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Stefan Gebhardt zu TOP 07: Entwurf eines Gesetzes zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Dieser Staatsvertrag ist ein Kompromiss. Er beruht ja auch auf einem Kompromiss, nämlich auf dem Beihilfekompromiss, den Deutschland mit der EU gefunden hat.

Ich will nicht verhehlen, dass das insgesamt nicht der schlechteste Kompromiss ist, wenn man sich den Text des Staatsvertrages insgesamt ansieht. Der Hauptcharakter und die Hauptausrichtung des Gesetzentwurfes sind ja, dass der öffentlich-rechtlich Rundfunk erstmals einen gesetzlichen Auftrag bekommt, neben Radio und Fernsehen auch im Internet öffentlich-rechtliche Informationsangebote zu unterbreiten.

Damit herrscht jetzt auch für diese dritte Sparte der Medien Rechtssicherheit und es gibt einen klaren rechtlichen Auftrag im Hinblick auf digitale Internetangebote. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird damit quasi trimedial, er wird nicht von der technischen Entwicklung in der digitalen Welt abgeschnitten. Das hält DIE LINKE für logisch und auch für konsequent. Es wurde Zeit, dass dies so geregelt wird.

Wir alle wollen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch weiterhin für alle Bevölkerungsschichten da, also ein Rundfunk für alle ist. Dazu gehören auch die jungen Menschen, die die Online-Angebote nachweislich besonders stark nutzen und die mit solchen Angeboten künftig besser erreicht werden sollen.

Die Vorteile liegen auf der Hand. Es sind eine zeit- und ortsunabhängige Nutzung möglich und wir haben hervorragende Archivierungsmöglichkeiten im Online-Bereich.

Das hat dann auch die logische Folge, dass man auf die bisherige, durch Selbstverpflichtung entstandene Deckelung der Online-Ausgaben ﷓ bisher 0,75 % am Gesamtetat ﷓ zukünftig verzichten soll. Demzufolge entsteht für die Rundfunkanstalten ein größerer Handlungsspielraum, den man ihnen auch einräumen sollte.

Wenn man jedoch ins Detail geht, stellt man fest: Es gibt Punkte, die auch DIE LINKE kritisch sieht. Als Erstes möchte ich die Formulierung nennen, nach der „presseähnliche Erzeugnisse“ verboten sind. Wir sind schon bei der Anhörung im Ausschuss auf unterschiedliche Auffassungen bei den Anzuhörenden im Hinblick auf die Frage, was presseähnliche Erzeugnisse sind, gestoßen.

Im Übrigen ist das ein alter Glaubensstreit, der bereits einsetzte, als der Videotext erfunden wurde. Schon damals haben Zeitungsverleger davon gesprochen, dass dies das Ende der Tageszeitung sei. Wenn wir uns heute die Medienlandschaft ansehen, dann ist sie reicher geworden und die Medien existieren nebeneinander und können auch weiterhin nebeneinander existieren.

Ich glaube allerdings, dass es einige Gerichte und Juristen beschäftigen wird, ob dieses oder jenes Online-Angebot ein presseähnliches Erzeugnis ist.

Zum Stichwort Dreistufentest. Insbesondere hinsichtlich der Kosten sehen auch wir das kritisch. Ich will an dieser Stelle sagen, dass für diesen Dreistufentest im MDR-Rundfunkrat quasi per Nachtragshaushalt Mittel in Höhe von 1 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt für das Jahr 2009 eingestellt worden sind. Es sind lediglich zwei Angebote, die den Dreistufentest durchlaufen sollen.

Sie haben die Gutachten bereits angesprochen, die eine Menge Geld verschlingen werden. Wenn man seriöse und auch fachlich qualifizierte Gutachten haben will, die möglicherweise auch vor Gericht Bestand haben, dann darf man nicht zu den billigsten Angeboten greifen, sondern muss diejenigen nehmen, bei denen am meisten Know-how dahinter steckt. Dennoch hat dieser Staatsvertrag ein ﷓ ich sage es einmal vorsichtig ﷓ Arbeitsbeschaffungsprogramm für Gutachter ins Leben gerufen. Das ist mit Sicherheit nicht Sinn und Zweck der Sache.
Ich sehe an dieser Stelle auch deutlich eine Verschwendung der Mittel aus Gebühreneinnahmen, wenn man hört, dass sich die erste Marge für den Dreistufentest beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt auf 25 Millionen Euro beläuft. Ich denke, es ist eher zu rechtfertigen, Mittel in Höhe von 25 Millionen Euro ins Programm zu stecken, als Mittel in dieser Höhe für die Verwaltung aufzuwenden.

Ich will noch kurz auf die drei Stufen. Die erste Stufe des Dreistufentests besteht darin, festzustellen, ob mit dem neuen Angebot ein publizistischer Mehrwert einhergeht. Die zweite Stufe ist die Prüfung dahin gehend, ob man einen bereits auf dem Markt befindlichen Konkurrenten verdrängt, also welche Marktauswirkungen es hat. Das ist die zweite Stufe. Man stellt fest, dass die erste und die zweite Stufe durchaus in Konkurrenz zueinander stehen können. Wenn beispielsweise beim Angebot „tagesschau.de“ von den Aufsichtsgremien festgestellt wird, dass es sich um ein Angebot handelt, welches schnell und genau ist und welches zuverlässig arbeitet und journalistisch von keinem anderen Angebot zu toppen ist, dann hat man einen publizistischen Mehrwert nachgewiesen. Man muss besser sein als die anderen, wenn man einen publizistischen Mehrwert nachweisen will.

Dann kommen wir zur zweiten Stufe und stellen fest: Es ist so gut, dass es möglicherweise private Konkurrenten, die sich bereits auf dem Markt befinden, verdrängen könnte. Wie soll dann das Aufsichtsgremium entscheiden? Soll es nach dem publizistischen Mehrwert entscheiden und sagen: Jawohl, die Inhalte sind für uns maßgebend? Oder soll es danach entscheiden, ob die Inhalte so gut sind, dass es doch jemanden vom Markt verdrängen könnte?

Hier ist der Staatsvertrag aus meiner Sicht unlogisch und wird noch einige bürokratische Hürden mit sich bringen.