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Thomas Lippmann zu TOP 26: Medienentwicklungsplanung an Schulen praxistauglich gestalten

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der DigitalPakt kommt, das hat uns Bildungsminister Tullner verkünden lassen. Aber wann er die letzte unserer 870 Schulen im Land erreichen wird, ob damit überhaupt ein vergleichbarer Standard hinsichtlich der verfügbaren Hard- und Software geschaffen wird, wie die Lehrkräfte in die Lage versetzt werden, mit diesen neuen digitalen Möglichkeiten ihren Unterricht zu bereichern und zu verbessern und ob letztlich der Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler damit gesteigert werden kann, ist noch völlig offen.

In Sachsen-Anhalt startet also am kommenden Dienstag die Umsetzung des Digitalpakts und Minister Tullner hat wieder einmal vollmundig und selbstgefällig verkündet: „Nun sind wir am Ziel.“ Dank der Bundesmittel steht bis 2024 eine ordentliche Menge Geld zur Verfügung, um den Weg zu einer flächendeckenden Bildungsinfrastruktur im Land zu öffnen – mehr nicht. Doch die frohe Kunde kann man in Zeiten des Lehrermangels eben gut verkaufen. Das Statement des Ministers dürfte allerdings in den Ohren derer, die sich seit Jahren mit dem Thema auseinandersetzen, mehr als höhnisch klingen.

Denn natürlich sind wir alles andere als am Ziel! Wir stehen ja noch nicht einmal so richtig in den Startblöcken! Wenn irgendjemand denkt, jetzt kann es vor Ort so richtig losgehen und wir könnten uns entspannt zurücklehnen, der irrt gewaltig. Es reicht nicht, eine Richtlinie zu schreiben, wie das Geld verteilt werden soll und dann zu glauben, dass die Schulträger und die Schulen damit schon etwas Vernünftiges anfangen werden.

Wenn man also einfach alles so laufen lässt, ist am Ende zwar viel Geld verbaut, aber spürbare Effekte werden vielerorts nicht festzustellen sein. Im Gegenteil, es wird wieder jede Menge Frust auf den verschiedenen Seiten geben, weil die Erwartungen hoch waren und nicht erfüllt wurden. Der Aufbau einer leistungsfähigen digitalen Bildungsinfrastruktur in allen Schulen muss fachlich und organisatorisch begleitet und finanziell zusätzlich unterstützt werden, damit er nicht auf halbem Wege steckenbleibt.

Das aber ist zu befürchten, wenn Schulen bei der Erarbeitung und Umsetzung ihrer Medienentwicklungsplanung technisch und pädagogisch überfordert werden oder Schulträger die erheblichen finanziellen Mittel nicht aufbringen können. Denn es absehbar, dass die Mittel des Bundes nicht ausreichen werden, um den angestrebten und auch geforderten Ausbaustand in allen Schulen erreichen zu können. Angesichts der sich wieder verschlechternden Finanzsituation in den Kommunen ist nicht davon auszugehen, dass sie mehr als die ohnehin geforderten 10 Prozent Eigenbeteiligung stemmen können.

Wir fordern mit unserem Antrag Parlament und Landesregierung auf, die Chance des DigitalPakts zu nutzen, um in allen Regionen, in allen Schulformen und für alle Schulträger gleiche Umsetzungsbedingungen zu schaffen unabhängig von dem bisher bereits erreichten Ausbaustand und der finanziellen Leistungskraft der Schulträger. Es ist die Chance, mit der Grundfinanzierung durch den Bund und dem Einsatz von zusätzlichen Landesmitteln die bisherigen höchst unterschiedlichen Entwicklungsstände auszugleichen. 

Voraussetzung dafür, dass es wirklich losgehen kann, ist der Anschluss an das Glasfasernetz über den bisher die wenigsten Schulen verfügen. Insofern erzeugt die Meldung über den Start des Digitalpaktes zum 1. Oktober wieder einmal in der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck. Die große Mehrzahl der Schulen wird noch Jahre warten müssen, bis sich bei ihnen etwas ändert und sie wissen derzeit nicht einmal, wann sie eventuell dran sind.

