, eine demokratische Gesellschaft. Insofern ist es ein Thema, was uns alle angeht, weil jeder von uns zu einer Gruppe gehören kann, die bereits heute, vielleicht morgen oder erst übermorgen ausgegrenzt wird. Nun ist der Landtag der 7. Wahlperiode gefragt, die Umsetzung des Aktionsplanes zu begleiten. Dies wollen wir gern und schnellst möglichst tun.

Es ist aus Sicht der Community tatsächlich viel in den letzten Jahren geschehen: Wir haben das Gesetz zur Eingetragenen Partnerschaft. Wir haben eine steuerrechtliche Gleichstellung. Wir haben die Gleichstellung vor allem die Kranken- und Pflegeversicherung sowie Rentenversicherung betreffend. Wir haben die Gleichstellung im Sozialrecht, im Erbschafts- und Schenkungsrecht.

Allerdings ist festzustellen, dass uns einige europäische Länder (darunter auch Irland) hinsichtlich der tatsächlichen Gleichstellung inzwischen weit überholt haben. Die „Ehe für alle“ ist eine Forderung, die die Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen unterstützt. Nur konservative politische Kreise wehren sich hiergegen noch. Es ist an der Zeit, diese Blockade zu beenden. Das Abendland wird nicht untergehen. Im Gegenteil: Mehr Gerechtigkeit würde uns gut tun.

Und ja, auch die letzte offene Baustelle werden wir angehen: das Adoptionsrecht. Die Sozialministerin, Frau Grimm-Benne, die für Kinder und Kindeswohl zuständig ist, wird mir bestätigen können, dass zwei Mütter oder zwei Väter einem Kind nicht schaden. Im Gegenteil. Kindern schaden fehlende Liebe, mangelnde Zuwendung, Verwahrlosung und Gewalt. Davor muss der Staat jedes Kind schützen. Vor zwei liebenden Vätern oder zwei liebenden Müttern muss niemand beschützt werde.

Eine aus Sicht der LINKEN sehr wichtige Forderung findet sich in Punkt 5 unseres Antrages. Wir wollen Art. 7 Absatz 3 der Landesverfassung um das Merkmal der „Sexuellen Identität“ ergänzen. Eigentlich hätte das der erste Punkt unseres Antrages sein müssen, ist doch die Landesverfassung die Grundlage für das gesamte staatliche Handeln. Und ich habe die Entscheidung der drei Koalitionspartner in Sachsen-Anhalt sehr begrüßt, diesen Punkt in ihrer Koalitionsvereinbarung festgeschrieben wiederzufinden. Sie haben mit den Stimmen meiner Fraktion die verfassungsändernde Mehrheit gewiss. Also. Nur zu, es ist längst überfällig und vor allem dringend notwendig, die sexuelle Identität unter den Schutz der Verfassung zu stellen.

In Punkt 6 nehmen wir ein Stück weit die Haushaltsberatungen vorweg. Doch es kann ein wichtiges Signal schon jetzt aus dem Landtag sein, dass wir die Umsetzung des Aktionsplanes und die zusätzlichen Aufgaben durch eine zusätzliche finanzielle Förderung realisieren wollen. Ich gehe davon aus, dass Sie von ihren jeweiligen Fachsprecher*innen wissen, wie die LSBTTI-Arbeit in Sachsen-Anhalt aufgestellt ist. Sie wird vor allem durch das Ehrenamt realisiert. Das ist grundsätzlich auch nicht verwerflich, denn ebenfalls das Ehrenamt steht für ausgezeichnete qualitative Arbeit und gewährleistet diese ausdrücklich.
Doch quantitativ sind natürlich Grenzen gesetzt. Und letzteres ist bedauerlich, weil die Bedarfe vorhanden sind. Wenn ich allein bedenke, welche Aufklärungsarbeit durch das BBZ in Halle schon jetzt realisiert wird und wie viel mehr realisierbar wäre, wenn das Ehrenamt Unterstützung im Hauptamt bekäme.

Ich bin lange genug dabei, um zu wissen, dass die Forderung nach mehr Geld für Vereine und Verbände außerhalb der Projektförderung ein zu bohrendes dickes Brett ist. Dennoch: Wir brauchen keine kurzzeitigen Projekte. Wir brauchen keine kurzzeitigen Kampagnen.
Wir brauchen verlässliche Strukturen, und ich danke ausdrücklich all jenen, die diese Strukturen bei allem politischen und gesellschaftlichen Gegenwind am Leben erhalten haben. Lesben, Schwule, Transgender sind noch immer von Ausgrenzung, Anfeindungen und Gewalt betroffen. Sie brauchen dringend verlässliche Ansprechpartner*innen, damit sie die Ausgrenzung für sich nicht annehmen.

In unserem letzten Punkt greifen wir ein Thema auf, dass uns schon in der vergangenen Legislaturperiode beschäftigt hat und bei dem es derzeit den Anschein hat, dass zumindest die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer in Teilen realisiert werden könnte. Der Bundesjustizminister hat seine Ankündigung in Form eines Referentenentwurfs vorgelegt. Wir sind gespannt, ob dieses Gesetz im Bundestag eine Mehrheit finden wird. In Richtung SPD sei mir der Hinweis erlaubt, dass eine Mehrheit sich für den Gesetzentwurf jenseits der CDU finden kann. Doch umso wichtiger wird als Teil des Rehabilitierungsprozesses die historische Aufarbeitung sein. Sie ist Teil der Grundlage dafür, dass das geschehene Unrecht auch tatsächlich auf materieller und persönlicher Ebene ausgeglichen werden kann. Wir sind in diesem Punkt in der letzten Wahlperiode nicht zu einem zufrieden stellenden Ergebnis gekommen, waren uns aber einig, dass etwas geschehen muss. Lassen Sie uns auch an diesem Punkt gemeinsam weiter arbeiten.