Soziale Handschrift im Landeshaushalt fehlt – kaum innovative Ansätze für Sachsen-Anhalts Zukunft
In der heutigen Landtagsdebatte um den Landeshaushalt 2022 betont Eva von Angern, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE:
„Womit kann man eine Debatte über den Haushalt für das Jahr 2022 einleiten, während die Corona-Pandemie abklingt, aber immer noch nicht vorbei ist und die Ukraine sich gegen einen Angriffskrieg durch Putins Russland verteidigen muss? Die Inflation ist aktuell so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Im täglichen Leben sind diese Preissteigerungen für viele Menschen in unserem Land kaum noch kompensierbar. Zusätzlich schmelzen Sparguthaben und Altersvorsorgen dahin.
Die Steuerschätzung hat prognostiziert, dass Sachsen-Anhalt ca. 720 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen werden als bisher angenommen. Der eine Reflex darauf wäre nun, großzügig allen drei Regierungsfraktionen noch ein Lieblingsprojekt zu gönnen. Der andere, das Geld komplett in die Kredittilgung zu nehmen, damit man alsbald wieder die Schuldenbremse einhalten kann. Beides ist aber falsch! Mehreinnahmen, die aus über 7 Prozent Inflationsrate generiert werden, stehen selbstverständlich auch erhöhte Kosten der bereits veranlagten Projekte gegenüber. Die Fraktion DIE LINKE lehnt die Schuldenbremse ab, die aktuelle Situation gibt uns darin Recht. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, dass mit diesem, ins Grundgesetz gegossenen Neoliberalismus keine ordentliche Finanzpolitik zu machen ist. Die Schuldenbremse muss in der Krise über Jahre ausgesetzt werden, damit die öffentliche Hand handlungsfähig ist. Es muss investiert und soziale Krisen abgefangen werden, was eindeutig Staatsaufgabe ist.
Der Landeshaushalt bleibt leider an zu vielen Stellen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Der Haushalt ist für uns alle das wichtigste Instrument zur politischen Gestaltung der Landesentwicklung. Debatten dazu fanden leider so gut wie gar nicht statt. All unsere Ausgabenvorschläge sind durchaus finanzierbar, wenn man es denn wollte, und es sind vor allem Anträge, die nicht nur die wirtschaftliche, sondern die gesellschaftliche und vorrangig natürlich auch die soziale Entwicklung des Landes insgesamt im Blick haben. Aus Sicht meiner Fraktion ist die soziale Frage die entscheidende Frage der nächsten Jahre!
Die Regierung lässt sich dafür feiern, die Schulsozialarbeit für weitere zwei Jahre abgesichert zu haben. Zur Wahrheit gehört: meine Fraktion ist im besten Sinne penetrant an diesem Thema drangeblieben und auch der Druck von Lehrer*innen, Schüler*innen und Schulsozialarbeiter*innen hat Erfolg gezeigt. Langfristig sollte aber an jeder Schule die Schulsozialarbeit zum Standard gehören. Sie sind nicht nur eine dringende gewordene Stütze in Zeiten des Lehrer*innen-Mangels, sondern unverzichtbare Vertrauensperson im System Schule. Die Koalition weigert sich aber, in 300 zusätzliche Stellen zu investieren oder den Schulen eine mittelfristige Planungssicherheit zu gewähren. DIE LINKE hat einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt, wo wir heute letztmalig die Möglichkeit haben, diese doch noch für das kommende Schuljahr zu beschließen. Genauso ist es mit dem von uns beantragten Schwimmbadfonds, den die Koalition zu einem weniger als mickrigen Fugenkleberfonds degradiert hat. Sachsen-Anhalts Schwimmbäder verfallen weiter und weiter. Wo sollen denn die Nichtschwimmerjahrgänge von 2020 und 2021 ihren pandemiebedingt ausgefallenen Schwimmunterricht nachholen? Diese Antwort bleibt uns die Landesregierung mit ihren ledig 500.000 Euro für alle Schwimmbäder im Land zusammen schuldig.