Nach bisheriger Planung sollen bis 2021 alle Schulen angeschlossen sein. In Bezug auf den zeitlichen Horizont sind mehr als zwei Jahre allerdings kein besonders ehrgeiziges Ziel. Aber selbst diesem Zeitplan trauen wir derzeit nicht. Doch selbst wenn der Anschluss gelegt ist, geht es ja noch nicht los.

Denn eine weitere zwingende Voraussetzung ist, dass die Schule eine Medienentwicklungsplanung auf den Tisch legen, in der konkrete pädagogische Herausforderungen benannt und entsprechende Ziele formuliert werden. Im besten Fall wurden über entsprechende Unterrichtsversuche pädagogisch-didaktische Ideen entwickelt, die zu einem am Schulkonzept orientierten Medienkonzept zusammengeführt wurden. Dieses Konzept soll sowohl Ausstattungs- als auch Qualifizierungsbedarfe beinhalten, alles unter dem Aspekt der nachhaltigen Umsetzung an den jeweiligen Schulstandorten.

So etwas können nur Schulen, die sich bereits vor Jahren auf den Weg gemacht und die über Lehrkräfte im Kollegium mit entsprechenden Kompetenzen und Erfahrungen verfügen. Das sind aber nur relativ wenige Schulen. Es ist eine komplette Illusion zu glauben, dass der weitaus größte Teil dazu ohne entsprechende Unterstützung in der Lage wäre.

Die allermeisten Schulen in Sachsen-Anhalt verfügen über keinerlei oder nur wenig Erfahrung im Hinblick auf digitales Unterrichten – schlichtweg deshalb, weil ihnen bisher die technischen Ressourcen dafür nicht zur Verfügung gestanden haben. In vielen Schulgebäuden reicht ja nicht einmal die Elektroinstallationen aus, um entsprechende Netzwerke und Computertechnik überhaupt betreiben zu können. Das ist im Übrigen einer der Gründe, weshalb mit deutlich höheren Investitionskosten zu rechnen ist, die die Kommunen vor Probleme stellen.

Diesen Umsetzungsproblemen des Digitalpaktes widmet sich unser Antrag. Die meisten Schulen brauchen fachkundige Unterstützung bei der Erarbeitung und Umsetzung ihrer Medienentwicklungsplanung. Diese soll jedoch nicht durch externe Beratungsunternehmen, sondern durch schulnahe, praxisgestützte Fachexpertise geleistet werden. Über diese verfügen wir in Sachsen-Anhalt, unter anderem in einem multiprofessionellen Fachnetzwerk, das auf umfängliches Erfahrungswissen mit Schulen zurückgreifen kann.

Diese unabhängige Expertise ist erforderlich, um Schulen und Schulträger praxisnah und anbieterunabhängig zu beraten und so IT-Strukturen zu ermöglichen, die effizient, handhabbar und an die jeweiligen Voraussetzungen angepasst sind. In den Schulen soll nicht irgendeine und möglicherweise überdimensionierte und überteuerte IT-Ausstattung geschaffen werden, sondern die richtige. Das Maß sind nicht die technischen Möglichkeiten, sondern die pädagogischen Kriterien und Ziele der jeweiligen Schule. Es geht um die Praxistauglichkeit, die nur aus Erfahrungswissen heraus entstehen kann.

Diese Beratung auf einen Leitfaden zu reduzieren, der als Handreichung zum Herunterladen für die Schulen und deren Träger zur Verfügung gestellt wird, reicht bei Weitem nicht aus. Denn die Möglichkeiten einer IKT-Infrastruktur und –ausstattung sind enorm und selbst für IT-Fachleute kaum zu überschauen.

Dass die Richtlinie des Bildungsministeriums auch die Förderung projektvorbereitender und begleitender Beratungsleistungen externer Dienstleister zulässt, könnte sich als ein Fehlanreiz herausstellen. Was gebraucht wird ist eine kompetente und personell ausreichend ausgestattete unabhängige Fachberatungsstelle, die das Erfahrungswissen der Schulen bündelt und weitergibt.

Wir werben mit diesem Antrag dafür, dass die Umsetzung des Digitalpaktes zu einem Erfolg für die Schulen gemacht wird und nicht nur gute Geschäfte für die Installations-, Computer- und Beratungsunternehmen verspricht. Und wir werben dafür, dass alles für eine zügige Umsetzung getan wird, die nicht an den finanziellen Möglichkeiten der Schulträger scheitert.