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Dagmar Zoschke zu TOP 6: Aktuelle Debatte: Flächendeckende Krankenhausversorgung aufrechterhalten-Investitionsstau auflösen, Finanzierung nachhaltig gestalten / Verantwortungsvoll Krankenhaus-Investitionsförderung in LSA vorantreiben- Investitionsstau

Anrede!

Die aktuelle Situation in zwei Krankenhäusern unseres Landes nimmt die antragstellende Fraktion zum Anlass, eine aktuelle Debatte zu diesem Thema zu führen und einen Antrag auf den Weg zu bringen, der das Thema untersetzt. Dies wiederum führt zu weiteren Änderungs- bzw. Alternativanträgen.

In der Einschätzung der derzeitigen Situation der Krankenhauslandschaft, also der Beschreibung des Ist-Zustandes werden wir hier im Raum sicher eine große Einigkeit erzielen.In der Darstellung von Ursachen und auch in den Lösungsvorschlägen werden wir diese Einigkeit sofort wieder verlieren. Es geht sowohl um die aktuelle als auch zukünftige Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt und es geht um unterschiedliche Akteure und Zuständigkeiten auf verschiedenen Ebenen. Und ich will es an dieser Stelle sagen, die aktuelle Situation in den beiden in Rede stehenden Häusern mag sich in den Ursachen ähneln, im direkten Zustand und in den notwendigen Lösungen, nicht.

Beachtenswert ist allerdings, dass beide Häuser in kommunaler Trägerschaft sind. Was führt nun dazu, dass ein Krankenhaus in die Schieflage gerät?

Dafür kann es viele Ursachen geben: Es kann im Handeln der Akteure vor Ort liegen, es kann an Fehlplanungen liegen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die existierenden Rahmenbedingungen genau diese Folgen provoziert haben. Was sind solche Rahmenbedingungen?

Da haben wir zum einen das DRG-System, nach dem Patientinnen und Patienten anhand medizinischer und demografischer Daten für Abrechnungszwecke in Fallgruppen klassifiziert und durch die entsprechen zugeordneten Pauschalen finanziert werden. Dieses System hat die Crux, dass es weder der Kostenerfassung noch der Preisbildung für die tatsächlichen Kosten dient, sondern auf einem konsensbasierten Umlagesystem beruht.  Hinzu kommt, dass dieses System auch diverse Fehlanreize in sich birgt und es den Krankenhausträger und den Häusern selbst ermöglicht hat, aus dem System finanzielle Mittel für die Anschaffung, Wiederbeschaffung der technischen Ausstattung zu gewinnen.

Dabei wissen wir hier alle, dass aufgrund der viel zu geringen Investitionsförderung durch das Land, Trägern wie Häusern blieben nicht viele andere Alternativen und diese Verfahrensweise ging zu Lasten der besseren Entlohnung der Pflegekräfte. Eine weitere Rahmenbedingung, ist die Verpflichtung der Länder laut Krankenhausfinanzierungsgesetz, für die Investitionsförderung laut Krankenhausplanung Sorge zu tragen. Dieser Verpflichtung ist nicht nur Sachsen-Anhalt, aber eben auch Sachsen-Anhalt viel zu wenig nachgekommen. Diesen Spiegel hält uns schon seit Jahren die Krankenhausgesellschaft mit ihren Studien zur Investitionsstau/ fehlende Investitionsförderung im Land vor.

Und meine Damen und Herren, die fehlende Summe wird nicht kleiner, sondern steigt mit jeder Studie, mit jedem Jahr. Und wer sich an die Haushaltsberatungen in der Vergangenheit in unserem Bundesland erinnert, der kann auch von diesen „Einsparungen“ beredtes Zeugnis ablegen.  Erschwerend kommen für alle Krankenhäuser hinzu, dass sie mit sinkenden Fallzahlen, mit einer Multimorbidität der älteren und alten Patientinnen und Patienten zu tun haben und auch die unterschiedliche Zuweisungspraxis der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen trägt nicht gerade zu einer steigenden Entspannung der bestehende Situation bei.

Der Bundesgesetzgeber hat nun reagiert. Mit der Herauslösung der Pflegekosten aus dem Fallpauschalensystem und der Maßgabe, die dafür eingestellten Mittel tatsächlich den Pflegerinnen und Pfleger direkt zukommen zulassen, ist er der politischen Forderung nachgekommen, den Pflegeberuf durch eine gute Bezahlung attraktiver zu machen. Gleichzeitig hat er somit den Trägern die Möglichkeit genommen, auf einem einfachen Weg für einen Ausgleich der fehlenden Investitionsförderung der Länder zu sorgen.

Anrede!