Der Sanierungsstau liegt inzwischen bei 148 Millionen Euro. Wir haben ein Investitionsvolumen von 169 Millionen Euro über 2027 hinaus vorgeschlagen. Damit schaffen wir es, den Verfall unserer Sport- und Freizeitstätten zu stoppen. Auch die Hochschulen ächzen unter dem Sparzwang. Als Fraktion DIE LINKE sind wir stolz auf die Studierenden in Halle, die sich gegen die Sparzwänge zur Wehr gesetzt haben! Allein für die Uni Halle sehen wir, dass über 20 Millionen Euro mehr benötigt werden, um den Lehrbetrieb angemessen aufrecht zu erhalten. Der Beitrag des Landes für die Feuerschutzsteuer muss erhöht werden, um unsere Kommunen zu entlasten, dafür haben wir zusätzliche 2 Millionen Euro vorgesehen. Für die Entlastung der Kommunen bedarf es aber längst nicht nur einer höheren Beteiligung an den Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer. Selbst mit einer um 107 Millionen Euro erhöhten FAG-Masse, der 45 Millionen Euro Kommunalpauschale aus dem Corona-Sondervermögen und zusätzlichen Mitteln für Investitionen an den Kreisstraßen bleiben eine Vielzahl an Gemeinden im Stau unerledigter Investitionen stecken. Längst überfällige Vorhaben zur Erneuerung und Modernisierung ihrer Infrastruktur werden Jahr für Jahr aufs Neue verschoben – Schulen, Kitas, Sporthallen, Straßen, Brücken, Geh- und Radwege verschleißen weiter.
Wir beantragen die Zuschüsse für Weidetierhaltung um fast 3 Millionen Euro zu erhöhen. Dieser Antrag hat traurige Tradition und wird leider immer wieder von den regierungstragenden Fraktionen abgelehnt. Schafe sind nicht nur niedlich, sie sichern vor allem viele unserer Landschaften auf nachhaltige Weise und bilden zudem die Grundlage für einen wichtigen landwirtschaftlichen Wirtschaftsfaktor. Wir beantragen darüber hinaus Innovationsassistenten, damit unsere heimischen Unternehmen immer auf dem aktuellen Stand der Technik und Organisation sind. Für das komplette Bundesland sind das nicht einmal 6 Millionen Euro, die direkt unserer heimischen Wirtschaft zugutekommen. Wir schlagen Zuschüsse für Clubs und Musikspielstätten in Höhe von 500.000 Euro vor. Wir beantragen zudem einen Reparaturbonus, der das Land nur 500.000 Euro kosten würde und es Menschen mit niedrigen Einkommen ermöglicht, Elektrogeräte zu reparieren, statt bei kleinsten Schäden Ersatz kaufen zu müssen. Der Landesbeauftragte für Datenschutz bemängelt, dass er 14 zusätzliche Mitarbeiter*innen benötigt, um seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen zu können. Die Koalition gibt keinen Deut um Datenschutzbelange sowie den Informationszugang in diesem Land.
Der Landeshaushalt für das Jahr 2022 wird erst zum 1. Juni in Kraft treten. Da ist fast das halbe Jahr bereits gelaufen. Wie unsere Landesregierung so den Eindruck erwecken möchte, dass hier seriös unter den Gesichtspunkten der Haushaltskonsistenz gewirtschaftet würde, erschließt sich eigentlich niemandem. Wenn wir uns nämlich fragen, wie viele von den vermeintlich zu Verfügung gestellten Haushaltsmitteln auch noch 2022 abgerufen werden können, wirkt der angebliche Rekordhaushalt gar nicht mehr so rekordverdächtig. Es ist jetzt schon absehbar, dass der Haushalt für 2023 frühestens im Januar 2023 beschlossen werden wird, weil erst im Oktober der neue Entwurf fertig gestellt sein wird.“
Magdeburg, 18. Mai 2022