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Thomas Lippmann zu TOP 26: Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft der Tarifentwicklung anpassen

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die staatlichen Finanzhilfen für die Schulen in freier Trägerschaft, um die es heute in unserem Antrag geht, sind im Schulgesetz seit vielen Jahren eigentlich klar genug geregelt. Trotzdem streiten seit ewiger Zeit die freien Schulen wie die Kesselflicker mit der Landesregierung um die Höhe dieser Finanzzuweisungen. Und das, obwohl der Gesetzgeber für den Anspruch der freien Schulen auf Finanzhilfe nicht nur dem Grunde nach, sondern auch hinsichtlich der Höhe ausreichend klare Regelungen geschaffen hat.

Trotzdem hat sich der Konflikt zwischen der Landesregierung und den freien Schulen um die Schülerkostensätze immer weiter zugespitzt. Bereits in der letzten Legislatur hat es das hohe Haus beschäftigt und dazu geführt, dass die Differenzen nunmehr durch ein externes Gutachten geklärt werden sollen. Das Geld für dieses Gutachten stand auch schon seit 2017 zur Verfügung, doch es hat erneut mehr als ein Jahr gedauert, bis sich die Koalition auch nur auf den Inhalt der Ausschreibung verständigen konnte. Das Gutachten liegt wohl inzwischen schon seit einiger Zeit vor, wird aber vom Bildungsminister unter Verschluss gehalten. Jedenfalls hat eine Nachfrage am letzten Freitag im Bildungsausschuss ergeben, dass immer noch nicht klar ist, wann das Gutachten auf den Tisch gelegt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein absolut unwürdiges Theater, das hier seit Jahren aufgeführt wird. Es ist eine Zumutung für die Schulträger, die nicht wissen, woran sie sind und wie sie ihr Personal planen und bezahlen können und es ist eine Zumutung für das Parlament, das wir uns mit solchen Sachen beschäftigen müssen, nur weil die Regierung ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommt. Es ist am Ende aber vor allem ein peinlicher Auftritt von CDU und SPD. Denn die mehr als 10 Jahre Dauerstreit um die Ersatzschulfinanzierung haben über drei Legislaturen hinweg ausschließlich zwei CDU-Ministerpräsidenten und ihre jeweiligen Finanz- und Schulminister zu verantworten.    

Gestritten wird um die grundlegenden Annahmen, nach denen die pauschalierten Schülerkostensätze zu ermitteln sind. Der Gesetzgeber hat diese Aufgabe dem Schulministerium übertragen, das dafür die sogenannten SchifT-VO erlassen hat. Hier soll das schon erwähnte Gutachten für eine objektive Grundlage sorgen und so die Kampfhähne auseinanderbringen.

Aus unserer Sicht wäre ein solches Gutachten aber gar nicht erforderlich gewesen, denn es ist leicht erkennbar, dass es nicht um tatsächliche Schwierigkeiten geht, die gesetzlich vereinbarten Schülerkostensätze transparent und nachvollziehbar zu berechnen. Das Problem liegt darin, dass der Landesregierung das Ergebnis der Berechnungen immer wieder nicht gefällt. Und so ergeht es jetzt auch dem Gutachten selbst – der Landesregierung gefällt das Ergebnis nicht, weil es teurer wird, als man sich das im Regierungslager so wünscht.

Denn wie immer geht es nicht um Schulqualität oder gerechte Bezahlung und schon gar nicht geht es um Pädagogik. Es geht ausschließlich darum, dass auch im Schulwesen durch möglichst viel Privatisierung Landesgeld gespart werden soll. Die Träger sollen dann sehen, wie sie klarkommen, wie sie ihr Personal bezahlen und bis in welche Höhe sie die Elternbeiträge treiben können. Für die konservative Landesregierung gilt eben immer wieder: Privat ist gut, wenn es billiger wird!

Denn anders kann man einfach nicht verstehen, mit welcher Hartnäckigkeit die Finanz- und Schulminister den freien Schulen seit Jahren die gesetzlich normierte Finanzhilfe verweigern und weshalb dieser endlose Eiertanz um die Schülerkostensätze aufgeführt wird. Die Landesregierung vollzieht nicht das Schulgesetz, sondern feilscht wie auf dem Basar um einen möglichst niedrigen Preis für die freien Schulen.

Man kann ja inhaltlich und bildungspolitisch ganz unterschiedliche Positionen zur Rolle der freien Schulen in unserem Schulsystem haben – und das ist gerade auch in meiner Fraktion durchaus der Fall – aber eins geht nicht. Man kann nicht erst gesetzliche Voraussetzungen für die Gründung freier Schulen schaffen und dann auch noch durch einen jahrelangen rigiden Rückbau des öffentlichen Schulnetzes den Bedarf für immer mehr Privatschulgründungen in die Höhe treiben und anschließend die freien Schulen bei der Finanzierung am ausgestreckten Arm verhungern lassen.

