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Vergabegesetz der Koalition – Schutz für Arbeitnehmer:innen so löchrig wie Schweizer Käse

In der Debatte um ein neues Vergabegesetz betont Wulf Gallert, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE:

„Das von der Koalition vorgelegt Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen wird von der Fraktion DIE LINKE abgelehnt. Das zentrale Problem dieses Gesetzes bleibt die Nicht-Erfüllung der eigenen Ansprüche. Ein Vergabemindestlohn, der über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt und damit Unternehmen motiviert, Tarifverträge abzuschließen, um öffentliche Aufträge bekommen zu können, ist richtig und notwendig.

Allerdings erfüllt dieses Gesetz diese Zielstellung nicht. Die Anhebung der Auftragsschwellenwerte für die Gültigkeit dieses Gesetzes, insbesondere bei Dienstleistungen außerhalb von Bauaufträgen auf 40.000 Euro, öffnet der Umgehung dieses Gesetzes Tür und Tor. Währenddessen schon bei den alten Schwellenwerten von 20.000 Euro das Gesetz durch die Aufsplittung von ausgeschrieben Leistungen zum Teil umgangen wurde, lädt die massive Erhöhung insbesondere dieses Schwellenwertes förmlich dazu ein.

Bei Dienstleistungen wie Gebäudereinigung oder Wachschutz droht insbesondere im kleinteiligen, kommunalen Bereich dieses Gesetz deshalb zu einem Papiertiger zu werden. Selbst dann, wenn dieses Problem nicht eintritt, begünstigt die mangelnde Festschreibung von häufigeren Kontrollen und umfangreicheren Strafen bei Nicht-Einhaltung des Gesetzes die Umgehung des Vergabe-Mindestlohns.

Durch die Änderung der ursprünglichen Vorlage der Koalition werden die Sozialkriterien nur noch in Form einer Kann-Regelung aufgenommen. Jede ausschreibende Stelle kann also auf diese Kriterien vollständig verzichten. Damit werden sie weitestgehend zur Makulatur. Selbst die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen wie das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit soll bei der Beschaffung von Produkten keine verbindliche Anwendung mehr finden. In der Realität bedeutet dies, faktisch die Streichung der Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Beschaffung durch die öffentliche Hand. Alle Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE, die diese Probleme behoben hätten, wurden durch die Koalition abgelehnt.

Einzige wesentliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Koalitionsgesetz ist die Streichung der Befugnisse des Wirtschaftsministers, dieses Gesetz selbstständig außer Kraft setzen zu können. Allerdings ist diese Streichung kein Ergebnis der politischen Einsicht der Koalition, sondern der juristischen Einschätzung, dass eine solche Bestimmung schlichtweg verfassungswidrig wäre.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die erklärten Gegner eines Vergabegesetzes – CDU und FDP – diesen Gesetzesentwurf als ihren Erfolg feiern. Ein Gesetz, welches gute Ziele formuliert, auf der anderen Seite aber zulässt, dass es vielfach keine Wirkung entfaltet, erfüllt eher die Kriterien des politischen Selbstbetrugs, als dass es die Interessen der Arbeitnehmer:innen schützt.

 

Magdeburg, 16. November 2022