Zugegeben, dies ist eine sehr einfache Beschreibung und auch die Darstellung der Rahmenbedingungen ist mitnichten vollständig, aber ich bin überzeugt, es trifft den Kern der aktuellen Problemlage. Nur: die Problembeschreibung allein reicht nicht aus, wir müssen gemeinsam Lösungen finden. Da ist nun zum einen die Möglichkeit auf die Schlagzahl des Bundesgesetzgebers zu setzen und zu erwarten, dass womöglich unter den vielen Vorhaben auch dafür eine Lösung in Berlin präsentiert wird.  So verstehen wir auch die Vorschläge der Koalitionsfraktionen zu einer möglichen Reaktivierung der Artikel-14-Förderung, die Erhöhung der Sicherstellungszuschläge oder den Krankenhausstrukturfonds einzusetzen.

Eine andere Möglichkeit wäre nach Lösungen hier im Land, vor Ort zu schauen. In unserer Hand als Land liegt die Krankenhausplanung, die dem Vernehmen nach bis zum Jahresende stehen soll.  Diese Planung ist dringend erforderlich, bildet sie doch die Grundlage dafür, dass die medizinische Versorgung in der Fläche garantiert bleibt. Sie muss die notwendigen Voraussetzungen beschreiben, damit von den Leistungserbringern diese medizinische Versorgung gestaltet werden kann. Die Krankenhausplanung muss sichernd beschreiben, wie Grund- und Notfallversorgung gestaltet werden und welche Gegebenheiten für eine Spezialisierung notwendig sind und wo diese Spezialisierung angesiedelt wird.

Also ein erster wichtiger Schritt- die aktuelle Krankenhausplanung, die Planungssicherheit schafft und die die Grundlage dafür ist, dass die finanziellen Möglichkeiten, die der Krankenhausstrukturfond für die Gestaltung der Krankenhauslandschaft bietet, genutzt werden können. Darauf wartet die Krankenhauslandschaft!

Eine weitere Möglichkeit, die das Land selbst hat, ist, bereits ab dem Doppelhaushalt 2020/ 2021 der Verpflichtung laut Krankenhausfinanzierungsgesetz nachzukommen, eine auskömmliche, prosperierende Investitionsförderung zu garantieren. Der aufgelaufene Investitionsstau muss behoben und die Gestaltung der medizinischen Versorgung in der Fläche durch die Träger und Häuser muss ermöglicht werden.  Unser Vorschlag ist, die Mittel hälftig als pauschale Summe und antragsbezogene Einzelfallförderung zu garantieren.  Das führt mich zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen, ich meine den ersten Anstrich, hier muss genau überlegt werden, ob die Pauschalförderung tatsächlich die Problemlage auflöst oder ob eine Kombination aus Pauschal- und antragsbezogener Einzelfallförderung nicht der zielführendere Lösungsansatz wäre.  Im System der medizinischen Versorgung selbst stecken noch eine Menge an Reserven und Lücken, über die wir schon lange reden, bis her allerdings auch noch keinen Königsweg gefunden haben.  Vereinzelt gibt es aber schon kleine Ansätze und positive Versuche, die eine oder andere Lücke zu erfassen und zu schließen.

Die Überwindung der Sektorengrenzen ambulant und stationär gehört dazu, dies hat auch der Expertenrat in einem seiner letzten Gutachten betont. Lassen sie uns hier nach den praktischen, zu verallgemeinernden Ansätzen suchen und diese dann auch stärken. Ein für uns sehr wesentlicher Schritt verbirgt sich hinter unserem 4. Punkt.  Der Sicherstellungsauftrag für die stationäre medizinische Versorgung richtet sich an die Landkreise und kreisfreien Kommunen. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits erlebt, wie hilflos Landkreise und ihre politischen Vertreter sich fühlen, wenn sie zwar den Sicherstellungsauftrag haben, sie aber nicht mehr Träger der Einrichtung sind.

Viele unserer Landkreise sind aber allein aufgrund ihrer finanziellen Verfasstheit, die sie ja in den meisten Fällen erst in Richtung der Privatisierung ihrer Krankenhäuser getrieben hat, auch jetzt nach der Privatisierung überhaupt nicht in der Lage, ihre verkauften Häuser in die öffentliche Hand zurück zu überführen. Mit Hilfe der Einrichtung eines Sondervermögens wollen wir ihre Ausgangssituation dafür verbessern. Die Prämissen und Kriterien sollten wir gemeinsam diskutieren.  Für uns ist die medizinische Versorgung ein Teil der Daseinsvorsorge, sie muss öffentlich gedacht und gelebt werden.  

Um die medizinische Versorgung in unserem Land für das 21. Jahrhundert fit zu machen, hat der Landtag eine Enquetekommission eingerichtet, die neue, innovative Zukunftslösungen in Form von Handlungsempfehlungen entwickeln wird.  Wir sind uns sicher, auch weitere Reserven und Lücken werden so entdeckt und können dann auch geschlossen werden. Diese Aufgabe liegt noch vor uns.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.