Das liebe Kolleginnen und Kollegen hat mit dem Auftrag unserer Verfassung nichts zu tun. Es ist nicht der Verfassungsauftrag, durch fortschreitende Privatschulgründungen ein billiges Schulsystem zu organisieren und dadurch den Landeshaushalt zu entlasten. Es muss jedem hier im Haus klar sein, dass ein teilweiser Zusammenbruch der Privatschullandschaft – und dieser ist für die kommenden Jahre zu erwarten – weitreichendere Folgen nach sich ziehen würde, als sich das vermutlich die meisten hier im Haus bisher klar gemacht haben.  

Ich will deshalb am Schluss auf zwei der absehbaren Folgen aufmerksam machen:

Nach Artikel 28 unserer Verfassung dürfen freie Schulen nur genehmigt werden, wenn durch ihr Angebot die Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird und wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Dafür haben die freien Schulen Anspruch auf die erforderlichen öffentlichen Zuschüsse zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

Wenn die Landesregierung den freien Schulen immer wieder den Geldhahn zudreht, dann haben die in der Regel aber nur zwei Auswege: Sie können entweder ihre Lehrkräfte noch weiter unter Tarif bezahlen und damit wirtschaftlich wesentlich schlechter stellen als die vergleichbaren Kolleginnen im öffentlichen Schuldienst oder sie können die Elternbeiträge weiter anheben und damit noch stärker dafür zu sorgen, dass nur noch Kinder aus begüterten Elternhäusern Privatschulen besuchen können. Beides aber ist verfassungswidrig und muss eigentlich dazu führen, dass die Betriebsgenehmigung entzogen wird.

Auch wenn sie das vermutlich nicht gern hören, aber wenn sie die freien Schulen nicht im erforderlichen Maße finanzieren, stiften sie diese zum Verfassungsbruch an! Das passiert allerdings schon die ganzen Jahre, doch der Staat schreitet nicht ein, weil er von den niedrigen Kosten und dem Geld der Eltern profitiert. Das ändert aber nichts daran, dass es Verfassungsbruch ist und jeder weitere Druck auf die Finanzierungsgrundlagen der freien Schulen dem weiteren Vorschub leistet. 

Die zweite Folge ergibt sich unmittelbar aus der ersten: Wenn das Privatschulwesen kollabieren sollte, weil die Schulträger das benötigte Personal nicht mehr gewinnen können und schließen müssen, wird aus dem Großteil der ehemaligen Schüler*innen an privaten Schulen dann wieder Schüler*innen an öffentlichen Schulen. Schüler*innen, die dort nicht eingeplant sind, für die zusätzliche Lehrkräfte erforderlich sind und die dann wieder nach dem öffentlichen Tarif zu bezahlen sind oder noch teuer verbeamtet werden. Es wird also teurer und die Sicherung der Unterrichtsversorgung wird noch problematischer, wenn freie Schulen aus dem Netz verschwinden sollten.

Ich will darauf hinweisen, dass die in unserem Antrag geforderte Anpassung der SchifT-VO hinsichtlich der endgültigen Schülerkostensätze bereits seit dem 01. September 2017 – also seit mehr als eineinhalb Jahren – überfällig ist. Das heißt, dass die Schulträger bereits für das letzte Schuljahr 2017/18 keine abschließende Klarheit über die ihnen zustehenden Finanzhilfen haben. Und für das laufende Schuljahr 2018/19 mit einem ganz erheblichen Anpassungsbedarf bei den Schülerkostensätzen wissen die Schulträger 11 Wochen vor dem Ende des Schuljahres überhaupt noch nicht, womit sie eigentlich wirtschaften können.

Wo die Säge so lange klemmt, kann man nur ahnen. Denn offensichtlich geht es nicht nach Recht und Gesetz, sondern darum, was der Finanzminister breit ist, herauszurücken. Das Vorgehen der Landesregierung ist Willkür, denn in der Sache selbst gibt es kaum Spielraum. Deshalb beantrage ich auch ausdrücklich keine Überweisung in die Ausschüsse. Denn dort gibt es aus unserer Sicht nichts zu beraten. Es gilt zu handeln und als Parlament zum rechtswidrigen Verhalten der Landesregierung Stellung zu beziehen. Es ist Eile geboten, denn einigen freien Schulen steht das Wasser schon bis zum Hals. Wir müssen hier der Landesregierung wieder einmal auf die Sprünge helfen.